Martha aber machte sich viel zu schaffen, Ihm zu dienen.
Martha dagegen muss arbeiten; ihre Seligkeit ist, zu wirken und zu schaffen. Freilich arbeitet sie für Jesus, ermüdet sich für Ihn, reicht für Ihn alles dar, was sie hat, Kraft und Zeit. Aber während sie sich von ihrer Arbeit hinreissen lässt, vergisst sie die Warnung des Meisters: „Freuet euch nicht darüber, dass euch die Geister untertan sind. Freuet euch vielmehr darüber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind“ (Lk 10,20). - Über den Werken, die sie für den Herrn tut, verliert sie Seine Person aus den Augen, entfernt sich von der Quelle des Lebens, und wenn sie nicht beizeiten innehält, so läuft sie Gefahr, in der Ewigkeit anzulangen mit einem Leben hinter sich, in dem sie unermüdlich von Ihm gesprochen und alles für Ihn geopfert hat und nun doch nur gerettet ist wie durchs Feuer, nackt, ohne dass ihre Werke ihr nachgefolgt wären (1Kor 3,15; Off 14,13). Aller Marthadienst ist im Grund Gesetzeswerk; es sind Werke, mit denen man Gott zu gefallen gedenkt, durch die aber „kein Fleisch gerecht wird.“ Nicht dem Herrn, sondern sich selber zu gefallen, ist schliesslich alles, was man damit erreicht; anstatt sich wirklich herzugeben und zu Opfern, wie man gern glauben möchte, sucht man sich selbst, und es findet die eigene Gerechtigkeit ihre Rechnung.
Marthadienst kann ein Herz nimmermehr stillen. Man tut ihn mit Mietlingssinn, mit einem scheelen und eifersüchtigen Auge, unzufrieden murrend, dass Maria nichts tut. Maria wird schon auch arbeiten (sei ganz unbesorgt, Martha), aber erst muss sie „zu den Füssen Jesu“ die Kapitallektion lernen, dass sie „eine unbrauchbare Magd“ ist, eine Magd, die ihrem Herrn nichts weniger als unentbehrlich ist. Sie wird auch arbeiten, aber sie ist zu demütig, um sich vorzudrängen. Wenn dann einmal ihr Meister sie einer Aufgabe würdigt, so wird sie dieselbe um so freudiger und bereitwilliger vollbringen, Ihn preisend für die Gnade, dass sie etwas für Ihn tun darf.
Marthas inneres Glück ist an die Arbeit gebunden; es steigt und fällt mit dem wechselnden Erfolg, dem alle menschliche Arbeit unterworfen ist. Erst ist sie voll Freudigkeit und Eifer, aber bald lässt sie nach; es war Aufregung und Fieber dabei, und da kann Abspannung nicht ausbleiben. Wenn Hindernisse kommen, wird sie irre und verliert den Mut, sie lässt die Hände sinken.
Einst trieb mich ein endloses Planen,
Jetzt leb’ ich durch gläubig Gebet;
Einst seufzte ich, müde von Sorgen,
Nun sorgt Er, und alles besteht.
Einst stand ich in eigenem Wirken,
Nun wirkt Er, und ruhen darf ich;
Einst wollt’ ich für mich Ihn gebrauchen,
Und nun - gebrauchet Er mich!