Otto Stockmayer
Schriften von Otto Stockmayer
Mt 21,23-46 - „Sie spinnen Luftgespinnste und suchen viele Künste und kommen weiter von dem Ziel.“Mt 21,23-46 - „Sie spinnen Luftgespinnste und suchen viele Künste und kommen weiter von dem Ziel.“
Der Herr, der die Wahrheit ist und bei dem alles wahr und durchsichtig ist, hat auch durch seinen Geist Macht und findet Gelegenheit, einem jeden aufzudecken, der überhaupt noch klar sehen will, wo Unlauterkeit und Unwahrheit bei ihm steckt in seinen innersten Gedankengängen, Berechnungen und in seinem Verhalten zu Gott und zu den Menschen — ob es ihm darum zu Tun ist, es Gott recht zu machen oder darum, bei Menschen gut angeschrieben zu sein. Wer bei Gott gut angeschrieben, wer von Gott geehrt werden will, der muß dem Worte Gottes gehorchen. Der Herr war den Hohenpriestern und Schriftgelehrten ein Dorn im Auge, weil das Volk ihm anhing und mehr auf ihn hielt als auf sie. Nun wollen sie den Herrn mit der Frage zur Rechenschaft ziehen: „Wer hat dir diese Macht gegeben?" Ja, wenn das eine aufrichtige Frage gewesen wäre, so hätte der Herr sicherlich geantwortet — aber es war ihnen keineswegs um die Wahrheit zu tun, sondern sie wollten den Herrn beiseite schaffen, sich ihm entziehen. Da antwortet er ihnen in wunderbarer Weise, indem er sie auf Johannes den Täufer zurückführt. Wer den Herrn Jesus kennen lernen will, der muß durch die Buße hindurch. Johannes war der Bußprediger. Wer den Herrn Jesus kennen lernen will, der muß sich von Johannes dem Täufer seine Sünden aufdecken lassen. Der heilige Geist überführt von Sünde, ehe er eine Seele zu Jesu führen kann. Wer noch nicht von Sünde überzeugt ist, braucht keinen Heiland; er hat mit Jesu nichts zu tun. Wo Selbstgerechtigkeit ist, hat der Herr keine offene Tür für die Wahrheit, für das Heil, für seine Gnade. Nun examiniert der Herr. Es ist, als sagte er: „Ich will nun einmal vor allen Dingen wissen, ob ihr aufrichtig seid, und warum ihr mich eigentlich fragt, aus was für Macht ich das tue. Ich will euch auch etwas fragen, und wenn ihr darauf geantwortet habt, will ich euch sagen, aus was für Macht ich das tue." Diese Frage, die er ihnen stellte, war gerade dazu angetan, ihnen ihre Unlauterkeit zu beweisen. Woher war Johannes der Täufer? Johannes war der Bußprediger. Wer von ihm nichts wissen will, für den gibt es keinen Heiland. „Er ist gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen — nicht die Gerechten." Woher war Johannes der Täufer? Haben die Menschen ihm die Stellung gegeben, die er hatte? Was wollten sie mit ihrer Antwort? Sie wollten Recht behalten. Sie berechnen, wie sie sich am besten aus der Schlinge ziehen können. Ach, hätten sie sich unter die Wahrheit gebeugt, so wären sie frei geworden. So aber fragen sie sich nur: „Wie wollen wir setzt antworten, ohne uns zu kompromittieren? Sagen wir, die Taufe Johannes sei vom Himmel gewesen, so wird er sagen: Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt?" Im tiefsten Grunde aber hatte ihnen ihr Gewissen sicherlich gesagt, daß er vom Himmel war und daß er Jesu den Weg bereiten sollte. Vers 26: „Sagen wir aber, sie sei von Menschen gewesen, so müssen wir uns vor dem Volke fürchten; denn sie halten alle Johannes für einen Propheten." Was sind das für Führer des Volkes, die sich vor dem Volke fürchten? „Und sie antworteten und sprachen: Wir wissen es nicht" — und damit haben sie abgedankt. Volksführer, die nicht wissen, welche Stellung sie zu einem Manne nehmen sollen, wie Johannes der Täufer einer war, sind unfähig, das Volk zu leiten. Sie wollen sich selbst nicht leiten lassen. Wir können andere nur leiten, soweit wir selbst von Gott geleitet sind. Und wenn uns andere nur um unser selbst willen folgen, so sind sie und so sind wir nicht auf heiliger Spur. Jeder prüfe am Worte Gottes, was von oben und was von unten ist. Einem Menschen, der sich unter die Schrift beugt, gibt Gott seinen Heiligen Geist, und dieser Geist lehrt scheiden zwischen oben und unten, zwischen göttlichem und menschlichem Einfluß. Vers 27: „Und sie antworteten Jesu und sprachen: Wir wissen es nicht. Da sprach er zu ihnen: So sage ich euch auch nicht, aus was für Macht ich das tue." Unlautere Leiter, die