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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 11 -Jahrgang 1926
Gal 4,4 - „Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz“
Gal 4,4 - „Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz“ (4)Gal 4,4 - „Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz“ (4)
Unser geliebter Herr Jesus mußte also nicht sterben, weil Er etwa sterblich gewesen wäre - als Mensch, wie wir sterblich sind, weil wir unter die Sünde verkauft sind, aber Er ward Mensch, um sterben zu können. Wäre Er als Engel für uns auf die Welt gekommen, wie ja die fälschlich sogenannten „ernsten Bibelforscher“ (Bibelfälscher) in Ihm den Erzengel Michael sehen, dann hätte Er nicht sterben können (Lk 20,36), aber Er ward Mensch, in „Seiner Gestalt“ und daraus folgenden Lebensbedingungen „als ein Mensch erfunden“, wie schon mehrfach betont, und darum konnte Er Sich freiwillig „erniedrigen bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuze“ (Phil 2,2.8). Niemand hätte Ihm, der „das Leben“ ist, das Leben nehmen können, weder damals in Lk 4,29.30 noch zu irgend einer Zeit, noch auch am Kreuze oder durch dasselbe. Er, der bereit war, „Sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“ (Mt 20,28), konnte nicht desselben beraubt noch gezwungen werden, es zu „lassen“, wenn Er es nicht freiwillig dahingeben wollte, und das tat Er auf Golgatha zu Seiner Zeit, wie uns das Erstaunen des Pilatus zeigt, der sich wunderte, daß Er schon, nämlich vor dem üblichen Brechen der Beine, gestorben war (Mk 15,44; vgl. Joh 19,32.33.36). Joh 10,17.18 gibt uns die ewig köstliche Belehrung über diese freiwillige Hingabe Seines Lebens, die dann eintrat, als alles vollbracht war, nicht zu früh, nicht zu spät, wie alles in Seinem Leben (vgl. z. B. Joh 7,6a)!, so auch dies am richtigen Platz, im richtigen Zeitpunkt, gleichsam wie Seine Geburt „von einem Weibe, unter Gesetz, als die Zeit erfüllet war“, so auch Sein Tod zur rechten Zeit, in göttlich-gesetzmäßiger Vollkommenheit, ohne Hast und Unruhe, aber auch ohne die geringste Verzögerung. Wie kostbar ist das alles! Obwohl „unter Gesetz, so doch nicht in dem Sinne, daß ein sterblicher Leib dem Tode hätte seinen Tribut zahlen müssen, sondern: „Ich habe Gewalt - Vollmacht -, es zu lassen, und habe Gewalt, es wiederzunehmen! dieses Gebot habe Ich von Meinem Vater empfangen“ (Joh 10,18). Und stets hieß es für Ihn: „Dein Wohlgefallen zu tun, Mein Gott, ist Meine Lust“. (Ps 40,6-8; vgl. Heb 10,5-10)!
Also obwohl „unter Gesetz“, so doch nicht unter dem Gesetz des Sterbenmüssens (weil nicht unter dem Gesetz der Sünde und des Todes (Röm 5,12; vgl. vorige Lief.)!. Aber sagt die Schrift, ja Er Selber nicht öfter, z. B. Lk 24,26: „Mußte nicht der Christus ...?“ - Ja, aber „leiden“ - nicht „sterben“! Nirgends, soweit ich sehe, steht, daß Er hätte sterben müssen. In keiner Seiner Leidensankündigungen sagt Er: „Der Sohn des Menschen muß sterben!“ Wohl sagt die Schrift: Er muß in die
Hände sündiger Menschen überliefert werdet, ja auch: „Er muß getötet
werden“, was uns unseren menschlichen Anteil an Seinem Tode zeigt - den
Justizmord der Juden, der nicht möglich gewesen wäre, wenn Er eben nicht
freiwillig Sein Leben gelassen hätte - aber nirgends läßt die Schrift
einen Ausdruck sehen, der auch nur, wenn mißverstanden, die Deutung
zuließe, daß Er hätte sterben müssen. Zum Vergleich hier wohl sämtliche
Leidensverheißungen, voraus- und rückblickend:
Aber gibt's nicht doch Stellen, die andeutungsweise übelwollenden, oberflächlichen Lesern recht geben, wenn sie sagen, Jesus habe doch sterben müssen wie wir? Meines Wissens nicht, denn Joh 12,33 sagt nicht, daß Er „sterben mußte jenes Todes“, am Kreuze „erhöht“, sondern daß Er jenes Todes sterben sollte, d. h. bestimmungs-, verheißungsgemäß sollte Er oder (wörtlich): „war Er im Begriff“, „erhöht“ zu sterben. Das bedeutet diese Stelle, nicht aber darf man hineinlesen, daß hier etwas von „Müssen“ stünde, d.h. von naturhaftem Sterbenmüssen. Und genau ebenso ist es mit der wunderbaren Stelle Joh 11,49-53. Was aber die Stelle Joh 19,7 anbelangt, so verbietet der Wortlaut ebenfalls das „Sterbenmüssen“, einmal schon durch den Zusammenhang und dann ebenso sehr durch das Wort, das im Grundtext für „muß“ steht; es heißt nämlich im Zusammenhang mit jener Gesetzesauslegung: „Er ist schuldig, zu sterben“. (Übrigens ist diese ganze Stelle auch bemerkenswert im Blick auf unser Thema).
