Lasset uns mit Freimütigkeit hinzutreten zu dem Thron der Gnade, auf dass wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe.
Luther übersetzt hier so schön: „Auf die Zeit, da uns Hilfe Not sein wird.“ Wie der Vater die Sünde aller Geschlechter auf Seinen Sohn legte, so legt Er auf den Heiligen Geist den Lebensgang und die Lebensführung jedes einzelnen Erkauften, zur Ausgestaltung dessen, was Jesus für uns erwarb. Der Heilige Geist ist es, der uns „unterweist, dass wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf“ (Tit 2,12). „Das ist nicht möglich, das bringe ich nicht fertig,“ sagt das eigene, schwache Herz. Vergiss nicht, dass du ein Kind der Gnade bist! Es ist Gnade vorhanden für dein inneres Leben, genügend für jede Gebundenheit, mächtig, in die Zucht zu nehmen, was aller Zucht von deiner Seite gespottet hatte, Zunge und Auge, Phantasie und Gedanke, Stimmung und Eindrücke. „Die Gnade züchtigt uns,“ übersetzt Luther.
Und ebenso ist Gnade vorhanden für dein äusseres Leben, genügend für jeden Tages Last und Aufgabe. Dein Gott ist kein harter Herr; Er weiss, was für ein Gemächte du bist, und Er verrechnet sich nicht in dem, was Er von dir fordert. Vielleicht bist du von hemmenden und lähmenden Einflüssen umgeben, du brauchst, um in solcher Stickluft nicht zu verkümmern, einen ganzen Heiland, brauchst fortwährend Luft- und Lebenszufluss aus Gottes Wort. Da erfährst du auf Schritt und Tritt, was du an der Gnade hast. Die Gnade ist erschienen und scheint, Heil bringend, allen Menschen, aber nirgends heller als im Dunkel, auf einsamem Pfade. Sie füllt alle Lücken aus und deckt alle Mängel, auch unverschuldeten Mangel an brüderlicher Gemeinschaft, die doch an sich so unentbehrlich ist für Reifung eines gesunden Geisteslebens. Wer in einer laodizäischen Gemeinde steht, nicht durch eigene Wahl (im Geiste Lots), sondern durch göttliche Führung - und gewiss dann auch mit entsprechender göttlicher Ausrüstung, - der lernt da seinen Gott kennen wie kaum wo anders. Da heisst es: „Täglich (ja stündlich) harre ich Deiner,“ und den auf Ihn Harrenden führt der Herr von Gnade zu Gnade in die Fülle Seines Lebens hinein.
Die Gnade führt das Regiment,
Sie macht der Sklaverei ein End’, besiegt Gesetz und Sünden.
Drum, willst du frei und fröhlich sein
Lass Jesum und die Gnade ein, so kannst du überwinden!
Seelen-Quälen, Sündenkräfte,
Nachtgeschäfte, all desgleichen
muss der starken Gnade weichen.