Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 14 - Jahrgang 1929
2Chr 17-19 – „Einige Gedanken über“2Chr 17-19 – „Einige Gedanken über“
(Ein Vortrag von Ed. v. d. K., H., nachgeschrieben von A. R).
Wir werden uns in dieser Abendstunde mit den Anfängen der drei Kapitel 17, 18 und 19 des 2. Buches der Chronika beschäftigen. Ich lese zunächst die ersten Verse dieser drei Kapitel.
Welch einen schönen Anfang machte Josaphat, der als König zum Herrschen bestimmt war! Welch ein schöner Anfang für einen, der, wie er, berufen war, Einfluß auf einen großen Kreis von Menschen, die ihm Gott unterordnet hatte, auszuüben! Wenn wir auch nicht wie Josaphat berufen sind, Könige über ein Volk zu sein, so hat der Herr doch uns allen einen neuen und herrlichen Anfang durch die Erlösung gegeben und auch jeden von uns in ein Einflußgebiet gestellt, wo wir als ein königliches Priestertum durch die in unsere Herzen durch den Heiligen Geist ausgegossene Liebe einen Gott wohlgefälligen Dienst an anderen zu vollführen haben.
Wir dürfen uns nie dem Gedanken hingeben, als ob mit unserer Errettung Gottes Absichten mit uns ihr Ziel und Ende erreicht hätten; so groß auch die Barmherzigkeit und Gnade Gottes in unserer Errettung sich geoffenbart hat, so ist unsere Errettung doch nicht das Ende, sondern erst der Anfang Seiner Gnadenabsichten über uns. Sein Ziel aber ist, daß die „Werke Gottes“ (Joh 9) und Seine Herrlichkeit auch an und durch uns offenbar gemacht werden sollen. Solange unser Herz auf Erden schlägt, haben wir dieses Ziel Gottes mit uns im Auge zu behalten. Auch der Blick auf uns selbst und unsere Vergangenheit darf uns nicht davon abhalten. Gott hat einem jeden von uns genau so wie Josaphat Aufgaben gegeben. Josaphat war bemüht, sein Volk gesegneten Zeiten und Verhältnissen entgegenzuführen; und auch wir sollen unseren Verwandten und Bekannten das Heil in Christo bringen und das Wachstum der Gemeinde Gottes fördern und so durch unsere Mitarbeit zur Verherrlichung unseres Gottes beitragen.
Josaphat erkannte aber nicht nur seine Gaben und Aufgaben, sondern auch die verderblichen Strömungen seiner Zeit, deren Einflüssen er ausgesetzt war. Und so lesen wir gleich am Anfang, daß er sich wider Israel stärkte. Was heißt das? Israel stand unter der Herrschaft eines Ahab, jenes Königs, der Israel sündigen machte und dem Baal zuführte. In dieser traurigen Arbeit hatte er eine treue Gehilfin in der Isebel. Und weil Josaphat wußte, um was es sich handelte, darum stärkte er sich in seinem Gott, diesen Einflüssen eines verweltlichten Israel nicht zum Raube zu fallen.
Auch wir werden nur in dem Maße unsere Aufgaben erfüllen und gesegneten Einfluß ausüben, wie wir uns stärken wider die Welt, wider das eigene Fleisch und unseren eigenen Willen. Ohne die Abhängigkeit und die Kraftsammlung beim Herrn ist unser Planen, Wollen und Beginnen vergeblich. Wollen wir uns nicht prüfend fragen, wie es bei uns mit diesem „Sich-stärken“ steht, wenn wir an die Aufgaben unseres Lebens herantreten? Mit dem Herzen des Glaubens müssen wir immer neue Kraft von oben holen für jede Aufgabe, die uns vom Herrn zugewiesen wird, denn uns umgibt ein uns stets beobachtender Feind, dessen Absichten uns nicht unbekannt sind. Möchten wir immer mehr in die Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes, in den Willen und die Gedanken Gottes, in Seine Pläne und Ziele hineinwachsen und darauf achten, daß mit dieser Erkenntnis auch die Heiligung zusammengeht, damit Gott auch in unserem Leben Sich verherrlichen kann und wir gestärkt und bewahrt bleiben vor einem Israel, welches dem Götzendienst sich ergeben hat.
