Otto Stockmayer
Schriften von Otto Stockmayer
Mt 21 - Siehe, dein König kommt zu dir!Mt 21 - Siehe, dein König kommt zu dir!
Je näher der Herr dem Ziel seiner Menschwerdung, der Kreuzigung, kam, desto mehr öffnete sich ihm nicht nur der Weg, sondern es wurde alles in seinen Dienst gestellt. Alles muß ihm dienen ohne Widerrede. Er verfügt. Und sobald wir ihm nach den Weg des Gehorsams gehen, muß auch uns alles dienen. Es gibt Konflikte, Schwierigkeiten, Kämpfe, wo jemand seinen eigenen Willen durchsetzen will — es kreuzt sich da leicht ein Wille mit dem andern, aber wenn alles sich in den Dienst des Herrn stellt, kommt Einheitlichkeit in alles. Da muß sich alles fügen, wie sich in einer Heeresleitung von oben herab eins ins andere fügen muß. Vers 3 sagt Jesus zu seinen Jüngern, die er aussandte: „So euch jemand wird sagen: „Was wollt ihr mit der Eselin?" so sprechet: „Der Herr bedarf ihrer", sobald wird man sie euch lassen." Vers 4: „Das geschah aber alles, auf daß erfüllt würde. . . Und sie taten, wie ihnen befohlen war." Darauf kommt alles an in einer Haushaltung, in einem Königreich, in einer Armeeleitung, im Kleinen und im Großen, in irdischen und in ewigen Dingen. Jeder muß da tun, was ihm befohlen ist und zwar ohne Seitenblick auf das, was der andere tut. Wir haben es alle mit dem Herrn zu tun, auch da, wo wir menschlicher Obrigkeit untergeordnet sind. Sobald nichts von uns gefordert wird, was gegen Gottes Willen ist, haben wir zu gehorchen. Der Herr braucht Jünger und Jüngerinnen, die hingehen und tun, was ihnen besohlen ist. Auf dem Wege des Gehorsams hebt sich eine Schwierigkeit nach der andern, und zwar meist in wunderbarer Weise. Sollte sich irgend ein Einwand erheben, und man kann sagen: „Der Herr bedarf seiner — damit Punktum," so ist die Sache erledigt. Wer will uns aufhalten, zu tun, was der Herr uns heißt? Ist er nicht der Herr und hat er nicht in allem die oberste Leitung? Und wenn Menschen uns Schwierigkeiten machen, können wir ihn dann nicht bitten: „Herr, hebe die betreffenden Schwierigkeiten!?" Die Haushaltung unseres Gottes ist eine wunderbare Haushaltung, und wunderbar ist auch, daß man so auf einander angewiesen ist. „Wartet auf einander," heißt eS. Da gilt es oft warten, bis der andere zur Stelle ist. Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte. Da brachten sie die Eselin und das Füllen und legten ihre Kleider darauf." Und nun kommt die ganze Stadt in Bewegung. Er wird eingeführt in dem gleichen Jerusalem, in dem die Pharisäer und Schriftgelehrten regierten. Sie waren ohnmächtig und mußten sehen, wie der Herr als Herr der Heerscharen in Jerusalem einzog unter dem Zuruf des Volkes: „Hosianna dem Sohne Davids." Was bedeutet der Rus „Hosianna?" Er bedeutet: „Hilf doch!" oder: „Gib doch Heil!" In der Hilfe liegt Heil, und er ist der eine, der Hilfe und Heil für alle hat — nur müssen wir ihn einziehen lassen als König und ihm alles zur Verfügung stellen. Jetzt schon dürfen wir ihm dienen, und wer will uns hindern, ihm zu dienen, wenn wir es wirklich wollen? „Gelobet sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!" Von der Höhe herab wird regiert, und in die Höhe, zum Gnadenthron hinauf dringt der Lobgesang deö Volkes. Da kam die ganze Stadt in Bewegung, und die Leute fragten: „Wer ist der?" Vers 11: „Das Volk aber sprach: Das ist der Prophet Jesus aus Nazareth in Galiläa," und mehr als ein Prophet. Vers 12: „Und Jesus ging zum Tempel Gottes hinein ..." Da war er daheim. Das war sein Haus, das Haus seines Vaters und darum sein Haus — und da trat er auf als der Sohn des Vaters, der über allen Knechten und Mägden steht, und der in letzter Instanz, im Namen seines Vaters rücksichtslos über alles verfügt; — wo sich rücksichtslos aller mögliche Unfug eingebürgert und niedergelassen hat — im Hause Gottes, da geht Jesus auch rücksichtslos vor. Allen diesen irdischen Geschäften, die nicht in den Tempel gehören, macht er ein Ende. „Er trieb hinaus alle Verkäufer und Käufer im Tempel und stieß um der Wechsler Tische," so daß das Geld im Tempel herumrollte — „und die Stühle der Taubenkrämer . ." Er nimmt Rücksicht auf die Tauben, aber nicht auf deren Eigentümer. Vers iz: Und er sprach zu ihnen: „Mein Haus soll ein Bethaus heißen" — ein Haus, wo man Gott sucht und findet, das Gott geweiht ist und wo Gott sich offenbart — „ihr aber habt ein Kaufhaus daraus gemacht"—und damit eine Mördergrube. Wenn man einmal im Hause Gottes seine eigenen Geschäfte treibt, kommt man leicht in Konflikt mit anderen, die das auch tun — und wer seinen Bruder haßt, weil er mehr verkauft, als einem selbst gelingt, der ist ein Mörder — da