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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 9 -Jahrgang 1923/24
Mt 12,22-32 ; Mk 3,28-30 ; Lk 12,10 - „Die Sünde wider den Heiligen Geist“Mt 12,22-32 ; Mk 3,28-30 ; Lk 12,10 - „Die Sünde wider den Heiligen Geist“
Manche, besonders junge Kinder Gottes, sind durch die falsche Auffassung der Worte der Überschrift in große Beunruhigung gekommen und haben sich angeklagt, die Sünde wider den Heiligen Geist begangen zu haben und dadurch des ewigen Heils verlustig gegangen zu sein.
Wenden wir uns zur Schrift, so finden wir zunächst, daß die Schrift diesen allgemeinen Ausdruck „die Sünde wider den Heiligen Geist“ nicht gebraucht, sondern von der
Lästerung des Geistes spricht. Das Lästern des Heiligen Geistes ist Sünde, wie auch das Widerstreben - das Betrüben - das Dämpfen des Geistes Sünden wider den Heiligen Geist sind. Hier jedoch handelt es sich um eine ganz spezielle Sünde, um „Lästerung des Geistes“, und allein von dieser Sünde, des lästernden Redens wider den Heiligen Geist, sagt der Herr, daß sie nicht vergeben wird, weder in diesem noch in dem zukünftigen Zeitalter.
Um zu verstehen, was der Herr damit meint: „Lästern des Geistes“, müssen wir seine Worte in dem Zusammenhang der Ereignisse betrachten.
Ein Besessener, der blind und stumm war, wurde zum Herrn gebracht. Der Herr trieb den bösen Geist aus, und der Mann konnte reden und sehen. Durch dieses Wunder ließ der Heilige Geist der Volksmenge das Licht aufgehen, daß Jesus der erwartete Messias sei. In dieser ihnen aufgehenden Erleuchtung fragen sie: „Dieser ist doch nicht etwa der Sohn Davids?“ (d. h. der Messias).
Die Feinde des Herrn, die Pharisäer, konnten das Wunder nicht leugnen. Alle hatten es mit ihren Augen geschaut. Ihnen blieb keine Wahl, als entweder die Kraftwirkung des Heiligen Geistes in dem Herrn anzuerkennen oder sie dem Satan zuzuschreiben. Um in ihrem Haß gegen Ihn die Wirkung des Wunders nicht aufkommen zu lassen, schreckten sie (trotz besten Wissens der Wahrheit) nicht davor zurück, die in Ihm wirkende Kraft des Geistes als von dem höllischen Fürsten Beelzebub ausgehend zu bezeichnen.
Das war kein übereiltes oder unbedachtes Reden, waren keine aus Unwissenheit, aus Unwachsamkeit, aus schwacher Stunde entsprungene Worte, sondern es war eine aus dem Hasse des Herzens geborene, voll überlegte Lästerung. Diese „Lästerung des Geistes“ geschah unter der vollen Erleuchtung, daß der Heilige Geist auf Ihm und Er der Gesandte des Vaters sei, geschah bei vollem Bewußtsein, daß sie aus Haß gegen Ihn zu Unrecht lästerten, und mit dem klaren Vorsatz, anderen das Licht zu verdunkeln, um sie in der Finsternis zu halten.
Mit dieser schrecklichen und lästernden Tat der Pharisäer stehen die Worte des Herrn in Verbindung: „Die Lästerung des Geistes wird dem Menschen nicht vergeben werden ... weder in diesem Zeitalter noch in dem zukünftigen.“ Jede Tür der Hoffnung war damit geschlossen, und Markus bestätigt, daß sie sich „ewiger Sünde“ schuldig gemacht, „weil sie sagten: Er hat einen unreinen Geist.“ (Mk 3,30). Sie stießen das Licht des Heiligen Geistes lästernd mit Füßen von sich und besiegelten damit ihr Los, da es außer Ihm keine Kraft gab, die sie zur Buße leiten und einer Vergebung hätte den Weg bahnen können.
Ob diese gleiche Sünde, die uns in der Tat der Pharisäer gekennzeichnet ist, heute am Tage der Gnade und der Abwesenheit des Herrn möglich ist und in unserem Zeitalter gefunden werden kann, darüber gehen die Meinungen der Schriftforscher auseinander.
Zu beachten ist, daß der Herr von dieser Sünde nicht sagt: Dem wird nicht vergeben werden weder vor noch nach dem Tode, sondern daß Er sagt: „Weder in diesem Zeitalter noch in dem zukünftigen.“
Diese Worte haben durchaus nicht den oft hineingelegten Sinn von „weder vor noch nach dem Tode“. Der Sinn nach dem Zusammenhang der ganzen Stelle ist, daß die Sünde der Lästerung, ob sie in diesem oder dem zukünftigen Zeitalter begangen wird, nicht vergeben werden wird.