Gott segnete Josaphats Treue mit irdischen Gütern des Reichtums und der Ehre in Fülle. Und in Verbindung mit diesem Reichtum und der Ehre folgt ein köstliches Wort: „Und sein Herz gewann Mut in den Wegen Jehovas, und er tat noch die Höhen und die Ascherim aus Juda hinweg.“ (17,6)
Wir sangen vorhin ein Lied, welches der Herr uns gab: „Nahe bei Jesu, o Leben so schön,
Seliges Wandeln auf sonnigen Höh‘n!“
Nur in der innigen Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus finden wir diesen Mut, dieses innere Gestärktwerden unseres Herzens, die Wege unseres Gottes zu gehen. Ein köstliches Leben ist es, sich herausheben zu lassen aus all den Dingen dieser Erde und alle Höhen und Ascherim aus unserer Mitte und auch aus unserem Herzen hinwegzutun.
Wenden wir uns nun zum 18. Kapitel, so werden unsere Augen noch einmal auf die Fülle des Reichtums und der Ehre Josaphats hingelenkt. Auch hier im Kap. 18 folgt ein „Und“ auf die Worte: „So hatte Josaphat Reichtum und Ehre in Fülle.“ Aber dieses „Und“ schließt etwas ganz anderes in sich als in Kap. 17. Es heißt: „Und er verschwägerte sich mit Ahab.“ Dies sagt uns, wie verschieden der Reichtum und die Ehre sich auf das Herz Josaphats auswirkten. Im Anfang des 17. Kapitels wurden diese Gnadenerweisungen ihm Anlaß zur Treue gegen Gott, und er faßte Mut und tat auch noch die Stätten des Baaldienstes hinweg, und Jehova beantwortete seine Treue damit, daß Schrecken auf seine Feinde fiel und sie die Tatsache anerkennen mußten, daß Jehova mit Josaphat war und Er es ihm gelingen ließ. Aber jetzt in Kap. 18,1 vergaß er, daß sein Reichtum und die Ehre Gnadenerweisungen seines Gottes waren, und verschwägerte sich mit dem verweltlichten Ahab. Wie eigenartig! Zuerst stärkte er sich wider Israel, und nun verschwägerte er sich mit Ahab! Wie konnte das geschehen? Finden wir nicht in den Worten des 12. Verses des 17. Kapitels: „Und Josaphat wurde immerfort größer, bis er überaus groß war,“ eine Antwort auf diese Frage? Sein bisher auf Jehova gerichteter Glaubensblick, sein bisher den Feind beobachtendes Auge fingen an, auf seiner äußeren Stellung und der vermeintlichen eigenen Größe zu ruhen.
Wie leicht ist doch unser Herz betört, wie wichtig ist es, nicht nachzulassen, uns in der Gemeinschaft mit dem Herrn zu stärken! Wenn die Gemeinschaft mit dem Herrn fehlt und wir uns über eine gelockerte Verbindung mit Ihm hinwegsetzen, so können wir noch Schwereres erleben, als was Josaphat erlebte. Ich erinnere an Jakob, der die ganze Zeit bei Laban nicht in der wahren Gemeinschaft mit seinem Gott, sondern so wie die Welt lebte. Er überlistete Laban, und Laban betrog ihn. Aber dann griff der große Gott mit Widerwärtigkeiten und Schwierigkeiten ein, und die Sehnsucht nach der Heimat wurde in Jakob wach. Dann führte Gott den sich an einem ganz verkehrten Platze aufhaltenden Jakob zurück, und dann finden wir, wie er die Verbindung mit seinem Gott wieder anknüpft und einen Altar baut und bis zur Furt des Jabbok kommt. (1Mo 32,22)
Und dort zerbricht der Herr ihn und macht aus ihm das, was Er Sich vorgesetzt hatte, aus ihm zu machen.
