verschiedene Autoren
Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 10 -Jahrgang 1925
Einige Gedanken über den Judas Brief
Judas 9-25 - Einige Gedanken über den Judas-Brief (2)Judas 9-25 - Einige Gedanken über den Judas-Brief (2)
In dem zweiten Beispiel (Vers 9) finden wir eine andere Art des Bösen, nämlich das Lästern von Herrlichkeiten oder Würden und Gewalten. Dies ist Radikalismus. Gott zeigt uns das Böse desselben in einem sehr beachtenswerten Geschehnis, das an keiner anderen Stelle der Schrift gefunden wird.
In dem ersten Beispiel wollten sie nicht in dem ihnen von Gott gegebenen Zustand und in ihrer Behausung bleiben, und in diesem zweiten Beispiele wollten sie nicht der Herrschaft, der sie unterordnet waren, unterworfen sein. Sie verachteten dieselbe und sprachen lästernd und böse darüber.
Der 9. Vers zeigt uns zweifellos, daß der Teufel eine gewisse Gewalt über die Toten hatte, bis daß Christus sie ihm nahm. Hier fordert der Erzengel Michael aus Gründen, die uns nicht mitgeteilt werden, den Leib Moses, und der Teufel macht seine Ansprüche daran geltend. Manche Fragen sind hierüber aufgeworfen, aber diese Nebengedanken beschäftigen uns hier nicht. Der Hauptpunkt ist, daß Michael kein lästerndes Urteil über den Teufel zu fällen wagte, sondern nur sagte: „Der Herr schelte dich!“ Er kehrt zur höchsten Autorität zurück, zu der des Herrn.
Den Erzengel finden wir in der Schrift mit der Auferstehung in Verbindung gebracht (Dan 12; 1Thes 4,16), und er mit seinen Engeln ist es, der später mit dem Teufel und seinen Engeln kämpfen, sie besiegen und aus dem Himmel treiben wird (Off 12,7.12). Aber in dieser Stunde, von welcher hier geredet wird, unterläßt er es, von seiner Würde, den Teufel zu unterwerfen, Gebrauch zu machen. Er verläßt nicht den Stand des Unterworfenseins dem Herrn und sagt nur: „Der Herr schelte dich!“ Und damit stellte er zugleich auch Satan unter die Oberhoheit des Herrn. Er wußte, daß Gottes Machtmittel groß genug seien, mit dem Teufel fertig zu werden und ihn für immer stille zu machen, aber die Zeit dafür war noch nicht gekommen. Wenn sie kommen wird, dann wird er für tausend Jahre gefesselt sein. Auf diesen Augenblick wartete der Erzengel und hielt sich fern von jeder Verachtung der Herrschaften und Herrlichkeiten und Gewalten. Möchten wir uns durch diese Beispiele warnen lassen, nicht an den uns heute umgebenden Grundsätzen des Radikalismus in irgend einer Weise teilzunehmen und Würden und Gewalten zu verachten, sondern von dem Erzengel Michael lernen, sie unter die Oberhoheit des Herrn zu stellen, indem wir uns begnügen lassen, zu sagen: „Der Herr schelte dich!“
Wir kommen nun zu dem dritten Beispiele (Vers 14-16). Henoch war der siebente von Adam. Der Tod hielt unter den Menschen seine Beute. Gott aber wollte unter dieses Hinwegraffen der Menschen durch den Tod ein Beispiel stellen, daß Er Macht habe, Menschen nach Seinem Wohlgefallen vom Tode frei zu machen. Er offenbarte dieses an Henoch. Henoch ist es, der weissagte: „Siehe, der Herr ist gekommen inmitten Seiner heiligen Tausende, Gericht auszuführen“. Diese Prophezeiung bezog sich ohne Zweifel zunächst auf die Wasser der Flut, aber ihre volle Anwendung findet sie noch in der Zukunft und steht in Beziehung zu dem Augenblick, wenn Christus mit Seinen Heiligen kommen wird, um über die Menschen, die das Christentum bekannten und davon abfielen, Gericht zu halten. Henoch ist in seiner eignen Entrückung ein Beispiel von der Entrückung der Gläubigen bei der Ankunft des Herrn. Wir sind dem Ende heute sehr nahe, und es ist nicht schwer, das Wirken und die Grundsätze, die am Ende sich geltend machen, schon zu sehen. Das Ziel, welches der Verführer im Anfang Adam vor Augen malte, ist bald erreicht. Überall sehen wir Gottlose und die Werke ihrer Gottlosigkeit und hören „die harten Worte, welche sie wider Ihn reden“ (Vers 15). „Diese sind Murrende, mir ihrem Lose unzufriedene, die nach ihren Lüsten wandeln. Ihr Mund redet stolze Worte und vorteilshalber bewundern sie Personen“ (Vers 16).
Und was sollen wir tun? Sollen wir die Dinge in Ordnung bringen? Nein; wir hören von Henoch, er richtete seinen Blick auf den Herrn und sagte: „Der Herr kommt, Gericht zu halten“. Und auch wir überlasen die Dinge Seinen allmächtigen Händen und getrösten uns des, daß Er alles weiß und daß Er mit allem zu Seiner Zeit fertig werden wird.
