Sondern nach dem, der euch berufen hat und heilig ist, seid auch ihr heilig in allem eurem Wandel.
Es heisst hier nach dem Grundtext buchstäblich: „Nach dem Heiligen, der euch rief, seid auch ihr heilig in allem eurem Wandel!“ Wir haben schon das letzte Mal erwähnt, dass dieser Ruf jeden da erreicht, wo er sich bisher umhergetrieben hat, wo er gebunden war, wo er sich bisher heimisch fühlte, sich genährt hat in der Sinnlichkeit, sei es mit Hohem oder Gemeinem, aber immer mit Dingen, die der untern Welt angehören. Da gelangte ein Ruf an uns aus der obern Welt, aus der Heimatwelt, der wir vor dem Fall angehörten und in die uns nur die Gnade zurückrufen kann.
Wohin ruft uns Gott, der Heilige? Zu sich, zu dem Heiligen. „Nach dem Heiligen, der euch rief,“ heisst es, „seid auch ihr heilig in allem eurem Wandel!“ denn Er kann nichts Unheiliges in Seiner Nähe dulden, und heilig werden wir eben dadurch, dass wir dem Ruf zu dem Heiligen, dem Zug zu unserm Gott folgen. In dem Glauben an den Ruf Gottes und in der Annahme dieses Rufs liegt bereits eine lösende Macht, die uns frei macht von der Welt, in der wir uns bisher bewegt, aus der wir bisher unsre Nahrung gesogen und von der wir Schmutz in unser Wesen aufgenommen haben. Er ist heilig, und es kann Ihm nichts Unheiliges, Dunkles nahen oder gar bei Ihm weilen; denn es ist alles klar und durchsichtig bei Ihm wie der helle Tag. Das Wort Gottes, das uns ruft, ist darum ein zweischneidiges Schwert, welches bis in die Quellgebiete der Gedanken und Regungen des Herzens durchhaut, und zwar nicht nur richtend, sondern eben damit schneidend und uns von allem lösend, was uns früher angezogen hatte. Sein Ruf führt uns in Seine unmittelbare Gegenwart und stellt uns unter Seinen unmittelbaren Einfluss.
In Gottes unmittelbarer Gegenwart und unter Seinem unmittelbaren Einfluss können wir nicht anders bleiben, als indem wir uns von allem lösen lassen, was nicht vor des Heiligen Angesicht taugt und nicht mit Seinem Licht harmoniert, sondern der Schattenwelt, der Zwitterwelt, dem Halbdunkel angehört. Es geht nicht, es ist eine ewige, moralische, absolute Unmöglichkeit. Um in Seiner unmittelbaren Gegenwart bleiben zu können, musst du alles vor der Tür lassen und den Weg durch das Blut des Lammes nehmen. Das ist die Herrlichkeit unsrer Berufung, und da scheiden sich die Geister; da kommt es heraus, ob du noch an der Scholle klebst oder ob bei dem Ruf Gottes etwas in dir gezuckt hat, ob du solchen Ruf zu schätzen weisst und Gott mit einem Jubelruf danken kannst, dass Er dich gerufen hat, zu Ihm zu kommen, wie der verlorne Sohn die alten Lumpen abzulegen, um angetan mit den dir von dem Vater geschenkten neuen Kleidern - einem neuen Lebenstrieb und einer neuen Gesinnung - mit und vor Ihm zu leben. Da hat man dann gar keine Freude mehr am alten, sondern es bildet sich je länger je mehr eine Scheidewand zwischen uns und allem, was nicht mit Seiner Natur harmoniert. Es stösst uns das alles ab, weil uns Gott gerufen hat.