Schriften von Otto Stockmayer
10. Unsere jetzige Stellung und Aufgabe10. Unsere jetzige Stellung und Aufgabe
Wir haben von dem Unglauben und der Untreue gesprochen, deren sich die christliche Kirche in unseren Tagen schuldig gemacht hat und so könnte es scheinen, als seien wir heute von den Zeiten der ersten Pfingstgemeinde weiter entfernt denn je. Wir dürfen aber nicht verkennen, dass sich der Herr mitten in einer Strömung von Unglauben und Gleichgültigkeit ein Häuflein von Gläubigen heranzieht, dem die Schrift nur aufgeschlossen zu werden braucht, um Gott zu glauben und zu gehorchen, dem Herrn nachfolgen und zu dienen. Auch die Kirche Christi im großen uns ganzen ist durch alle Irrwege und Abfallszeiten hindurch dennoch vorgeschritten und ihrem Ziele näher gekommen. Sie besitzt heute eine Stimme von Licht, von Gottes- und Heilserkenntnis, wie wohl noch nie seid der Zeit ihres Bestehens.
Weiter ist ein bezeichnendes Merkmal unserer Zeit, dass hervorragende Stellungen, wie die eines Apostels Paulus, oder etwa die eines Reformators, immer mehr aufhören. Über dem Geräusch der Fürbitte des nahenden Meisters tritt alles Fleisch in den Schatten und werden alle Höhen erniedrigt. Was ein einzelnes Glied von Licht und Erkenntnis unmittelbar von oben bekommen hat, wird Gemeingut des Leibes, sobald es ein Glied ist, dass sein eigenes natürliches Wesen mit Christo in den Tod gegeben hat und dadurch zu einem Träger göttlichen Lichtes zubereitet ist. Wir müssen erst in unseren Augen zum bloßen Gefäß und Werkzeug werden; unsere ganze Persönlichkeit, auch unsere von Gott anvertraute und somit vollständig berechtigte Eigentümlichkeit muss erste durch Sterben und Auferstehen gehen, ehe sich des Meisters Bild, Sinn und Gedanke in unserem Wesen stark genug ausprägen kann, um auch von Fernstehenden erkannt zu werden. Wir müssen streben und wieder auferstehen, wen das uns anvertraute Licht den Weg zum Herzen unserer Brüder finden und Gemeingut des Leibes werden soll.
Durch alle äußere, oft mehr scheinbare als wirklich Zerrissenheit der Gemeinde Christi hindurch bahnt sich so unter ihrem wirklich lebendigen Gliedern ein immer tieferes Verständnis an. Ein immer engeres Band hält und trägt in einer Weise, wie es Paulus zu seiner Zeit nicht zu genießen hatte. Wo heute ein Christ lauter und ehrlich ist, sich vor sich selbst fürchtet und andere höher achtet denn sich selber, nicht fleischlich seiner Befriedigung nachgeht, sondern soweit der Herr Weg und Bahn macht, auch Fernstehenden Gemeinschaft pflegt, in selbstverleugnender, alles überwindender Liebe, wo er in der Berührung mit anderen wirklich inneren Aufbau nach dem Geist und in ihren Gaben und Erfahrungen seine eigene Ergänzung sucht zur Ehre Gottes und zu fruchtbarem Dienst, da findet er in der Gemeinschaft seiner Brüder eine heilsame, bewahrende Zucht. Solche Gemeinschaft schützt ihn gegen ihn von den Gefahren seiner besonderen Begabung und Lebensführung, seiner Stellung und seiner Berufung. Sie denkt ihn gegen sein eigenes inneres Verderben; sie bewahrt ihn vor den Lügen und Zauberkünsten des Argen. In der Gestalt als Engel des Lichts auftretend sucht dieser alle in Abgründe zu stürzen, die zu einem biblischen Christentum durchdringen und ihrem Gott zu Ehren leben wollen.
Mögen den diejenigen, die nach ihren äußeren und inneren Führungen gerade in dieser besonderen Frage der Heilung und Gesundheit durch den Glauben Licht bekommen haben, treu haushalten mit dem ihnen anvertrauten Pfunde und unerschrocken vorwärts gehen auf dem Pfade, auf den der Herr ihren Fuß gestellt hat! Nur gehe nie jemand einen Schritt weiter und nie schneller, als der Heilige Geist ihm Freiheit gibt! Es gilt unter dessen wunderbaren Leitung zu bleiben und nie durch andere sich bestimmen oder treiben zu lassen. Warum es sich Paulus gefallen lassen sollte, von einem Engel der Finsternis geschlagen zu werden, konnte er erst nicht fassen; er hat sich einfach unter das Wort seines Herrn gebeugt: „Lass dir an meiner Gnade genügen!“ Dass ihm dieser Pfahl zur inneren Bewahrung dienen musste (2Kor 12,7), ist ihm wohl erst später geoffenbart worden. Er hatte die Offenbarungen erhalten, 14 Jahre, ehe er davon schrieb V. 2). Ebenso muss heute noch der Jünger des Herrn, der auf die Schrift gestützt, im Glaubensgehorsam gegen die Krankheit steht jeden Augenblick bereit sein, sich vom Herrn aufhalten zu lassen, ohne zu wissen warum, Solches geschieht wenn er dem empfangenen Licht treu bleibt, gewiss nur solange, bis der Weg gelichtet und für ein weiteres Vorgehen sicher gemacht ist, wir müssen, wie wir es ausdrückten, jeden Augenblick bereit sein den Dienst aktiven Gehorsams zu unterbrechen, um in einer Stellung passiver Unterwerfung zurück zu treten, in eine Stellung in der wir uns einfach an Gottes Gnade genügen lassen um still und gelassen in seinen Schickungen zu ruhen. Wir müssen dann aber ebenso bereit sein, auf den ersten Wink unseres Gottes auf die Bahn tätigen Gehorsams zurück zu kehren, in eine Stellung des Kampfes und Widerstandes gegen Christi Feinde, gegen Krankheit oder Tod.