Schriften von Otto Stockmayer
1. Heilung und Heiligung - beides Frucht unserer Erlösung1. Heilung und Heiligung - beides Frucht unserer Erlösung
Wir sind zur Ehre Gottes geschaffen und haben die Berufung, Seinen Namen und seine Vollkommenheit zu offenbaren. Seines Herzens Gedanken, Gestalt und Ausdruck zu geben, seine Ratschlüsse auszuführen. Unser Leib, so gut als Seele und Geist sind gehalten mit all ihren Kräften für die Erfüllung dieser Aufgabe ein zustehen und müssen dazu wieder frei und verfügbar zu sein, Dies ist der Grund des inneren Zusammenhangs, der zwischen Heilung und Heiligung besteht.
Ein geheiligter Mensch, ist ein Mensch, über dessen Glieder Gott wieder frei verfügen kann, nachdem Er sie durch Christi Blut ausgelöst und in seinen Besitz zurückgebracht und fremder Hand und fremden Einfluss für immer entrissen hat. Man sehe Joh 10,36 / 17,17-19; Heb 10,5-10 / Joh 10,36.
Sobald Gott seinen Sohn geheiligt und in die Welt gesandt hat - nicht gesandt und geheiligt -, so kann heiligen nichts anderes bedeuten, als auserwählen und beiseite nehmen zur Vollführung eines Auftrags oder eines Werkes.
Auf einen Sünder angewandt, schließt Heiligung in sich Reinigung, weil Gott kein unreines Gefäß in die Hand nimmt. Auf den Sohn Gottes angewandt, fällt diese negative Bedeutung des Wortes selbstverständlich weg. Er brauchte nicht erst gereinigt oder ungöttlichem Dienst entzogen zu werden, um ein vollständig geeignetes Werkzeug zu sein für Gottes Liebes und Heilsgedanken.
Hat nach Joh 10,36 der Vater den Sohn geheiligt, so sehen wir aus Joh 17,19, dass der Sohn sich seinerseits geheiligt d.h. hingegeben hat, um den Willen Gottes auf Erden zu erfüllen. „Ich heilige mich selbst für sie…“. sagt der Herr zu seinem Vater im Blick auf seine Jünger.
Wie aber der Sohn sich selbst geheiligt hat zeigt Heb 10,5-9. Wir sehen dort wie er vor seinen Vater tritt mit den Worten „Siehe ich komme“, wie er sich von seinem Vater einen Leib bereiten lässt, um ihn freiwillig als lebendiges Opfer darzubringen im Gegensatz zu den Opfern von V. 4-6. Mit der Opferung dieses, seines Leibes hat er Gottes Liebeswillen, unserer Erlösung betreffend ausgeführt. Dadurch dass er sich Gott so geheiligt hat, hat er uns nach Leib und Seele von fremden Joch und fremder Herrschaft losgekauft: Er hat uns Gott geheiligt. „Ich welches Willen wir sind geheiligt auf allemal durch das Opfer des Leibes Jesu Christi.“ Heb 10,10. „Ich heilige mich selbst für sie, auf dass auch sie geheiligt seinen in der Wahrheit“ Joh 17,19.
Das gleiche lehrt Röm 6. Durch den Tod Jesu Christi ist auch unser sterblicher Leib erlöst von der Herrschaft der Sünde V. 12. Unsere Glieder, die vorher der Ungerechtigkeit gedient. die wir zu ungerechten und unheiligen Werken für unser eigenes Leben und nach unserem eigenen Willen gebraucht hatten, sind nun frei geworden nach V. 13 und 19. Wir können sie Gott wieder zustellen, damit er sie für Waffen und Werkzeuge für seine gerechten und heiligen Zecke gebrauche, seines Herzens Sinn und Gedanken zu offenbaren. Wir können nun unsere Leiber zu lebendigem und Gott wohlgefälligem Opfer begeben.
Zu einem solchen Opfer werden unsere Leiber auf zweifache Weise. Entweder indem unsere Glieder für ihn tätig sind in Wort und Werk oder indem wir uns mit den Gliedern unseres Leibes wie mit den Kräften unserer Seele unter die Leiden stellen, die der Dienst des Herrn mit sich bringt oder die aus der Feindschaft der Welt gegen das Evangelium erwachsen. Was letzteres betrifft, so sind die Worte bedeutungsvoll, mit denen der Herr seine Seligpreisungen schließt: „Selig sind die, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn das Himmelreich ist ihr! Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles wider euch, so sie daran lügen! Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel wohl belohnt werden… Mt 5,10-12.
Man nehme hinzu, was Paulus schreibt in Kol 1,24: „Nun freue ich mich in meinen Leiden, die ich für euch leide und erstatte an meinem Fleisch, was noch mangelt an Trübsalen Christi für seinen Leib, welcher ist seine Gemeinde.“ Einen Kommentar zu diesen Worten bietet das ganze Leben des Apostels; siehe insbesondere die Zusammenfassung, die er selbst von seinem Leben gibt in der Stelle 2. Kor, 11. 13-27.
Um in tätigem Wirken oder im Leiden im Dienst des Herrn zu treiben, müssen die Glieder unserer Leiber so gut als die Kräfte unseres Geistes frei und verfügbar sein. Unsere Glieder dürfen nicht durch Krankheit gebunden sein; unser Geist darf nicht dem Druck und den Anfechtungen preis gegeben sein, welche Krankheit unter den verschiedensten Formen mit sich bringt. Wir müssen frei sein in unseren Bewegungen los von uns selbst.
