Otto Stockmayer
Schriften von Otto Stockmayer
Mt 8,14-17 Jes 53 Jak 5,15-16 - „Ich danke dir, du goldner Mund daß du mich machst gesund“Mt 8,14-17 Jes 53 Jak 5,15-16 - „Ich danke dir, du goldner Mund daß du mich machst gesund“
Das 53. Kapitel des Jesajas hat ja seine besondere Bedeutung im Alten Testament. Es ist eine Weissagung auf das Leben und Sterben des Herrn, auf seinen Lammesweg, wie kein anderes Kapitel im alten Bunde. Es kann auch keinen Augenblick in Frage kommen, daß dieses Kapitel für uns Kinder des neuen Bundes seine ganze und volle Bedeutung hat. Da finden wir nun unter anderem das Wort: „Durch seine Wunden ward uns Heil." Daß das sich in erster Linie und in seiner tiefsten Bedeutung auf alle geistlichen Krankheiten bezieht, ist gewiß, aber ebenso gewiß ist es, daß leibliche Krankheiten hier eingeschlossen sind. Er hat sie getragen, weggenommen. Das ist ja in Matthäus 8 ausdrücklich gesagt. Wenn der Herr alle Krankheiten heilte, so geschah es, auf daß dieses Wort in Jesajas 53 erfüllt würde: „Er hat unsere Krankheiten getragen", hinweggetragen. Die Krankheit spielt eine große Rolle im Leben; der Herr gebraucht sie als Erziehungsmittel für uns, und wir können nicht ohne weiteres Krankheiten hinwegbeten wollen. Zuerst sollen wir erkennen, was der Herr uns mit dieser und jener Krankheit sagen will. Ob sie auch noch so lange währt, wir beugen uns unter seine Hand und vertrauen ihm, unserem Herrn. Wenn nun in Jakobus 5 der Kranke an die Ältesten gewiesen wird, so hat das seinen guten Grund. Die Ältesten sind die Männer, die mit der Leitung der Gemeinde betraut sind, die den Einzelnen kennen und mit denen die Gemeindeglieder in der Regel vertraut sind. Die Ältesten haben ja nicht nur Versammlungen zu halten, sondern Seelenpflege zu üben. Darum heißt es auch: „Und so der Kranke hat Sünden getan, so sollen sie ihm vergeben werden. Bekennet einer dem anderen eure Sünden ... das Gebet des Gerechten vermag viel, so eS ernstlich ist." Wenn jemand seine Sünde bekennt, so kann ihm geholfen werden, und wenn da beim Sündenbekenntnis vor allem auf die Ältesten hingewiesen ist, so ist der einfache Grund der, daß der Älteste vertraut ist mit dem Charakter und dem Leben der Gemeindeglieder, vorausgesetzt, es sind Älteste, die nicht nur den Namen tragen, sondern die wirklich Seelenpflege treiben und sich dieselbe angelegen sein lasten. Unter den Ältesten sind solche, die am Worte dienen, aber es brauchen das nicht notwendigerweise alle zu tun. Ein Glaubensgebet kann nur für einen Kranken zu Gott emporsteigen, der sich innerlich hat zurechtbringen lasten. Wenn ein Arzt zu einem Kranken gerufen wird, so untersucht er ihn vor allen Dingen, um sich Rechenschaft zu geben, wo das Übel sitzt. So müssen auch Älteste in erster Linie wissen, was der Herr bei diesem oder jenem Gemeindeglied mit der Krankheit erreichen wollte, erwartete, suchte. Der Kranke braucht ja nicht immer besondere Sünden begangen zu haben. Das Leiden kann ihm als Prüfung von Gott auferlegt worden sein,aber jedenfalls soll für ihn eingestanden werden. „Das Gebet eines Gerechten", das sind dann nicht nur Älteste, sondern überhaupt Gerechte. Wer sind diese Gerechten? Es sind keine Selbstgerechten — wohl aber solche, die ein gutes Gewissen haben vor Gott und Menschen — solche, die recht vor Gott stehen, und die einen freien Zugang haben zum Gnadenthron. Es sind Leute, die vielleicht schon lange darunter gelitten haben, daß dieses oder jenes Gemeindeglied sich in so traurigem Zustand befindet, ohne dem Betreffenden beikommen zu können. Es muß eben alles zuerst reifen. „Hier ist Geduld und Glaube der Heiligen." In der Liebe — nicht als Richter — stehen die Ältesten den Gemeindegliedern gegenüber, als Diener Gottes, um ihnen Handreichung zu Lun. Diese Handreichung der Ältesten findet dann überhaupt