Josaphat gerät ungeahnt mehr und mehr unter den Einfluß Ahabs und des Satans. Kein Feind von außen tritt ihm entgegen. Kein Krieg wird ihm erklärt. Gewiß hätte er dann zum Herrn geschrien; aber der Feind hat es nicht auf sein Königreich abgesehen, sondern auf sein Herz. Erleben wir solches nicht auch? Wenn die Welt uns verfolgt, wenn allerlei Schwierigkeiten über uns kommen, dann fliehen wir zum Herrn . Aber nichts derartiges drohte Josaphat, sondern die Schafe und die Rinder Ahabs! Er wird eingeladen, und er zieht hinab zu Ahab. In diesen ersten Versen des 18. Kapitels finden wir die ganze Entwicklung und den traurigen Lauf eines Kindes Gottes, welches nicht in der stärkenden und gesegneten Verbindung mit seinem Herrn bleibt. Ahab läßt es sich etwas kosten, Josaphat unter seinen Einfluß zu bringen. Herrliche Festtage zu Ehren Josaphats werden gefeiert und alles, um den Gesegneten des Herrn zu bereden oder, wörtlich, zu verleiten, der Weggenosse Ahabs zu werden.
Er ist mit Ahab verschwägert. Was liegt in diesem Wort! Ein Weib, das seine Liebe hat, ist in seinem Hause und ruht an seinem Herzen; ihr Auge ist nach dem abgefallenen Israel gerichtet, gegen welches er sich einst stärkte. Sie nimmt ihm das Zartgefühl, innerlich auf die Stimme Jehovas zu hören. Die Auswirkungen eines solchen dauernden Einflusses in sichtbaren Handlungen machen sich oft erst nach Jahren bemerkbar. Auch wir sind ständig unter Einflüssen, entweder unter Einflüssen des Heiligen Geistes oder unter Einflüssen des Zeitgeistes der Welt, der sein Werk in den Söhnen des Ungehorsams hat.
Auch in Davids Leben finden wir Beispiele hierfür. Aber Gottes Gnade und Treue wacht über die Seinigen. So sehen wir es auch bei Jakob. Als Jakob veranlaßt wurde, Pharao zu besuchen, da lesen wir, daß er ihn segnete, und ebenso, als er von dem Pharao fortging (1Mo 47,8.10). Er kam und er verließ denselben als ein Segnender, und die ganze Unterhaltung drehte sich um die Tatsache, daß Jakob ein Fremdling auf dieser Erde sei. Möchten auch wir das Wohlergehen unserer Seele vor unserem Auge haben und der Welt gegenüber unseren Fremdlings-Charakter betonen. Tun wir es nicht, dann wird die Welt uns umlauern, um uns in ihre Gemeinschaft zu ziehen und für ihre Interessen auszunutzen.
Ahab suchte Josaphat zu überreden, mit ihm die einstige Zufluchtsstadt Ramoth in Gilead zurückzuerobern. Scheinbar ein gutes Werk! Aber was war der Zweck Ahabs? Er wollte Josaphats Rüstung und Streitmacht, die einst wider das abgefallene Israel gerichtet waren, jetzt für seine eigenen (Ahabs) Interessen verwenden. Wie fein versteht doch der Satan, uns mit gut scheinenden Werken aus der Gemeinschaft des Herrn zu bringen und uns zu verführen, den Weg der Absonderung zu verlassen! Wir machen so leicht den Fehler, die Welt anders einzuschätzen, als sie in Wirklichkeit ist. Aber Welt bleibt Welt. Sind wir nicht geschieden von ihr, so kommen wir unter ihren Einfluß. Aber wir sollten unseren Einfluß so geltend machen und unsere Aufgaben hier so erfüllen, daß nicht wir unter den Einfluß der Menschen, sondern sie unter unseren Einfluß kommen.
Josaphat steht jetzt so unter Ahabs Einfluß, daß er bereit ist, ihm zuliebe jedes verlangte Opfer zu bringen. Erschütternd muß seine schrecklich sorglose Sprache auf uns wirken: „Ich will sein wie du.“ O, Josaphat, du willst sein wie Ahab? Wunderbarer Gott, der in Seiner Gnade dieses Wort nicht wahr gemacht hat, welches Josaphat unter dem Einfluß des gottlosen Königs aussprach. Ahab wurde vom Feinde durchbohrt, und Hunde leckten sein Blut; Gott aber rettete durch ein Wunder das Leben Josaphats. Warum hat Gott für uns alles dieses niederschreiben lassen? Soll es uns nicht ein Weckruf zur ernsten Wachsamkeit sein?
