Otto Stockmayer
Schriften von Otto Stockmayer
Mt 6,19-34 - Unser täglich Brot gib uns heuteMt 6,19-34 - Unser täglich Brot gib uns heute
Wir gedenken nochmals der vierten Bitte (Unser täglich Brot gib uns heute.). Vorher haben wir — im Vaterunser — ich möchte sagen — vor Gott dem Vater die Bedürfnisse Gottes vertreten. Es ist kein Zugeständnis, — es ist eine Bitte, und alle Bitten sollen sich bei uns darauf konzentrieren, daß Gott zu seinem Rechte komme in der Welt, in der Gemeinde, in unsern Häusern und vor allem bei uns selbst. „Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch alles andere zufallen", hat unser Heiland gesagt. Da bekommt ihr das tägliche Brot — da seid ihr gedeckt, da sorgt Gott für euch. O die Herrlichkeit, Gott und seine Ansprüche und Bedürfnisse vertreten zu dürfen und zu wissen, er nimmt dann unsere Ansprüche und Bedürfnisse in seine treue Vaterhand! Dann haben wir nicht Sklavendienfte zu tun, nicht über unsere Kräfte zu arbeiten, nicht ängstlich zurückzulegen und zusammenzuscharren. Damit ist nicht gesagt, daß wir nicht etwas zurücklegen dürfen, aber nicht mit Sorgengeist, sondern im praktischen rechten Sinn, sich vom Herrn leiten lassend und ihm vertrauend, ohne uns darauf zu stützen, daß wir etwas in der Sparkasse haben. Unsere Zuversicht ist nicht in Schloß und Riegel, in der Zuverlässigkeit der Sparkasse —, unsere Zuversicht ist in der Treue des lebendigen Gottes, der darüber wacht, und der, wenn er erlaubt, daß uns das Ersparte verloren geht, dafür vorgesorgt hat, daß wir in anderer Weise nicht zu kurz kommen. Dein Name, dein Reich, dein Wille — und jetzt kommt: „Unser tägliches Brot." Nicht mein, nicht ich. Ja, „ich" eingeschlossen, aber nicht losgelöst von andern, sondern ich, mich zusammenschließend mit allen, denen Gott mit mir und meiner Familie das tägliche Brot geben muß. „Unser" — das ist der rechte Sozialismus, wo man sich zusammenschließt in der Liebe, im Geiste mit allen, — nicht um sie auszunützen, zu knechten und in einen Verband hineinzuziehen, damit man auch über sie herrschen könne. „Gib uns unser täglich Brot heute." Vor dem Sündenfall hat die Erde in üppiger und reicher Weise alles hervorgebracht — es war ein blühender Garten, den der Mensch bauen und bewahren sollte (i. Mose 2, 15). Das war etwas ganz anderes als mühsam das Feld zu bebauen —, es war keine Arbeit im Schweiße des Angesichts, sondern eine liebliche Arbeit, in der die Kraft sich entfalten konnte, und an der man Freude und Genuß fand. Da kam dann die Schlange in diesen wundervollen Garten. Mit dem Teufel, dem Fürsten der Engelwelt, wurden auch d i e Engel gestürzt, die gemeinsame Sache mit ihm gemacht hatten, und es ist damit die ganze Erde, deren Fürst er war, in Verwüstung geraten. Daraufhin hat Gott neu angefangen mit den sechs Tagewerken, indem er sprach: „Es werde Licht! Und es ward Licht." Und nachdem Gott dir Erde neugebaut hatte, hat er sie dem Adam übergeben und gar nichts weiter von ihm verlangt, als daß er ihm gehorche als sein Vasall. Er sollte die neugebaute Erde zu Gottes Ehre im Gehorsam gegen Gott verwalten, daß sie Frucht bringe für Gott. Durch Recht und Gerechtigkeit sollte die Erde zurückgebracht werden, — seither ist das Bebauen derselben eine mühsame Arbeit. Da kam nun die Erlösung. Der Herr Jesus hat gearbeitet, gelitten für uns, damit wir erlöst würden vom Fluche, von allem Druck, von aller Macht der Finsternis, damit wir wieder arbeiten und dienen könnten dem lebendigen Gott in unserm irdischen Dienst, anstatt mühsam darauflos arbeiten zu müssen. Nun können wir ihm dienen in treuer Arbeit, von ihm gestärkt, von ihm erquickt, von ihm tagtäglich — auch in Zeiten des Mißwachses und der Teuerung — erhalten, genährt. Er unterhält uns. „Gib uns heute unser tägliches Brot" — mir und den Meinigen, uns und der ganzen Gemeinde Gottes. Und nicht bloß das irdische Brot. „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Worte, das durch den Mund Gottes geht." Das ist das Lebensbrot, um das wir auch bitten: „Gib uns heute unser täglich Brot." So soll man hier im Hause beten, wenn die Andachten gesegnet sein sollen. So muß man auch in jeder Gemeinde beten für die, die das Wort verkündigen. „Öffne uns die Schrift." Wenn Gott uns nicht die Schrift öffnet, so können wir lange graben in seinem Worte. Es ist und bleibt uns das Wort toter Buchstabe, wenn Gott es uns nicht lebendig macht. Wir dürfen nicht meinen, weil es heute gut gegangen sei, müsse es morgen auch gut gehen. Cs bleibt alles trocken, wenn man nicht vor Gott gelegen und auf Gott gewartet hat und ihn nicht gebeten: Gib uns heute das, was wir heute brauchen — vor acht Tagen und gestern haben wir anderes gebraucht. Tut man das, so bekommt man immer wieder Altes und Neues, und da ist das Wort Gottes unerschöpflich, ob auch Generationen darüber hingehen. Auch alte Predigten, die von Geistesmännern stammen, werden einem da immer wieder neu. Ihr könnt dann auch etwas in eure Gemeinschaften mit hineinnehmen und habt da auch dann und wann ein Wörtlein, ohne euch zu genieren. Nur das Wort Gottes kann uns lösen von Menschenfurcht, daß wir als Priester vor Gott stehen und Priefterdienste tun können, weil uns Gott das Brot des Lebens gibt.