der Wahrheit nicht auf die Spur kommen wollen, finden kein Gehör und keine Antwort beim Herrn. „Wenn ihr das nicht wißt, so bin ich euch auch keine Rechenschaft schuldig," sagt er gewissermaßen. Und nun richtet der Herr die Waffen gegen sie selbst — er kehrt den Stiel um, wie man so sagt. Er wird jetzt Richter. Sie können ihm nicht Rede und Antwort stehen, so läßt er sie stehen und zieht sie zur Rechenschaft, anstatt sich von ihnen zur Rechenschaft ziehen zu lasten. Vers 28: „Was dünket euch?", fragt er sie. „Ein Mensch hat zwei Söhne. ." Welcher von diesen beiden hat den Willen des Vaters getan? Sie sprachen: der erste. Jesus sprach zu ihnen: „Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Huren mögen wohl eher ins Himmelreich kommen als ihr." Das war eine furchtbare Anklage. Sie werden in ihrer Unlauterkeit zu schänden. Der Herr richtet sie. Vers 32: „Johannes kam zu euch und lehrte euch den rechten Weg . . . Und ob ihr's wohl sahet, tatet ihr dennoch nicht Buße, daß ihr ihm darnach auch geglaubt hattet." Johannes ist zu euch gekommen auf dem Wege der Gerechtigkeit, und der Weg der Gerechtigkeit wäre Buße gewesen. Wer Buße tut, kann nachher an den Herrn Jesus glauben. Ihr habt euch nicht unter die Predigt Johannes des Täufers gestellt, weil er die Buße predigte; darum konnte der Geist Gottes euch nicht von Gerechtigkeit überzeugen. Der Herr Jesus rettet Sünder, aber nicht Selbstgerechte, die nicht Buße tun können. Die Zöllner aber, mit denen ihr keinen Verkehr wollt, haben sich strafen lasten — darum werden sie die ersten sein, ihr aber werdet die letzten sein. Ach, wären sie nur wenigstens die letzten gewesen. „Und ob ihr es wohl sahet, tatet ihr doch nicht Buße" — es reute euch nicht, daß ihr dem Bußprediger nicht gefolgt seid. In seiner großen Geduld und Barmherzigkeit auch für Selbstgerechte tut der Herr dann, was er irgend kann, um ihnen die Augen zu öffnen und gibt ihnen Vers 33—46 noch ein anderes Gleichnis. „Es war ein Hausvater, der pflanzte einen Weinberg ... den dritten steinigten sie." Das alles ist eine Zusammenfassung davon, wie Israel mit den Propheten umgegangen ist, die Gott ihm im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte gesandt hat — alle die Propheten, die dem Herrn Jesus den Weg bereiten sollten. Der Hausvater war unermüdlich in seinem Erbarmen, sandte immer wieder andere Knechte — zuletzt in der Fülle der Zeiten sandte er seinen Sohn zu ihnen und sprach: „Sie werden sich vor meinem Sohne scheuen." Vers 38: „Da aber die Weingärtner den Sohn sahen, sprachen sie unter einander: Das ist der Erbe; kommt, laßt uns ihn töten und sein Erbgut an uns bringen." Ach, welche Berechnung! Und wie verrechnet man sich, wenn man eigenmächtig an sich reißen will, was einem nicht gebührt und dann etwas zu seiner Selbstrechtfertigung einfädelt! „Und sie nahmen ihn und stießen ihn zum Weinberg hinaus und töteten ihn." Der Herr hat außerhalb Jerusalems gelitten zwischen zwei Mördern. Der Lebensfürst wurde hinausgsstoßen und getötet — aber das ist nicht Gottes letztes Wort. Vers 40: „Wenn nun der Herr des Weinbergs kommen wird, was wird er diesen Weingärtnern tun?" Und er wird kommen. „Sie sprachen zu ihm: Er wird die Bösewichter umbringen und seinen Weinberg anderen Weingärtnern austun, die ihm die Früchte zu rechter Zeit geben." Israel hat seinen Erlöser nicht erkannt, sondern» hat ihn ans Kreuz geschlagen, und dann hat der Herr Jesus seine Diener hinausgesandt in alle Welt — nicht nur zu Israel. Durch sein Hinausgeworfenwerden hat er der Verkündigung des Evangeliums in der Heidenwelt Bahn gemacht. „Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel," hat er zu dem kanaanäischen Weiblein gesagt, aber sie hat ihn überwunden. „Es ist nicht gut, daß man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde," fügte er hinzu, und darauf antwortete sie: „Ja, Herr, aber doch essen die Hündlein von den Brosamlein . . Je tiefer wir hinuntersteigen, um so mehr gewinnt die Gnade Raum. Vers 41: Sie waren verstockt, halten noch gar keinen Merks, daß sie die Übeltäter waren. Vers 42: Der Eckstein ist der Herr Jesus — die Bauleute sind die Pharisäer, die Jesum nicht zum Eckstein werden lassen wollten.