Schriften von Otto Stockmayer
Mt 15,31; 16,1-12 - „Bleib bei uns, Herr Jesu, so hats nicht Rot, du bist das rechte Lebensbrot."Mt 15,31; 16,1-12 - „Bleib bei uns, Herr Jesu, so hats nicht Rot, du bist das rechte Lebensbrot."
Das Volk hatte sich längere Zeit beim Herrn aufgehalten. Massenweise hatte man ihm Lahme, Stumme, Blinde und Krüppel gebracht und sie ihm zu Füßen geworfen. Und er heilte sie alle, und das Volk pries den Gott Israels. Nun denkt der Herr aber auch an die leiblichen Bedürfnisse der großen Volksmenge. Es jammerte ihn derselben. „Drei Tage", sagt er, „haben sie nun bei mir verharrt und nichts gegessen." Wohl uns, wenn wir vor allem trachten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit — darnach, daß wir es unserem Gott recht machen — „so wird uns alles andere zufallen", alles andere nämlich, was uns so sehr beschäftigt: „Was werden wir essen, was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden?" — alles, was uns so sehr hinnimmt, wenn Schwierigkeiten vor uns liegen, für die wir keinen Ausweg sehen. O, wie herrlich ist es da, zu wissen, wir dürfen alles dem Herrn anheimstellen. Er wird für uns sorgen. Wenn wir suchen und sorgen, es ihm recht zu machen, dann sind wir versorgt. Der Herr legt die Bedürfnisse der Menge fragend vor seine Jünger, indem er zu ihnen sagt: „Drei Tage haben sie nun bei mir verharrt und nichts gegessen." Seine Jünger sprechen zu ihm, horizontal blickend anstatt vertikal: „Ja, da ist guter Rat teuer. Woher sollen wir Brot nehmen in der Wüste, wo weit und breit kein Brot zu haben ist?" Das sagen sie dem Herrn, der für alle sorgt. „Und Jesus sprach zu ihnen: Wie viel Brote habt ihr? Sie sprachen: Sieben und ein wenig Fischlein." Was ist das unter so viele? O, achten wir doch nie des Erwähnens unwert, was der Herr auf unseren Weg legt für unsere Bedürfnisse! Nehmen wir dankbar an, was da ist, so wird der Herr es segnen, und von seinem Segen hängt alles ab. Sagen wir im Blick auf ihn: „Herr, öffne uns jetzt einen Weg, wo wir nicht durchsehen." Der Herr erhob den Blick zu seinem Vater — er blickt aufwärts. Vers 36: „Er nahm die sieben Brote und die zwei Fische, dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk." Wenn wir danken für das, was da ist, dann wird es fruchtbar, dann wird es gesegnet. Was durch die Hand des Herrn geht, das ist und bleibt gesegnet über alle Berechnungen. Ohne Zweifel liegt auf unserem Leben mehr Segen, als wir wissen und erkannt haben. Überall hat der Herr Rat, Kraft, Hilfe, auch bei jedem Scheideweg, aber wir müssen es machen wie unser Heiland. Er schaut aufwärts. Er brachte die sieben Brote zum Vater, breitete sie vor dem Vater aus, anstatt zu sagen: „Was soll das unter so viele?" Er dankte, gab es seinen Jüngern, und unter der Hand der Jünger vermehrte es sich. Sie aßen alle — nicht spärlich, ängstlich — nein — „sie aßen alle und wurden satt", und nachher war mehr da als vorher. Das Brot mehrte sich unter ihren Händen, und sie füllten sieben Körbe mit den Brocken. Und doch weiß man gar nicht, was für eine große Schar gegessen hatte — 4000 Männer, aber wer weiß, wieviele Frauen und Kinder außerdem? Das kommt gar nicht in Betracht, wieviele gesättigt werden mußten. Es war ein wunderbares Eingreifen des himmlischen Vaters. Nachdem Jesus das Volk verlassen hatte, zieht er sich in die Stille zurück. Er hat sich gerne in die Stille zurückgezogen nach all dem Großen, was er getan hatte. Wenn der Herr uns einmal gebraucht hat, wollen auch wir uns in die Stille zurückziehen, damit uns doch ja nicht in den Kopf steige, was wir tun durft ten, wäre es auch nur eine kleine Handreichung da oder dort. — Und nun Kapitel 16, zunächst 1—4. Vers 1: „Da traten die Pharisäer und Sadducäer zu ihm, versuchten ihn und