Höre, Tochter, sieh und neige deine Ohren.
Willst du Jesus in Seiner Herrlichkeit schauen, so findest du keine Schönheit, wie Menschen sie begehren oder sich ausmalen. Er ist der Mann der Schmerzen; bei Ihm ist „keine Gestalt und keine Pracht, kein Ansehen, dass wir Seiner begehrt hätten“; Er ist „wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt“ (Jes 53,2.3). Aber höre weiter Vers 4 und 5: „Fürwahr, Er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten Ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber Er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf Ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch Seine Wunden sind wir geheilt.“ Dir, o Tochter, gebührte die Dornenkrone, die Er trägt; dein ist der Fluch, den Er auf sich geladen; dir gelten die Schläge, die Ihn niederbeugen, statt deiner empfängt Er die Wunden. Seinen heiligen Leib bietet Er dar als Opfer für dich, für dein ganzes Geschlecht; verbirg nicht dein Angesicht vor Ihm, bleibe stehen und betrachte Ihn, Sein Auge ist auf dich gerichtet; - Ihn anzuschauen ist dein Leben.
Es ist ein schauerliches Etwas in der menschlichen Natur, das gegen den Gekreuzigten sich auflehnt: „Hinweg mit diesem!“ Weisst du auch, dass, wenn du zurückweichst vor dem Gekreuzigten, du dein eigenes Verdammungsurteil besiegelst? Schaue besser hin, betrachte aufmerksamer den um deiner Eitelkeit, um deines Hochmuts willen Zerschlagenen. Hast du Ihn einmal recht betrachtet, so kannst du nicht mehr von Ihm weggehen. Sein Anblick verdrängt alles, was bisher dein Herz erfüllte, und wandelt dein ganzes Leben um. Wie wenige haben es doch gelernt, betrachtend stillzustehen vor ihrem Gott, Seinem Wort und Seinem Geist Raum zu geben! Die meisten haben zu viel zu tun im Dienst des vergänglichen Wesens, andre sind zu viel beschäftigt im Dienst des Reiches Gottes, als dass sie ihre kostbare Zeit fürs Anschauen des Gekreuzigten selbst, fürs Verstehenlernen dessen, was Erlösung ist, hergeben könnten. Darum sind sie unbefriedigt geblieben von aller Frucht ihrer Arbeit, sie haben ihren hohen Beruf nicht erkannt; sie haben keine Zeit, der Stimme des Bräutigams zu lauschen.
Ewig soll Er mir vor Augen stehen,
Wie Er als ein stilles Lamm
Dort so blutig und so bleich zu sehen, hängend an des Kreuzes Stamm,
Wie Er dürstend rang um meine Seele,
Dass sie Ihm zu Seinem Lohn nicht fehle,
Und dann auch an mich gedacht,
Als Er rief: „Es ist vollbracht!“