Wir wenden uns nun zu den „bewahrten Berufenen“. Judas redet diese „Berufenen“ an mit „den in
Gott, dem Vater geliebten und in Jesu Christo bewahrten Berufenen“. Der Name Jesus Christus verbindet unsere Herzen mit dem demütigen in Abhängigkeit hier wandelnden vollkommenen Menschen, der nach Ps 16 zu Gott sagte: „Bewahre mich, Gott, denn ich traue auf Dich!“ Christus als Mensch nahm nicht den Platz Jehovas hier ein, sondern Er sagte zu Gott: „Du bist der Herr, Meine Güte reicht nicht hinauf zu Dir“. Und zu den Heiligen, die auf Erden sind, und zu den Herrlichen sagte Er: „An ihnen ist alle Meine Lust“. Diese Worte zeigen uns, daß der Herr hienieden in völliger Abhängigkeit wandelte; Sein Vertrauen war auf Gott, und nicht einen Augenblick wich Er auf Seinen Wegen von Ihm ab. Nie war auf Seinen Lippen der Name eines anderen Gottes, und unberührt von den Grundsätzen der Welt wies Er alle Ehre dieser Welt ab. Inmitten des Abfalles sah Gott einen Menschen, der Ihm vertraute, der keinen Augenblick Seine Stellung verließ, die Er als abhänger Mensch in Liebe angenommen hatte, und der Gott im Tode verherrlichte, um die Gegenstände der Barmherzigkeit Gottes durch die Sühnung zu „Bewahrten“ zu machen. Diese „bewahrten Berufenen“ stehen an demselben Platze und auf demselben Boden, den Christus einnahm, denn sie sind in Jesu Christo bewahrte Berufene. Das Geheimnis Seiner Bewahrung ist auch das Geheimnis ihrer Bewahrung. In jeder Versuchung und in jedem Bösen, das in der Welt ist, finden sie in Ihm eine Lösung und Antwort.
Während wir in den abgefallenen Engeln jene sehen, die ihren ersten Zustand nicht bewahrten, sehen wir in Ihm den Einen, der getreu Seiner Stellung in Niedrigkeit, die Er auf Sich genommen hatte, Sich Selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm und, in Seiner Gestalt als ein Mensch erfunden, Sich Selbst erniedrigte und gehorsam ward bis zum Tode am Kreuze, und darum, lesen wir, hat Gott Ihn erhöht. Er trachtete nicht danach, Gott gleich zu sein, Er suchte nicht Seine eigene Ehre und Herrlichkeit, sondern Er erniedrigte Sich Selbst bis zum Tode, und Gott antwortete auf Seine Erniedrigung mit Seiner Erhöhung. Als der Satan sich Ihm mit der alten Versuchung von Macht und Ehre der Welt nahte (der Adam einst unterlag), antwortete Er: „Weiche von Mir, Satan!“ - Er wollte nichts davon haben.
Als Er vor dem ungerechten römischen Landpfleger stand, kam kein Wort der Lästerung über Seine Lippen. Sprach Er böse von der Behörde, vor der Er stand? Weit entfernt davon! Er bestätigte ihre Gewalt, indem Er zu dem ungerechten Richter sagte: „Du hättest keinerlei Gewalt über Mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre“. Er unterwirft Sich einem Manne, der Ihn ungerecht zum Tode verurteilte, und erkennt die Autorität Gottes an. Nun hat Gott Ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist, auf daß in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge (Ps 2). Er ist der höchste Herr.
In uns ist immer der Wunsch, die Dinge in Ordnung zu bringen. Wir vergessen dabei unser Unvermögen und lassen dem Walten Gottes nicht Raum. Bei Christus sehen wir etwas ganz anderes; Er berührte nicht den Lauf der Dinge, Er überließ alles den Händen des einzigen Herrschers, Gott. Als der Mann im Evangelium Ihm sagte, mit seinem Bruder zu sprechen, daß dieser die Erbschaft mit ihm teile, war des Herrn Antwort: „Mensch, wer hat Mich zu einem Richter oder Teiler über euch gesetzt?“ (Lk 12,14). Nur wenn wir mit dem Geiste dieses abhängigen Menschen getränkt sind, können wir in Jesu Christo „Bewahrte“ sein. Dann sind wir Gott geheiligt und kämpfen mit Ernst „für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben“. Durch die Erkenntnis Gottes und Seiner Wege werden wir vor dem Bösen bewahrt und befähigt, den geraden Weg zu wandeln; und auf alles, was durch die Sünde und den Abfall in die Welt gekommen ist, lassen wir das Licht des Pfades Jesu Christi fallen.
Möchten wir uns vor dem ersten Schritt zum Abfall hüten, damit wir nicht mit unserem „Lose Unzufriedene“ seien. Unzufriedenheit ist der erste Schritt zum Abfall. „Ihr aber, Geliebte, euch selbst erbauend auf euren allerheiligsten Glauben, betend im Heiligen Geiste, erhaltet euch selbst in der Liebe Gottes, erwartend die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus zum ewigen Leben“ (Vers 20.21). Das ist das große Endziel. Durch Erbauung und Gebet erhalten wir uns in der Liebe Gottes und schauen aus nach der Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus zum ewigen Leben. Die Gläubigen unserer Tage haben ihren Platz in den himmlischen Örtern. Die Herrschaft Christi wird sich erweisen, wenn alles Böse, von dem hier geredet ist, sein Ende im Abgrund gefunden hat. Auf den Abfall, den wir heute schon so deutlich reifen sehen, folgt die Offenbarung Seiner Macht und Herrlichkeit.
Bis zu diesem Tage sind wir hier gelassen, um in dem Anschauen Seines Pfades, wie Er hier wandelte, zu lernen, in demselben Geiste zu handeln. So werden wir „in Christo Jesu Bewahrte“ sein. „Dem aber, der euch ohne Straucheln zu bewahren und vor Seiner Herrlichkeit tadellos darzustellen vermag mit Frohlocken, dem alleinigen Gott, unserem Heilande, durch Jesum Christum, unseren Herrn, sei Herrlichkeit, Majestät, Macht und Gewalt vor aller Zeit und jetzt und in alle Zeitalter! Amen“ (Vers 24.25).
M. - v. d. K.