finden lauter böse Dinge statt, die die Welt vergiften und sie zur Hölle machen. Und nun schlägt der Herr im Tempel seinen eigenen Haushalt auf und treibt daselbst seine eigenen, seines Vaters Geschäfte, wozu er in die Welt gekommen war — zu heilen Blinde und Lahme — alle, die zu ihm kamen, um sich von ihm heilen zu lassen. O, welche Freude zog da ein in die Familien in Jerusalem, wenn alle diese Lahmen, Blinden und Krüppel nun geheilt zurückkamen und ihre Krücken und Begleiter nicht mehr brauchten, sondern auf eigenen Füßen und ohne Handleitung heimkehren konnten! Da herrschte allgemeine Freude, während bei den Hohenpriestern und Schriftgelehrten Entrüstung war. Sie wurden ja dadurch in den Schatten gestellt. Sie sahen mit eigenen Augen die Wunder, die Jesus tat, und hörten mit eigenen Ohren die Kinder schreien: „Hosianna dem Sohne Davids . . ." Das alles war nicht von ihnen angeordnet und stellte sie in den Hintergrund. „Hört ihr, was sie sagen?" Ja, hört ihr nicht, was Gottes Wort euch sagen will durch alles, was vorgeht? Ja, Gott hat den Lobgesang angenommen, während die Führer des Volkes nicht heruntersteigen wollten — die Zügel sielen ihnen aus den Händen. Jesus aber sprach: Ja, ich habe es gehört — aber habt denn ihr nicht gehört: „Aus dem Munde der Unmündigen und Kindlein hat Gott sich eine Macht zugerichtet?" Damit ließ er sie stehen und ging heim, soweit man bei unserem Heiland überhaupt von einem Heim reden kann. Bei den Schwestern in Bethanien und bei Lazarus war er daheim. Dort war Lebenslust für ihn — dort kannte man ihn und diente ihm gern. Dort hatte er Ruhe. Er, der keine Stätte hatte, wohin er sein Haupt legen konnte, hatte dort einen Ort, wo er Heimatlust fand. So gibt uns der Herr auch immer wieder Zufluchtsstätten in heißer Zeit. Er denkt an seine Kinder und läßt niemand über Vermögen versucht werden. Immer sendet er ihnen Zufuhr von Heimatlust mitten hinein in den Kampf des Lebens. Er geht zur Stadt hinaus nach Bethanien — aber in aller Frühe, als vielleicht die Schwestern noch schliefen, kehrt er in die Stadt zurück auf den Kampfplatz, wo die Pharisäer und Schriftgelehrten noch ihre Autorität behaupteten. „Da hungert ihn." Er war allen Bedürfnissen eines Menschenlebens und Menschenleibes unterworfen, da er als der Menschensohn auf Erden wandelte. Da findet er endlich einen einzigen Feigenbaum, aber als er näher tritt, findet er nichts als Blätter auf demselben. Der Feigenbaum hat die berechtigte Hoffnung, daß auch Früchte bei ihm zu finden sein müßten, nicht erfüllt. Er hatte Blätter, aber keine Früchte. „Da sprach Jesus zu ihm: Nun komme von dir keine Frucht mehr in Ewigkeit," und auf der Stelle verdorrte der Feigenbaum. Von dem Augenblick an, wo der Herr uns seinen Geist entziehen würde, würde unser Geist verdorren — auf der Stelle. Unser Leben kommt von ihm. „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben." Losgetrennt von ihm würde unser Geistesleben sofort zu Grunde gehen, verdorren. Wir haben es nur durch die Verbindung mit ihm, dem Lebendigen. „Als die Jünger es sahen, fragten sie: Wie ist der Feigenbaum so bald verdorrt?" Jesus antwortete und sprach zu ihnen: „Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben hättet . . ." Unbegrenzt ist, was der Herr dem Glauben zumißt — nur dürfen wir nie vergessen, daß der wahre Glaube in der Verbindung mit Gott beruht und aus Gott schöpft — nicht aus dem Eigenen. Der Glaube hat es direkt mit Gott zu tun und wird auch trotz aller Hindernisse, die uns entgegentreten, nie überwunden, wo er mit Gott in Einklang ist, — wo er sich stützen kann auf ein Wort Gottes, auf Gottes Anweisung, auf den Dienst Gottes — nicht, weil wir es leicht haben oder Wunder tun wollen. Wieviele Wunder geschehen ganz im Verborgenen! Der Herr gibt Heiliges nicht der Welt preis. „Unser Leben ist verborgen mit Christo in Gott." Es reifen da Früchte, die auch die Welt sieht, aber das Beste und Heiligste spielt sich im Verborgenen ab — in den verborgenen Beziehungen eines Gotteskindes mit seinem himmlischen Vater. „Wenn ihr zu diesem Berge sprächet . . ." und alles, was ihr gläubig bittet — das heißt — in Einklang mit Gott. Gläubig ist nur, was in Einklang mit Gott ist. Der Glaube ist eine Hingabe an Gott, ein Ruhen in Gott, ein Eintreten in die Linien des Gehorsams. Und da kommen dann die Schwierigkeiten, die der Feind in den Weg legt und die Gott als Prüfungen auf dem Wege läßt, damit unser Glaube sich übe und wir dann unterscheiden zwischen dem, wo der Feind uns aushalten will und dem, wo Gott uns in den Weg tritt und uns zeigt, daß wir warten müssen, bis Gottes Stunde gekommen ist.