Ich habe mich bei diesen Darlegungen so lange aufhalten müssen, um nach allen Seiten hin die böse Meinung zu widerlegen, die der Feind immer wieder aufbringt, als habe unser herrlicher Herr wie wir sterben müssen. Nein, nun und nimmer! In Ihm lag kein Todeskeim der Sünde, und auf Seinem Wege lag kein noch so leises Abweichen, und ebensowenig wie Er („Das Heilige“ - Lk 1,35; vgl. 1. Lief.)! hätte sündigen können, ebensowenig hätte Er sterben müssen, ja auch nur können, wenn Er nicht freiwillig auch diesen Gipfelpunkt des stellvertretenden Sühneleidens auf Sich genommen hätte: „Seine Seele“, d. i. Sein Leben, „auszuschütten in den Tod“. (Jes 53,12)!
Aber Er ward „geboren unter Gesetz“ und konnte Sich freiwillig auch da dem Gesetz unterstellen, wo es nun und nimmer über Ihn hätte seine zwingende Gewalt ausüben können - auf dem Gebiete des Todes. Nicht daß Er hätte um Seinetwillen sterben müssen - war Er doch kein Gesetzesübertreter, sondern vielmehr der erste, der es wirklich hielt! Ja, Er war dazu gekommen (Mt 5,17.18) - aber Er und nur Er, der Gerechte und Heilige, konnte freiwillig an den Platz der Ungerechten und Sünder treten und ihre Gesetzesübertretung freiwillig auf Sich nehmen, so daß Er auf diese Weise nicht nur dem Tode preisgegeben wurde, sondern sogar rechtlich (nicht naturhaft)! sterben mußte, das ist aber: „getötet werden“ mußte! Noch einmal! Nicht mußte Er sterben naturhaft, denn Er trug nicht unsere Natur - Preis sei Ihm! -, nicht mußte Er sterben um Seinetwillen, denn „Er tat nicht Sünde“ - Anbetung sei Ihm! - Aber - in tiefster Ehrfurcht sei's gesagt:
Da Er den Platz des Sünders einnahm, der als Sünder unter „dem Gesetz der Sünde und des Todes“ steht (Röm 8,2), da Er an den Platz der Seele trat, von der es heißt: „Die Seele, die sündigt, soll sterben!“ (Hes 18,4); da Er deinen und meinen Platz einnahm; mein und dein Stellvertreter ward, für mich und dich „zur Sünde gemacht“ ist (2Kor 5,21); unser Schuld- und Sündopfer (Jes 53) geworden ist - so mußte Er stellvertretend sterben, damit „die gerechte Forderung des Gesetzes“ (unter dessen Kraft Er Sich freiwillig stellte bei Seiner Geburt)! „erfüllt würde in uns“ (Röm 8,1-4)! Das tat Gott, das, was uns unmöglich war, ermöglichte Gott, durch Seinen eigenen Sohn (V. 3)!; Preis und Anbetung Seinem herrlichen Namen!
Um aber uns durch Sein stellvertretendes Opfer „loskaufen“ zu können (Gal 4,5), uns, die wir als aus den Juden sowohl wie aus den Nationen „unter Gesetz“ waren, „geknechtet unter die Elemente der Welt“ (V. 3, vgl. V. 9.10), darum ward auch Er mit Seiner Geburt „von einem Weibe“ - „geboren unter Gesetz“! Er gab, obwohl stets der Sohn, Seine Freiheit freiwillig auf, um an dem Platze, in dem Zustand, in dem wir waren, uns kennen, ja, mit uns fühlen zu lernen: „unter Gesetz“! Und wie vollkommen ging Er den Weg des Gesetzes! Was muß für Ihn, den Vollkommenen, dieser Weg ständiger Abhängigkeit, ständigen Gehorsams gewesen sein unter solchen, die nichts als Gesetzesübertreter waren - das war auch ein Leiden! Doch Er ging den Weg „unter Gesetz“ bis ans Ende, und da Er ihn nicht beenden konnte, wie wir, bis Er kam, es mußten - nämlich durch den Tod, durch das Sterbenmüssen -, so hat Er ihn stellvertretend für uns in gleicher Weise beendet; mit Seinem Tode „am Fluchholz“, indem Er wurde ein Fluch für uns“! (Gal 3,13). Aber dieses Sterben beruht auf einem anderen Muß als das unsere; es ist das heilige „Muß“ nicht der Natur, aber auch nicht nur und nicht so sehr nur das der sittlichen Pflicht, sondern in erster Linie das „Muß“ der Liebe (wie in Joh 4,4 und Lk 19,5), und mit diesem hat Er uns „losgekauft (befreit) von dem Fluche des Gesetzes, auf daß der Segen Abrahams in Christo Jesu zu den Nationen käme, auf daß wir die Verheißung des Geistes empfingen durch den Glauben“. (Gal 3,13.14). Gepriesen sei Sein herrlicher Name! Welch eine Erlösung, welch ein Opfer, welch ein Heil, welch ein Rettergott, welche Liebe! „O Gott sei gelobt für die Liebe im Sohn,
Der mit Blut uns erkauft, und dann aufstieg zum Thron!
Halleluja, sei gepriesen!“
Und nun bin ich endlich am Schluß! So haben wir durch Seine Gnade ein wenig „sehen und schmecken“ dürfen von dem Reichtum dieser kostbaren Stelle Gal 4,4: „Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz“. Möchte es den lieben Lesern wie mir zum Segen gedient haben! „Wie köstlich sind mir Deine Gedanken, o Gott, wie gewaltig sind ihre Summen!“ (Ps 139,17).
F. K.