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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
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Handreichungen Band 22 - Jahrgang 1937
Darf ich noch?Darf ich noch?
„Darf ich noch?“ „Darf ich noch dieses oder jenes tun?“ „Darf ich noch da- und dorthin gehen?“ So haben wir sicher auch schon gefragt. Solche Fragen können einem feinen Gewissen entstammen, oft aber werden sie dem heimlichen Wunsche entsprechen, die Grenzen gegenüber dem, was Welt heißt, ein wenig verwischen zu können. Und meist ist es so, daß schon bei ihrem Aufsteigen Gefahr im Verzuge ist, vom schmalen Pfad in irgendeinem Punkte abzuweichen.
In vielen Fällen wird es so sein, daß wir in bezug auf unser Verhalten in der Welt nicht die Antwort aus dem Worte Gottes finden, die wir gerade begehren. Wir können die Bibel nicht ohne weiteres in der Erwartung aufschlagen, daß uns je und je eine passende Stelle entgegenfällt, die wir unter Umständen noch nach unserer Meinung glauben drehen und deuteln zu dürfen.
Es gehören schon „geübte Sinne“ dazu, d. h. beständiges Horchen auf die Stimme des Geistes Gottes und bereitwilliges Eingehen auf Sein Locken und Mahnen, wenn es Ihm gelingen soll, uns in Fragen und Nöten des praktischen Lebens auf geeignete Stellen aufmerksam zu machen und uns ihre richtige Anwendung zu zeigen.
Zweifelsohne gibt es aber auch Schriftstellen, die uns unzweideutig erkennen lassen, ob unser Verhältnis zum Herrn durch unser Verhalten getrübt zu werden droht oder ob unser Beginnen Seinem Wohlgefallen entspricht und wir dadurch Seiner Freude teilhaftig werden. Eine solche Stelle wollen wir uns hier vor Augen führen.
Naamann, der Heeroberste des Königs von Syrien, war von seinem Aussatz geheilt worden, indem er - wenn auch nach heftigem Sträuben - das Wort des Propheten Elisa befolgt und sich siebenmal im Jordan gebadet hatte. Und noch mehr: Er hatte die Götter, die er seither verehrte, als eitle Nichtigkeit und den Gott, dem Elisa diente, als den allein wahren Gott und somit auch als seinen Gott erkannt.
Diesem Gott sollte fortan sein Leben gehören. Darum sagte er zu dem Propheten: „Siehe doch, ich erkenne, daß es auf der ganzen Erde keinen Gott gibt, als nur in Israel.“ (2Kön 5,15) „Dein Knecht wird nicht mehr anderen Göttern Brandopfer und Schlachtopfer opfern, sondern nur Jehova.“ (V. 17)
Eins aber beschwerte ihn, und das drückte er dem Manne Gottes gegenüber, zu dem er Vertrauen gewonnen hatte, offen aus: „In diesem Stücke wolle Jehova deinem Knechte vergeben: Wenn mein Herr in das Haus Rimmons geht, um sich daselbst niederzubeugen - denn er lehnt sich auf meine Hand, und ich beuge mich nieder im Hause Rimmons -, ja, wenn ich mich niederbeuge im Hause Rimmons, so möge doch Jehova deinem Knechte in diesem Stücke vergeben!“ (V. 18)
Was wollte er damit sagen? Der Syrerkönig war gewöhnt, in den Tempel Rimmons zu gehen und sich vor dem Bilde dieses falschen Gottes niederzubeugen. Naamann mußte, seinem Rang und seiner hohen Stellung entsprechend, seinen Herrn dorthin begleiten und ihm beim Niederbeugen den Arm leihen, damit der König sich darauf stütze. „Darf ich noch“ - das war der Sinn seiner Frage - „diesen Dienst weiter tun, nachdem mir die Erkenntnis des allein wahren Gottes zuteil geworden ist; oder verunehre ich Ihn, wenn ich gemäß meiner ‚Dienstvorschrift‘ dem König bei seiner falschen Gottesdienstübung behilflich bin, auch wenn mein Herz gewiß nicht mehr dabei beteiligt ist?“
Welche Antwort sollte ihm Elisa geben? Hätte er ihm gesagt, „du darfst das nicht mehr tun!“, dann wäre dieses Verbot eine zu schwere Last für den jungbekehrten Naamann gewesen, und er hätte ihn in eine falsche Gesetzesfrömmigkeit gezwängt. Wiederum durfte Elisa nicht der Gleichgültigkeit das Wort reden; unmöglich konnte er zu Naamann sagen: „So ernst und so genau brauchst du es nun doch nicht zu nehmen!“ Dann wäre Naamann niemals ein klares Zeugnis für seine Umgebung geworden.
Und doch gab der Prophet dem Heerobersten eine Antwort, wie sie nicht besser und nicht deutlicher hätte sein können. Sie bestand in den wenigen Worten: „Gehe hin in Frieden!“ (V. 19)
Elisa wollte ihm damit sagen: „Naamann, du hast durch die Erkenntnis Gottes, der dich geheilt und errettet hat, einen Frieden bekommen, den du vorher nicht kanntest. Wird dieser Friede nicht gestört, sobald du mit dem König in das Haus Rimmons gehst und ihm beim Niederbeugen hilfst, dann tue diesen Dienst ruhig weiter. Merkst du aber, daß er dadurch zu weichen droht, dann tue es nimmermehr! Dein Friede, dieses kostbare Geschenk deines Gottes, sei dir mehr wert als deine Stellung und als Ehre und Gunst bei Menschen!“
Und nun zurück zu uns! Wenn uns in irgendeiner Lage, unter irgendwelchen Umständen dieses „Darf ich noch?“ bewegt oder beschwert, gilt uns dann nicht in gleicher Weise diese Antwort? Wie sollten wir uns den Frieden unseres Gewissens und unseres Herzens von Gott bewahren lassen und ihn uns niemals selbst durch eigne Schuld verscherzen!
Gerät dieser Friede, der uns durch das teure Blut Jesu Christi zuteil geworden ist und durch die Verbindung mit Ihm erhalten bleibt, durch irgendein Tun, durch irgendeinen Gang oder durch irgendeinen Umstand in Gefahr und kommen wir dadurch in innere Unruhe, dann sollten wir eiligst zurückschrecken wie vor einem heißen Gegenstand, der uns durch seine ausstrahlende Hitze vor dem Gebranntwerden warnt!
Beachten wir die Belehrung, die Gott auch uns durch das Wort Elisas gibt, dann wird das alte „Darf ich noch?“ uns nicht mehr soviel zu schaffen machen. Wohl aber ist klaren göttlichen Aussprüchen gegenüber ganze Herzensentschiedenheit nötig, um dieses Gotteswort in rechter Weise anzuwenden. Möchten wir allezeit dazu bereit sein!
Hans Metzger.
Erstellt: 24.05.2024 23:14