Auf Grund dieser Worte des Herrn glauben manche Forscher des Wortes sagen zu können, daß diese spezielle Sünde, die mit „Lästerung des Geistes“ bezeichnet ist, die Anwesenheit des Herrn bedinge und in unserem Zeitalter der Gemeinde und der Abwesenheit des Herrn in der in der Schrift gezeichneten Weise nicht gefunden werden könne. Wenn der Herr das Nichtvergeben dieser Sünde (worin natürlich das Begehen der Sünde eingeschlossen ist) mit zwei Äonen
(Weltzeiten, Zeitaltern) verbindet, so stehe es uns nicht zu, diese Grenze einfach zu überschreiten oder zu beseitigen und sie auch in anderen Zeitaltern suchen zu wollen.
Sicher, die Worte des Herrn konnten von denen, an die sie gerichtet waren, gar nicht anders verstanden werden, als daß der Herr mit „diesem Zeitalter“ die damals gegenwärtige Zeit meinte, als Er in Niedrigkeit unter ihnen wandelte - und ebenso, daß das „zukünftige Zeitalter“ sich auf das Zeitalter der Herrschaft des Messias auf Erden beziehe. Von diesem zukünftigen Zeitalter hatten die Propheten geweissagt, und nach diesem schauten die Schriftgelehrten in den Tagen des Herrn aus (Joh 3). Von diesem Zeitalter wußten sie, daß dann ihre Sünden vergeben und ihrer Ungerechtigkeiten nie mehr gedacht werden würde (Jer 31,34). Der Herr aber sagte ihnen nun, daß für die Lästerung des Geistes weder in diesem (damals gegenwärtigen) noch in dem zukünftigen Zeitalter (der Herrschaft Christi auf Erden) Vergebung sei. Niemals aber konnte mit diesem Hinweis auf das zukünftige Zeitalter das heutige Zeitalter der Sammlung Seiner Gemeinde gemeint sein noch verstanden werden, denn dieses war zu der Zeit, als der Herr diese Worte redete, noch gar nicht geoffenbart, sondern war noch ein Geheimnis, „verborgen in Gott“ und „den Söhnen der Menschen nicht kundgetan“. (Eph 3,5-9).
Bemerkenswert ist es auch, daß nie wieder in der Schrift, weder in der Apostelgeschichte noch in den Briefen, eine Erwähnung dieser Sünde der Lästerung geschieht. Wohl spricht sie vom „Schmähen“ des Geistes der Gnade (Heb 10,28.29) und vom „Widerstehen“ des Heiligen Geistes (Apg 7,51) (beides Dinge, die nicht von Kindern Gottes gesagt werden; die allmächtigen Hände des Herrn bewahren solche davor), aber nirgends finden wir die „Lästerung“ des Geistes wieder erwähnt.
Ob diese spezielle Sünde nur jener Zeit des persönlichen
Dienstes des Herrn und weiter der Zeit Seiner Herrschaft auf Erden angehört oder nicht, das festzustellen ist nicht das Wichtigste. Sicher ist, daß wir ein gleiches Bild dieser Sünde infolge der Abwesenheit des Herrn in dem heutigen Zeitalter der Sammlung Seiner Gemeinde nicht haben können. Im Spiritismus finden wir wohl manches, was dieser Sünde nahe kommt, oder es ist das umgekehrte Bild: das, was dort der Satan wirkt, schreiben Menschen Gott zu. Sehr viele aber tun solches aus Unwissenheit, während bei der vom Herrn gekennzeichneten Sünde der Lästerung Unwissenheit ausgeschlossen ist.
Niemals geben uns aber die Worte des Herrn eine Berechtigung, unbußfertige oder von ihren Sünden gequälte Menschen dieser Sünde heute zu beschuldigen, geschweige denn sie auf Seelen anzuwenden, die über ihre Sünden bekümmert sind. Solches wäre ein Mißbrauch der Worte des Herrn und widerliche Anmaßung.
