Führe uns nicht in Versuchung.
Es gibt Stunden, wo alles uns zu Boden drücken will, und zwar nicht nur von aussen her. Es gibt Stunden, wo alles um uns her dunkel werden darf, wo es keinen Ausblick mehr gibt. Da kommt 1. Korinther 10,13 in Betracht - eine Stelle, die mir in meinem Leben besonders nützlich gewesen ist und an der ich durch alles hindurch einen Anker und unbeweglichen Halt gehabt habe: „Es hat euch noch keine denn menschliche Versuchung betroffen; aber Gott ist getreu, der euch nicht lässt versuchen über euer Vermögen, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende gewinne, dass ihr es könnt ertragen.“ - Keine denn menschliche Versuchung - vielleicht auch im Zusammenhang: es war nichts Dämonisches, Übermenschliches in der Versuchung. Es war etwas, was sich einerseits mit unsrer menschlichen Natur verträgt und wobei wir immer auf Gottes Treue rechnen können - ja, nicht nur auf Seine Treue, sondern auch auf Seine Allwissenheit und Allweisheit.
Wir haben gleich im Anfang gesehen, dass, um beten zu lernen, die Hauptbedingung ist, dass wir Gott kennen. Deshalb fängt das Vaterunser an: „Unser Vater in dem Himmel.“ Das ist die ganze Kunst des Betens: Gott kennen, wer Er ist. Das ist aber eine grosse Kunst, dass du richtig, biblisch von deinem Gott denkst. Du darfst nicht von dem ausgehen, was wir sind, sondern von dem, was Gott ist, und deshalb musst du wissen: „Gott ist getreu und lässt uns nicht versuchen über Vermögen.“ Unser Vater in dem Himmel, Du bist getreu, und nie, nie, nie lässt Du über Kräfte versucht werden. Es liegt also das Gebet in der sechsten Bitte: Leite alles so, dass alles Leiden, jede Schule, jede Prüfung und Not so ende, dass es meine Tragkraft nicht übersteigt; ob Du dann die Not abkürzest oder die Kraft erneuerst, das ist Deine Sache.
Damit ist freilich nicht ausgeschlossen, dass unter Umständen unser Körper nicht zusammenbrechen könnte. Von einer solchen Probe redet Paulus in 2. Korinther 1,8-11: „Denn wir wollen euch nicht verhalten, liebe Brüder, unsre Trübsal, die uns in Asien widerfahren ist, da wir über die Massen beschwert waren und über Macht, also dass wir auch am Leben verzagten und bei uns beschlossen hatten, wir mussten sterben. Das geschah aber darum, dass wir unser Vertrauen nicht auf uns selbst sollen stellen, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt, welcher uns von solchem Tod erlöst hat und noch täglich erlöst; und wir hoffen auf Ihn, Er werde uns auch hinfort erlösen.“ Das sind ernste Sichtungszeiten, in denen offenbar wird, wie weit die eigene Kraft reicht, damit man hofft auf Gott, dass Er eintritt mit Seiner Lebenskraft.
„Wir hoffen auf Ihn.“ Die Sichtung ist dazu da, dass alles Eigene, alle eigene Lebenskraft und Lebensfreudigkeit - auch bei aller Freudigkeit des Dienens - alles Unsre aufgezehrt wird, damit Er Sein Leben offenbaren kann auf den Trümmern unsres eigenen, natürlichen Lebens. Wie viele setzen ihre Hoffnung noch auf sich; sie haben einen eigenen Lebensfonds; es ist noch nicht alles in die Brüche gegangen. „Wir hoffen auf Ihn, Er werde uns auch hinfort erlösen, durch Hilfe eurer Fürbitte“ (Vers 11). Wie nötig, dass die anderm Kinder Gottes für uns beten, ohne dass man sich besonders ihrer Fürbitte empfiehlt! Je mehr der Herr ein Werkzeug braucht, desto mehr hat die Gemeinde für dasselbe einzustehen; sie hat lange genug die Werkzeuge ausgesogen und ihnen Weihrauch gestreut. Vers 11: „Auf dass über uns für die Gabe, die uns gegeben ist, durch viel Personen viel Dank geschehe,“ wenn das Leben Christi siegt über die Kräfte des Todes, die in einem Werkzeug hausten, um es hinunterzubringen. Das ist der Sieg Seines Lebens in den Leibern. Und jeder Sieg bereitet den Tag vor, wo der Herr den vollen Sieg feiern wird in den Seinen bei Seiner Erscheinung und ihrer Entrückung.