Aber weiter sinkt Josaphat. Ahab fragt die unter dem Lügengeist stehenden Propheten, und sie weissagen den günstigen Ausgang und den Sieg in der Schlacht. Josaphats Frage nach dem Propheten Jehovas ist nur noch ein letzter schüchterner Versuch vor diesem ernsten Gang, um die gelöste Verbindung mit dem Herrn wieder anzuknüpfen. Wie arm ist ein Kind Gottes geworden, wenn es die Gemeinschaft mit dem Herrn verloren und, von der Welt gefangen genommen, keine Kraft mehr besitzt! Nun kann Ahab ungestört handeln. Wir sehen dieses im 29. Verse: „Ich will mich verkleiden ... du aber lege deine Kleider an.“ Jetzt muß Josaphat Ahabs Stellung einnehmen. Er soll in seinen königlichen Kleidern als der König des abgefallenen Israel erscheinen. Wie schnell geht's doch bergab! Welche Stufenfolge abwärts können wir in diesem 18. Kapitel beobachten. Armer Josaphat! Welch eine schöne, aber ach, so kurze Zeit der Treue - und dann hinabgezogen in das Lager des Feindes! Wie unglücklich wurde Josaphat! Was sind wir doch für seufzende und unglückliche Menschen, wenn wir die Straße abwärts ziehen! Und wo bleiben wir, wenn nicht der große und barmherzige Gott wieder bei uns anknüpfen würde? Ja, was würde aus uns werden? Gepriesen sei der HErr, daß Er Seine Augen über uns offen hält! Dies sehen wir auch in der weiteren Geschichte. Josaphats Not wird groß, und in seiner Angst und Bedrängnis hören wir ein Wort, über welches wir den Herrn preisen können: „Und Josaphat schrie; und Jehova half ihm und Gott lenkte ...“ (V. 31) Gott rettete ihn und gab ihm Gnade zu einem neuen Anfang. Mußten nicht auch wir manchmal solche Wege gehen? Wenn du merkst, daß die Verbindung mit deinem Herrn gelöst ist und du nicht mehr in der lebendigen Gemeinschaft mit Ihm stehst, schreie, rufe den Namen des Herrn an! Nur so werden wir gelöst von den Fesseln unseres eigenen Willens und der eigenen Wege.
Nun kommt die Umkehr (Kap. 19,1ff). Josaphat schrie zum Herrn , und sofort heißt es: „Und Jehova half ihm.“ Ist das nicht wunderbar groß? Nun geht es bergauf. Die Verbindung mit dem Herrn wird wieder aufgerichtet. Ein Bote Gottes kommt ihm entgegen, um ihm die ganze Schwere seines bisherigen verkehrten Weges klarzumachen, und volle Beugung zu bewirken. Wie gütig ist Jehova! Er gedenkt der früheren Treue Josaphats und verbindet Sich wieder in Gnade mit ihm. Josaphat hat aus der Vergangenheit gelernt. Wir lesen: „Josaphat blieb zu Jerusalem.“ Nur, wenn wahres und tiefes Selbstgericht über die verkehrten Wege der Vergangenheit geübt wird, lernen wir, besonnen und nüchtern zu werden.
Josaphats Ermahnungen an sein Volk und ihre Richter zeigen uns, wie gründlich das mit Gottes Zulassung Erlebte auf ihn eingewirkt hatte. Jedes an uns vollzogene oder zugelassene Gericht über unser fleischliches Wesen bedeutet letzten Endes doch nur Segen für uns. So bitter wir auch Sündenwege oft auskosten müssen, so dienen sie doch dazu, unser Herz sehnsüchtig nach Seiner Leitung und Seiner Kraft zu machen. Auf schmerzlichen Wegen hatte Josaphat gelernt. Er konnte sagen: „So ist es mir gegangen; ich hatte die Hand des Herrn losgelassen, und als ich in arge Not kam, schrie ich zu Ihm, und Er hat mir geholfen. Macht es nicht so wie ich; es ist ein saurer Weg.“ Als er nun, nachdem er zurückgekehrt war, wiederum unter das Volk ging, ermahnte er, „in der Furcht Jehovas, mit Treue und mit ungeteiltem Herzen“ zu handeln. (19,9)
Wie köstlich ist es, daß es eine Hand gibt, die in solcher Gnade über uns waltet! Möchten wir uns immer wieder in der innigen Gemeinschaft mit dem Herrn und im Gehorchen der Stimme Seines Geistes stärken, um in den listigen Anläufen des Feindes den Sieg zu behalten!
E. v. d. K., H.