forderten, daß er sie ein Zeichen vom Himmel sehen ließe." Während der Herr auf Erden so Wunderbares tat, wollen sie ein Zeichen vom Himmel, irgend eine himmlische Erscheinung. „Er aber antwortete und sagte zu ihnen: Des Abends sprecht ihr: es wird ein schöner Tag werden, denn der Himmel ist rot, und des Morgens sprecht ihr: Es wird heute Ungewitter sein, denn der Himmel ist rot und trübe. Ihr Heuchler . . Er nennt sie Heuchler. Sie waren Lehrer des Volkes, und die wunderbaren Zeichen der Zeit — dieser herrlichen Zeit, die mit Jesus angebrochen war — das Wunderbare, was er tagtäglich tat, daran gingen sie vorüber, und damit ließen sie die Zeit der Heimsuchung vorübergehen. Es ist hier nur von den Pharisäern im allgemeinen die Rede — daß es Ausnahmen gab, das wissen wir. Denken wir nur an einen Nikodemus. Der Herr hat zu allen Zeiten seine Leute, und die erzieht er inmitten aller Wehen der Jetztzeit und durch alle Wohltaten und Treue seiner Fürsorge. „Das böse und ehebrecherische Geschlecht suchet ein Zeichen, und es wird ihm kein Zeichen gegeben werden als das Zeichen des Propheten Jonas." Warum ein ehebrecherisches Geschlecht? Der Herr hatte sich mit Israel vermählt. Israel sollte als sein EigentumSvolk das Heil in die Völkerwelt hinaustragen — und diese Aufgabe wartet seiner noch immer. Anstatt aber nun ein Zeuge der Herrlichkeit Gottes zu sein, anstatt seine Offenbarung hinauszutragen in eine kalte, tote Welt — anstatt besten treibt Israel Ehebruch. Es geht den Götzen nach — es verleugnet seine Berufung, wird ein Anstoß für die Völker. Ihm wird daher kein Zeichen gegeben werden, denn das Zeichen des Propheten Jonas. „Und er verließ sie", nachdem er ihnen das gesagt hatte. Der Herr repetiert nicht immer nur die gleichen Lektionen an den gleichen Leuten. Er zieht sich zurück, nachdem er das eine und andere vor uns niedergelegt hat. Er kann schweigen und warten, kann aber auch einmal Krankheit und große Not heraufführen im Leben derer, denen sein Wort aufgeschlossen ist, und dieses Wort hat keine Frucht getragen. Dann kommt die Heimsuchung. Das ist ein neues Kapitel im Menschenleben. Vers 5—12. „Und da seine Jünger waren hinübergefahren, hatten sie vergessen, Brot mit sich zu nehmen . . Wer über diesen Abschnitt nachdenken will, der kommt bald zur Klarheit, daß der Herr für unser tägliches Brot sorgt und nicht will, daß wir die Sorge dafür in die eigene Hand nehmen. „Gib uns heute unser tägliches Brot", beten wir im Vaterunser. Das tägliche Brot ist immer eine Gabe. „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen", heißt es im Worte Gottes. Aber das Essen steht darum doch nicht im Verhältnis zu der Arbeit — da kann Krankheit und unverschuldete Hungersnot kommen — aber was auch kommen mag, wir dürfen ruhig sein — der Herr hat Brot auch in der Wüste, und die beiden wunderbaren Brotvermehrungen sind also nur ein Unterpfand dafür, daß der Herr jederzeit, wo wir Mangel haben, einzutreten bereit ist, und wo wir den Mangel selbst verschuldet haben, nur wartet, bis wir Buße tun, uns beugen, und zum Herrn zurückkehren, um uns dann auch im Äußeren wieder zu Hilfe zu kommen — oft in ganz natürlicher und einfacher Weise — aber jedenfalls bleibt es dabei: „Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch alles andere zufallen." Ehren wir unseren himmlischen Vater in allen Zeiten und Verhältnissen! Er ist nie verlegen, uns zu erretten, uns zu segnen, uns durchzubringen da, wo wir kein Durchkommen mehr sehen — aber wandeln wir auch dann in der Wahrheit und lasten wir uns nicht hin und her leiten von blinden Blindenleitern! Der Herr Jesus ist bereit, uns in seine Schule und Nachfolge zu nehmen — jedes einzelne von uns — unser Tagewerk, unseren Dienst — kurz alles — und dann sorgt er für uns.