Dein ist die Kraft!
In Gott ist eine unerschöpfliche Kraftfülle. Was sind nicht z. B. allein in der Natur für Kräfte tätig, die Gott in der Hand hat, durch deren Zusammenpressung die wunderbaren Erfolge der menschlichen Wirtschaft erzielt werden, an die man vor einem halben Jahrhundert noch kaum gedacht hat! Gottes Kraft ist unerschöpflich, und wenn wir am Ende unsrer Kraft angelangt sind, werden uns die Schwingen erneuert wie den Adlern, wenn wir nur nicht in der eigenen Kraft fortmachen wollen. Unser Herr und Heiland hat vor Seiner Himmelfahrt scheidend das Wort gesprochen: „Mir ist gegeben - von Gott dem Vater, dessen die Kraft ist - Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden . . . Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehret sie halten alles, was Ich euch befohlen habe. Und siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Mt 28,19.20). Wo wir vollständig mit der eigenen Kraft zu Ende sind, kann uns der Herr dennoch Aufträge geben, die weit über unsern Horizont gehen, wenn wir nur erst wieder glauben gelernt haben, dass Er zu allem, was Er fordert, die nötige Kraft selbst darreicht. Wir haben keine Kraftfülle in uns - wir sind keine Maschinen, in denen soundso viel Kraft angesammelt wäre; aber in unserm Gott in Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist ist eine unerschöpfliche Kraftfülle, aus der wir im Glauben nehmen, immer ärmer und schwächer in uns selbst und damit reif werdend für Mitteilung göttlicher Kraft, in deren Natur es liegt, vor aller Mischung zurückzuschrecken.
„Dein ist die Kraft.“ Und wenn du am Ende deiner Kraft angelangt bist, nicht nur deiner körperlichen, sondern auch deiner geistlichen Tragkraft - wenn dir das Tragen der Charaktere, mit denen du es im täglichen Leben zu tun hast, zu schwer werden will - wenn dir da jeder Tag neue Lasten bringt, so wisse, das ist die Schule, in der du beten lernen sollst: „Dein ist die Kraft“ - sonst kommt man leicht dazu, auf andre herabzusehen oder sie falsch zu beurteilen, wenn sie zusammenbrechen. Gott allein weiss, was jeder einzelne durchmacht; aber wir müssen alle unterliegen, zu kurz kommen, und unsre Kraft zum Tragen, Lieben und Ausharren aus Ihm schöpfen lernen.
„Dein ist die Kraft.“ Auch hier gilt das Wort: Übung macht den Meister. Aber diese Übung ist etwas ganz andres als Kraftanhäufung. Paulus kannte Jesus zu gut, um nicht zu wissen, dass keine Kraftvorräte, die er ansammeln könnte, für den Dienst im Reich Gottes genügen würden, sondern dass er Tag für Tag aus der Fülle Gottes Kraft, Weisheit, Liebe und Tragkraft schöpfen müsse. Nur was stracks von oben kommt, fault nicht, verwest nicht, setzt keinen üblen Geruch der Selbstbefriedigung ab, sondern verbindet den Menschen je länger je mehr mit der obern Welt, damit sich je länger je mehr die göttliche Kraft offenbaren könne. Das ist heilige Erziehung.