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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 23 - Jahrgang 1938
2Kor 3 – Die siebenfache Herrlichkeit der Heilsbotschaft2Kor 3 – Die siebenfache Herrlichkeit der Heilsbotschaft
Die Heilsbotschaft des Neuen Bundes ist „das Evangelium der Herrlichkeit Christi, der das Bild Gottes ist“ (2Kor 4,4). Sie leuchtet in unsere Herzen hinein „zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi“ (2Kor 4,6). Sie ist das Wort vom Leben in einer sterbenden Welt, die Kunde vom Glück inmitten eines Meeres von Unglück und Herzeleid. Christen sollen darum überzeugt sein von der Größe und Kostbarkeit dieser ihnen anvertrauten Himmelsgabe.
So hat auch der Apostel Paulus viel Wert darauf gelegt, daß die Gläubigen jener Tage erkennen möchten, welche unermeßlichen Reichtümer in dem Evangelium der Gnade enthalten sind. Dies sucht er ihnen besonders dadurch vor Augen zu führen, daß er die Botschaft des Neuen Bundes derjenigen des Alten gegenüberstellt. Auf diese Weise gelangt er dann stets zu dem gleichen Ergebnis wie der Schreiber des Hebräerbriefes, daß nämlich die heutige Kunde des Glaubens unendlich viel „besser“, „größer“, „höher“ und „vorzüglicher“ ist, ja daß sie den Höhe- und Zielpunkt aller bisherigen Gottesoffenbarungen bildet.
In einer ganz besonders kostbaren Weise stellt er diesen Vergleich in 2Kor 3 an. Hier sind es genau sieben gewaltige Stücke, in denen nach Paulus die Größe und Unübertreffbarkeit des neutestamentlichen Heils alles bisher Dagewesene ewig überragt. In sieben Gegensatzpaaren stellt sich uns da die Größe des Evangeliums vor Augen.
1. Steinern - fleischern (V. 3). Weit davon entfernt, die Bedeutung der mosaischen Haushaltung zu unterschätzen (vgl. Röm 7,12), muß der Apostel doch in den steinernen Tafeln der Gesetzgebung am Berge Horeb ein Sinnbild des Charakters der Menschen erblicken, die unter dem damaligen Heilswalten Gottes gestanden hatten. Ihre Herzen waren „steinerne Herzen“, und die Geschichte der Erlösung war noch nicht so weit vorangeschritten, daß ihnen schon damals diese steinernen Herzen weggenommen und neue, „fleischerne“ Herzen gegeben werden konnten. Dies war erst einer späteren Periode des Erlösungsplanes vorbehalten (vgl. Hes 36,26)!. Steinerne Herzen sind tote, kalte Herzen, starr und hart. Mit Christo aber ist die Zeit gekommen, da an Stelle dieser unbrauchbaren, dem Plan Gottes entgegengerichteten Herzen das Neue in die Erscheinung treten sollte; nun konnte es eine Umwandlung, eine Umschaffung der Menschen in dem Kern ihrer Persönlichkeit geben. Nun konnte der Geist Gottes die steinernen Herzen in fleischerne umgestalten. Fleischerne Herzen sind lebendige Herzen, sind warme Herzen, nicht hart, sondern bildsam, nicht starr, sondern bewegungsfähig. Fleischerne Herzen haben innere Empfindungen (Phil 2,1.2); sie können Freude im Herrn erleben, können mit den anderen mittrauern, wenn sie in Leid und Not sind; sie können mitjubeln, wenn Sünder gerettet werden; sie können mitbangen und mitbeten mit dem Ringen und Wirken der anderen. O daß doch der Herr immer mehr das Eiserne und Steinerne auch aus uns herausnehmen und uns wirklich zu Menschen mit einem warmen, fühlenden, bildsamen Herzen des Glaubens machen könnte!
