Wie denn geschrieben steht: ,,Jakob habe Ich geliebt, aber Esau habe Ich gehasst.“
Die Gestalten in Jakobs Geschichte sind typische, prophetische, klassische Gestalten, worin wir uns selber sehen können. Von Anfang an begegnen wir dem Ärgernis des Kreuzes, der Gnadenwahl; über den einen erbarmt sich der Herr, und den andern verstösst Er: Jakob habe Ich geliebt und Esau gehasst. Nicht gehasst im gewöhnlichen Sinn des Worts, sondern wie Jesus es von Seinen Jüngern gefordert hat, dass sie alles hassen sollten, Vater, Mutter, Weib und Kind, dazu das eigene Leben; gehasst, wie Jesus Seine Mutter gehasst hat, wenn Er sie in banger Sorge tagelang suchen liess, während Er sich als zwölfjähriger Knabe mit Seinem Gott beschäftigte, oder wenn Er sie bei der Hochzeit zu Kanaa beiseitesetzte, während Er doch mit zärtlicher Sohnesliebe am Kreuz inmitten der Todesqual ihrer gedachte. Ehe Jakob und Esau geboren waren und also weder Gutes noch Böses getan hatten, hat Gott den Jakob geliebt, d. h. ihn bestimmt zum Träger des göttlichen Segens für andre. Es gibt zwei verschiedene Anschauungen über das Christentum: die einen wollen nur selig werden, während die andern das Seligwerden mehr als Durchgangspunkt ansehen; ihnen ist die Hauptsache, dass sie sich gebrauchen lassen von Gott für andre, dass sie als Geheiligte für Gott da sind. Gott hat sich die Erzväter erwählt nicht nur, dass sie das Leben und den Segen hätten, sondern dass sie Träger des Segens und des Lebens für die ganze Völkerwelt werden sollten. Und so hat Er sich Abraham erwählt, den Mann nach Seinem Herzen, damit durch ihn alle Völker gesegnet werden. Israel dagegen hat sich nicht von Gott dazu gebrauchen lassen. Dann hat sich Gott eine neutestamentliche Gemeinde gebildet, während Er Israel auf die Seite gesetzt hat, bis die Gemeinde vollendet ist. Erst dann erkennt Israel wieder seine Aufgabe und erfüllt sie der ganzen Völkerwelt gegenüber. Gott gibt Seine Gedanken nicht auf.
Schauen wir wieder auf die beiden Gestalten Jakob und Esau! Esau ist äusserlich betrachtet liebenswürdiger als Jakob, der seinen Vater und seinen Bruder betrogen hat. Menschlich gesprochen ist gar nichts Edles an Jakob; aber etwas ist da, das durch alle Schandflecken der Sünde im tiefsten Grund seiner Seele erglänzt und nur vom Auge Gottes unterschieden wird, nämlich ein Sinn für Göttliches, Ewiges, für das Erstgeburtsrecht, der Träger der Verheissung zu sein, ein Sinn dafür, etwas für andre zu sein. Esau dagegen gehört zu dem Geschlecht derer, die da sagen: Lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot. - Liebe Freunde, wissen wir, dass wir für Gott da sind? Der Herr wartet auf uns, und die ganze Schöpfung wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes. Die ganze Schöpfung, die wir verkauft haben an die Eitelkeit, wird betrogen, solange wir nur für uns da sind. Die ganze Schöpfung wartet umsonst, solange wir nur selige Erfahrungen für uns suchen und nicht zum Dienst für andre uns hergeben. Erst müssen Söhne Gottes da sein, deren verborgene Herrlichkeit ausgereift ist, und dann kommt die Offenbarung der Herrlichkeit.