Und vergib uns unsre Schulden, wie wir unsern Schuldigern vergeben.
Der Herr geht in dem, was Er den damaligen Juden und auch Seinen Jüngern sagt, über den Rahmen ihrer Zeit hinaus. Er fordert Dinge von ihnen, zu denen sie gar nicht fähig sind, ehe der Heilige Geist auf sie herabgekommen ist. Das Evangelium enthält eben Weissagungen, sonst wäre es nicht Evangelium, sondern Gesetz. Der Herr Jesus geht immer weiter als der Alte Bund, und das wäre zermalmend, wenn Er nicht von dem ausginge, der da ist die Erfüllung des Alten und des Neuen Bundes, in dem auch das Unmögliche möglich ist, und das gerade in Bezug auf diejenigen Dinge, in denen wir trotz redlichsten Abmühens zuschanden geworden sind. Dazu hast du ja gerade einen Heiland, dass du als ein Wurm zu. Seinen Füssen abdankst und alles von Ihm erwartest, der dir Macht und Ausrüstung gibt, zu überwinden, wo du, vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet, zu kurz kommen müsstest. Dazu hast du ja eben einen Heiland, dass Er dir durch Seinen Geist Wollen und Vollbringen schenke zu Seiner Verherrlichung, damit du endlich das Vaterunser beten und nicht immer nur „mein“, sondern „Dein“ sagen lernst. Das bringt das Gesetz nicht fertig - dazu muss Christus kommen, damit durch Seinen Geist, nachdem Er Bahn gebrochen hat, das Gesetz auch in uns und durch uns erfüllt werde.
O der Herrlichkeit des Evangeliums, tief wie Meerestiefen, Welt ohne Ende, heimatliche Luft für einen gefallenen Sünder, der fast erstickt ist in der schwülen Atmosphäre seines eigenen Jagens noch Gerechtigkeit und Heiligkeit - Horizont, der sich weiter und immer weiter ausdehnt, je tiefer der Mensch den Blick hineintaucht! Dass wir das Ziel erreichen, dafür haben wir die Garantie im Blut Christi, das die Sünde ganz und vollkommen tilgt, damit der Geist Gottes ganz und vollkommen Raum bekomme.
Warum wird es vielen so schwer, andern ganz zu vergeben? Warum stecken sie immer wieder armselige Grenzen? Erstens ahnen sie gar nicht, wie gross ihre Schuld Gott gegenüber ist, fallen dann aber über ihren Bruder her und würgen ihn. Erkennt man einmal die eigene Schuld und die Tiefe seines eigenen Falles Gott gegenüber, so hat man nicht solche Mühe, dem Bruder zu vergeben. Zweitens verstehen sie noch nicht die tiefe Bedeutung jenes Wortes: Denen, die Gott lieben, dienen alle Dinge zusammen zum Besten - zur Ausreifung in die Herrlichkeit, zur Umgestaltung in Christi Bild. Zuweilen benutzt Gott gerade die Unart des Bruders oder der Schwester, um uns die eigene Unart aufzudecken.