Der zweite Unterschied zwischen dem Alten und dem Neuen Bunde ist:
2. Buchstabe - Geist (V. 6). In der alttestamentlichen Zeit stand das Gesetz Gottes dem Menschen als ein äußeres Gebot gegenüber; jetzt ist es den Glaubenden in der Form des Gesetzes Christi in den Sinn geschrieben (Heb 8,10), ist durch den Geist eine in ihnen lebendige, mit ihrem Wesen innerlich organisch verschmolzene Autorität geworden (vgl. Heb 4,2). Jetzt sind die Glieder des neuen, erwählten Volkes „von Herzen“ gehorsam (Röm 6,17) und dürfen immer mehr in die Stellung ihres Meisters hineinwachsen, der da gesagt hat: „Meine Speise ist, daß Ich den Willen Dessen tue, der Mich gesandt hat.“ (Joh 4,34) Und mit diesem Innewohnen des Geistes und des göttlichen Gesetzes hängt das dritte große Gegensatzpaar zusammen, von dem der Apostel hier spricht.
3. Tod - Leben (V. 6b). „Der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig.“ Der „Buchstabe“, das Gesetz Moses, hatte nicht vermocht, den alten Herzenszustand des Menschen zu ändern; im Gegenteil, anstatt daß durch das Vorhandensein des Gesetzes die Sünde überwunden worden wäre, hatte sich die im unerneuerten Herzen schlummernde Sündennatur schon durch die bloße Tatsache, daß ein solches Gesetz überhaupt gegeben worden war, nur gereizt gesehen und nun erst recht zu Ausbrüchen ihrer Bosheit veranlaßt gefühlt (Röm 7,8-14; 1Kor 15,56b). So wurde der Zustand des Sünders immer mehr unheilvoll. Die „Sünde“ wurde zur „Übertretung“, und insofern viel schwerwiegender (Röm 4,15). „Das Gesetz bewirkt Zorn.“ So war es ein „Dienst der Verdammnis“, ein „Dienst des Todes“ (2Kor 3,7-9), und der „Buchstabe“ hatte seine „tötende“ Macht erwiesen. Wie ganz anders ist da die Wirkung des Geistes seit dem vollbrachten Werke von Golgatha! Jesu Worte sind Geist und Leben. Sein Werk hat den Tod überwunden. Er ist der Auferstandene, der nicht nur Selber für Sich in der Auferstehung den Tod zunichte gemacht, sondern auch für die Seinen die bindende und lähmende Herrschaft des inneren Todeszustandes gebrochen hat. Nun sind die Erlösten mit Christo auferstanden, mit Ihm lebendig gemacht, Seines Lebens mit teilhaftig geworden und werden darum auch einst in der Auferstehung umgestaltet werden zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit.
Und woher dieses neue Leben? Woher diese Überwindung des Todes? - Weil Christus uns am Kreuz die Gerechtigkeit erworben hat.
4. Verdammnis - Gerechtigkeit (V. 9). „Wenn der Dienst der Verdammnis Herrlichkeit ist, so ist vielmehr der Dienst der Gerechtigkeit überströmend in Herrlichkeit.“ Bei aller Gerechtigkeit, die der Alte Bund als Eigenschaft Gottes geoffenbart hatte, ist es doch erst das Evangelium, das eine Gerechtigkeit als göttliche Gabe dem Menschen anbieten kann. Darum wird diese Gerechtigkeit, die als Gottesgeschenk von Gott kommt und deshalb auch vor Gott gilt, erst in der Botschaft des Glaubens geoffenbart (Röm 1,17). Nun, nachdem Gott Den, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht hat, sind wir Seine, das heißt Gottes Gerechtigkeit geworden in Ihm (2Kor 5,21), und darum können wir auch frohlockend ausrufen: „Wer wird wider Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, welcher rechtfertigt! Wer ist es, der verdamme? Christus ist es, der gestorben, ja noch mehr, der auch auferweckt, der auch zur Rechten Gottes ist, der Sich auch für uns verwendet!“ (Röm 8,33.34)