in der Gemeinde Vertreter, und sucht sie innerhalb der Gemeinde. „Meine Brüder.... und es bekenne einer dem andern seine Sünden." Es beschränkt sich das auch nicht auf die Gemeindeglieder, sondern auf alle, die irren, die nicht mehr in der Wahrheit wandeln. Vers 19 in Jakobus 5: „Lieben Brüder, so jemand unter euch irren würde von der Wahrheit und jemand bekehrte ihn, der soll wissen, daß, wer den Sünder bekehrt hat von dem Irrtum seines Weges, der hat einer Seele vom Tode geholfen, und wird bedecken die Menge der Sünden." Im Vordergrund von Jesajas 53 steht das Lamm. Wie in keinem andern Kapitel sehen wir in diesem Kapitel eine eingehende Weissagung auf die Leiden unseres Herrn und Heilandes. Hat ihn doch schon sein Vorläufer, Johannes der Täufer, der ihm Bahn zu brechen hatte, eingeführt als das Lamm Gottes, das der Welt Sünde zu tragen hat — auf das wir also unsere Sünden legen dürfen, damit er sie hinwegtrage und uns davon löse, indem er sie auf sich nimmt. Es sollen sich die gleichen Sünden nicht fortwährend wiederholen. Das Evangelium von der Macht des Blutes des Lammes zielt auf Heilung der Wunden. „Durch seine Wunden sind wir geheilt", heißt es in Jesajas 53. Und wenn wir durch die Wunden des Lammes geheilt worden sind, so denken wir auch an Vers 10: „Jehova gefiel es, ihn zu zerschlagen mit Krankheit — er hat ihn leiden lassen. Wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben haben wird, so wird er Samen haben und in die Länge leben, und sein Vornehmen wird durch seine Hand fortgehen." Da beklagt man sich nie mehr über das Unrecht, das einem seitens anderer zugefügt worden ist — da beklagt man sich nie mehr darüber, was man da zu leiden hat. Gefiel es Gott, das Lamm zu zerschlagen mit Krankheit, so wird es ihm auch gefallen, da und dort seinen Samen zu zerschlagen. „Er wird Samen haben und in die Länge leben, und sein Vornehmen wird durch seine Hand fortgehen." Beklagen wir uns also nie mehr über irgend etwas, was uns zustößt — und ist es aus Menschenhand, so lasten wir uns den Blick dadurch nicht verdunkeln. Wir haben es mit unserem Gott zu tun. Es kann kein Mensch einen Tropfen Wermut in unseren Becher träufeln, der nicht nötig wäre für unsere sittliche Ausbildung. Vergessen wir nicht, daß in der Offenbarung Johannes das Lamm Gottes als Löwe dargestellt ist. Der Löwe ist der Repräsentant der Macht. In der Lammesnatur, der Lammesstille, im tragenden Lamm offenbart sich die größte Kraft, die es in Ler sittlichen Welt gibt, und wir finden darin das, was uns am sichersten für die Herrlichkeit ausreift. Niemand kann auf die Dauer aus eigener Kraft Ungerechtigkeit, Zurücksetzung und dergl. geduldig über sich ergehen lassen. Dazu bedarf es göttlicher Lebenskraft — um — nicht mit zusammengepreßten Lippen und übereinander gebissenen Zähnen — schweigen zu können — sondern um in tiefer innerer Stille seine Seele zu befehlen dem treuen Schöpfer im Gutestun, auszureifen in guten Werken. Um für unsere Feinde beten und das Böse mit Gutestun überwinden zu können, müssen wir den Lammessinn und die Liebe Jesu haben. Der, der uns unsere Sünden vergibt, gibt uns Lammesnatur und Tragkraft zum Leiden, die er abmißt nach Zeit und Intensität der Stärke und Dauer der Leiden, denn auch kleine Leiden können auf die Dauer sehr peinlich und schwächend werden, wenn der Herr nicht alles in die Hand nimmt, und wenn er uns nicht immer wieder die Tragkraft erneuert. Ist man durch solche Erfahrungen gegangen, so hat man auch Geduld mit anderen. „Betet für einander.... daß ihr körperlich und innerlich geheilt werdet — gelöst von aller Bitterkeit, gereinigt von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes und verklärt in das Bild des Lammes auf den Tag seiner Zukunft — daß wir vollendet, umgestaltet, und schließlich dem Lamme gleichgemacht werden.