Damit wird jedoch die furchtbare Tatsache nicht verwischt, daß Menschen des gegenwärtigen Zeitalters durch überlegte Wahl des Bösen mit wissentlicher und willentlicher Verwerfung des Herrn und der Erleuchtung des Heiligen Geistes dem Wesen jener Lästerung des Geistes sehr nahe kommen. Ein solch bewußtes und letztes Von-sich-stoßen der geoffenbarten Gnade Gottes, nachdem der erlösende Wert des Blutes Christi einmal erkannt war, schließt, wie zu allen Zeiten, so auch heute ewige und unabänderliche Folgen in sich, denn mit der Verwerfung des einen Namens, der den Menschen gegeben ist, um errettet zu werden (Apg 4,12), ist jede Möglichkeit der Vergebung für immer ausgeschlossen. An Warnungsstimmen vor solchem „Abfall“ vom lebendigen Gott und dem „Schmähen“ des Geistes der Gnade hat Gott es in Seinem Worte nicht fehlen lassen (Heb 6,4-6; 10,25-31). So nahe solche Sünden jener Lästerung auch kommen mögen, so müssen sie doch von dieser unterschieden werden.
Oft sind, wie schon gesagt, unbefestigte Kinder Gottes vom Feinde mit Furcht gepeinigt worden, die unvergebbare Sünde der Lästerung des Geistes begangen zu haben. Durch Unwachsamkeit und Untreue irrten sie vom Wege ab und fielen in Sünden.5 Als dann durch die Gnade des Herrn ihr Gewissen erwachte, kam der Feind und flüsterte ihnen ins Ohr: „Du hast wider den Heiligen Geist gesündigt. Wie oft hat dich der Heilige Geist gemahnt und gestraft, du aber hast widerstanden. Jetzt ist keine Hoffnung für dich.“ - Solche mögen aus dem Vorhergehenden lernen: So sehr sie auch gesündigt und so tief sie gefallen, diese Sünde der Lästerung mit ihren ewigen Folgen trifft sie nicht.
Und selbst wenn Finsternisgewalten solche Gedanken der Lästerung deiner Seele einhauchten, sage, hast du sie mit dem Haß deiner Seele gegen Christus ausgebreitet und sie Ihn hassenden Herzens anderen Menschen eingegeben? Haft du Christum als einen vorn unreinen Geist besessenen Satansknecht verkündigt? Ist nicht im tiefsten Grunde deine Seele darüber bekümmert, Ihn betrübt zu haben und der Stimme des Heiligen Geistes nicht gefolgt zu sein? Was würdest du antworten, wenn dir jetzt die Frage vorgelegt würde: Wer wohnte in dem Herrn Jesus, der Heilige Geist oder der Satan? Könntest du die Antwort der Pharisäer geben: Er hat einen unreinen Geist? (Mk 3,30). Würde deine Seele vor einer solchen Frage nicht erbeben? Dieses aber war das Kennzeichen der unvergebbaren Sünde. Deine Bekümmernis darüber, diese Sünde begangen zu haben, ist gerade der Beweis, sie nicht getan zu haben, da sonst keine Bekümmernis darüber empfunden würde.
Für jede Sünde ist Vergebung, wenn der Sünder Ihn als Heiland annimmt. Der Feind aber will durch solche Einflüsterungen Seelen abhalten und mutlos machen, zu Dem zu kommen, der gesagt hat: „Kommet her zu Mir, alle ihr Mühseligen und Beladeren, und Ich werde euch Ruhe geben“ (Mt 11,28), und sie hindern, die Vergebung von Ihm anzunehmen, Dessen Blut reinigt von aller Sünde.
Wenn aber der Feind dich mit dieser Sache antastet, weil du in einer Sünde lebst, die du liebst, so beuge dich in Buße und Bekenntnis und vertraue dem Herrn. Mache Bruch, es koste, was es wolle! Du wirst die erlösende Gnade und die mächtigen und errettenden Hände des Herrn erfahren.
Der Herr wolle in Seiner Gnade diese Zeilen segnen und dazu dienen lassen, geängstigten Seelen den Weg zum Frieden zu weisen. v. d. K.
5 Zwischen „fallen“ und „abfallen“ muß sorgfältig unterschieden werden (vergl. 1Kor 10,12 mit Heb 6,6). Ein Gläubiger kann fallen wie Petrus. Ein wurzelloser Bekenner (Lk 8,13) kann vom Christentum abfallen. Fallen ist das Fallen eines Gläubigen in Sünde, in Rückkehr und Liebe zur Welt usw. Abfallen ist das Abfallen eines bloßen Bekenners im Von-sich-stoßen der Person des Sohnes Gottes und der durch Ihn vollbrachten Erlösung (welches die Grundlagen des Christentums sind) (Heb 6,4-6; 10,29). Die Zeit des Endes wird durch solchen „Abfall“ gekennzeichnet (2Thes 2,3).↩︎