5. Geringeres - Größeres (V. 8-19). Dies hatte der Apostel schon in der zuletzt angeführten Gegenüberstellung zugleich mit ausgesprochen. Wenn schon der Dienst der Verdammnis Herrlichkeit war, so muß es der Dienst der Gerechtigkeit in noch ganz anderer, eben in „überströmender“ Weise sein. Mit einem geradezu inneren Jubel betont Paulus hier immer wieder, daß, so groß auch das Alte gewesen sein mag, dennoch jetzt das unvergleichlich Größere in die Erscheinung getreten ist. „Vielmehr“ (V. 8), „vielmehr“ (V. 9), „wieviel mehr!“ (V. 10) - so sagt er einmal über das andere Mal. „überströmend“ nennt er es, ja „überschwänglich“ (V. 8.9)! Ob auch unsere Herzen so voll und übervoll sind von dieser Größe der Botschaft, die uns das Leben gebracht hat? Nur wenn das Herz voll ist, geht der Mund über, und darum sind wir oft so stumm im persönlichen Zeugnis und so untätig und nicht selbstverleugnend in der „Teilnahme am Evangelium“ hinsichtlich Gebet und Gaben, weil wir innerlich doch nicht wirklich so voll und ganz von der Erhabenheit und Einzigkeit der Heilsbotschaft überzeugt sind, so viel wir auch theoretisch davon reden und dem Bekenntnis nach daran glauben mögen. Wer aber mit den Augen des Herzens die Schönheit des Evangeliums geschaut hat, der wird auch mit Petrus sprechen können: „Es ist uns unmöglich, von dem, was wir gesehen und gehört haben, nicht zu reden.“ (Apg 4,20)
6. Vergehend - bleibend (V. 11). Und das Wunderbare dabei ist, daß wir uns hier auf dem Boden der Ewigkeit befinden. Alle Schönheit der Welt vergeht. Auch die Schönheit und Herrlichkeit der früheren Gottesoffenbarungen war keine bleibende. Aber der Neue Bund und seine Segnungen sind etwas, das da bleibt in alle Zeitalter hinein (Heb 13,20). Der Alte Bund war das, „was hinweggetan werden sollte“ (vgl. Gal 3,19; Heb 7,11-18); der Neue ist das „Bleibende“. Aber es ist nicht ein starres Bleiben, kein Sein, das keine Bewegung, keinen Fortschritt kennte; nein, es ist ein ununterbrochenes Vorangehen von Klarheit zu Klarheit, ein dauerndes Enthüllen verborgener Gottesschätze.
Damit aber sind wir an dem letzten der sieben Grundgedanken unseres Kapitels angekommen.
7. Verhüllung - Enthüllung (V. 12-18). Wie bei der mosaischen Gesetzgebung am Sinai für Paulus die steinernen
Tafeln zugleich ein Sinnbild des steinernen Herzenszustandes der damaligen Menschen gewesen waren, so ist ihm auch die Decke, die Mose zu jener Zeit auf dem Angesicht gehabt hatte, zugleich ein Symbol davon, wie das innere Verständnis des Volkes Israel in jenen Tagen noch „zugedeckt“ gewesen sei. Erst in Christo wird diese Decke von dem Herzen und den Augen hinweggenommen, und dann können alle, die diesem Heiland ihr Herz geöffnet haben, im Gegensatz zu jener Unvollkommenheit des Allen Bundes sagen: „Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den Herrn, den Geist.“ (V. 18) So wird uns im Evangelium immer mehr von der Größe unseres Erlösers gezeigt, und obwohl wir Christum schon in einem gewissen Sinne erkannt haben (Kol 1,6), bleibt es doch stets das Ziel unseres Wachstums im Glauben, Ihn immer mehr „zu erkennen und die Kraft Seiner Auferstehung und die Gemeinschaft Seiner Leiden“ (Phil 3,10). So aber wird in immer steigendem Maße durch diese fortschreitende Enthüllung der Person und des Werkes des Herrn die Wahrheit des Wortes unseres Meisters zum inneren Erlebnis der Seinen: „Dies aber ist das ewige Leben, daß sie Dich, den allein wahren Gott, und Den Du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen.“ (Joh 17,3)
Er. Sr.