Man behauptet Krankheit sei auch ein Gott geleisteter Dienst; kann das aber aus der Schrift nachgewiesen werden? Im AT und NT sehen wir das Gegenteil, nämlich dass Gott Gesundheit verheißt, denen die auf ihn hören, ihm gehorchen und ihm dienen. Im NT heilt Jesus alle Kranken, die zu ihm gebracht wurden und später nach Gründung der christlichen Gemeinde, werden im Jakobusbrief kranke Glieder der Gemeinde aufgefordert, die nötigen Schritte zu tun, um geheilt zu werden. Wäre Krankheit in den Augen des Jakobus, in gewissen Fällen wenigstens, ein Gott geleisteter und von Gott gewollter Dienst, so hätte er es hier bemerken müssen. Im 11. Kapitel des Hebräerbriefes und ins besondere ist die am Schluss des Kapitels gegebenen Zusammenstellung (V. 32-40) finden wir eine Aufzählung von Lebensläufen, die im tätigem Wirken oder im Leiden Gott geweiht waren.
Unter den göttlichen Zeugen, die dort erscheinen und die wir uns zum Vorbild nehmen sollten (V. 12), erscheinen nicht etwa Kranke, sondern, (V. 34) die aus Schwachheit sich empor rafften (Lange's Bibelwerk) oder wie man übersetzen kann „aus Krankheit gekräftigt hervor gingen“.
Zwischen dem AT und dem NT, auf einer Stufe inneren Lebens, die weder einem noch dem anderen völlig angehört begegnen wir Hiob. Hätte der Herr diesen Knecht nach dem Maßstab des AT gemessen, so hätten ihn im 1+2 Kapitel seines Buches erzählten Schläge nicht getroffen. Den Hiob war schlecht und recht, gottesfürchtig und mied das Böse (1,1). nach den Erklärungen der Heiligen Schrift, die wir im folgenden Kapitel verzeichnet sehen, hätte er als solcher Anspruch machen dürfen, verschont zu bleiben. Wenn es aber Gott wohlgefallen hat, in Bezug auf seinen Knecht eine Herausforderung Satans anzunehmen, ja sogar zu veranlassen, so geschah dies eben in der Absicht ihn für den Standpunkt im AT hinauszuheben und ihm Zum Bewusstsein zu bringen, wie unmöglich es dem Menschen ist, den darin herrschenden Gesichtspunkt durchzuführen, den Gesichtspunkt menschlicher Rechtsansprüche und eigener Gerechtigkeit, zusammen gefasst in den Worten: „Tue das, so wirst du leben“. Angesichts der gründlichen Verdorbenheit unserer menschlichen Natur sind wir einer untadeligen Frömmigkeit unfähig; wir können nicht Gottes Gebote erfüllen und der Anforderung seiner Heiligkeit nachkommen in einer Weise, dass wir auf Glück, Gesundheit und Leben Anspruch hätten. Der Verkläger kann nur zum Schweigen gebracht werden durch das Werk und die vollkommene Gerechtigkeit Christi. Darum kann auch Hiob weder Gott noch Satan gegenüber durchdringen, solange er seinen eigenen Begriffen von Gerechtigkeit gemäß eine Rechte geltend macht. Sobald aber Gott das Wort nimmt und in seiner Größe, Majestät und Heiligkeit an Hiob herantritt, legt dieser die Hand auf den Mund, wirft sich in den Staub und gibt sich schuldig. Damit ist Satan besiegt und die Ehre Gottes gerettet. Gott hat seine Absicht an Hiob erreicht und das Licht seiner Gnade kann wiederum über seinem Knecht leuchten, Vergebung und Erlösung bringend.
Unsere Stellung als Kinder des NT ist eine wesentlich andere als diejenige Hiobs. Für uns ist der Verkläger überwunden durch das Blut des Lammes (Off 12,11), durch das Blut, dass von aller Sünde reinigt (1Joh 12,11 und 1Joh 1,7). Wir machen gegen seine Angriffe keine Rechte und keine eigenen Gerechtigkeit mehr geltend; wir wissen, dass wir keine besitzen. Was wir geltend machen, sind die Rechte Christi. Seitdem Christus unsere Glieder für seine Dienst erkauft hat, können wir nicht mehr sagen, dass Satan sie ihm streitig mache. Sobald wir aber nicht mehr für uns beanspruchen, unsere Leiber nicht lieb zu haben bis in den Tod sind wir gegen Satan gedeckt.
Handelt es sich nun für Gott darum, wie im Falle Hiobs, Satan Lügen zu strafen, so bietet hierfür, auch wenn Krankheit wegfällt, das Leben und der Dienst seiner Kinder ein mannigfaltiges Feld. Fangen wir damit an, in Wort und Wandel das Zeugnis abzulegen, zu dem uns die Schrift klar beruft, so wird der Widerspruch, den ein solches Zeugnis in der Welt hervorruft, für uns Leiden und Demütigungen aller Art, wenn nicht gar, Verfolgung und Märtyrertod zur Folge haben. Wir werden auf diesem Wege reiche Gelegenheit finden, den Herrn durch Geduld und Vertrauen, durch Ausdauer und Selbstverleugnung zu ehren.
Eines Sinnes mit dem Verfasser des Hebräerbriefes, rühmt sich die Gemeinde Christi heute noch den Ketten, die die Ihrigen getragen und des Märtyrertodes, den sie erlitten, viel mehr als der Leiden der Krankheit, die sie durchgemacht haben.
Aber, könnte man einwenden, Krankheit heiligt uns wenigstens in dem allgemein gangbaren Sinne des Wortes und sie ist darum nicht ein Gott geleisteter Dienst, so erzieht sie uns doch zu solchen Dienst. Um uns dieser Frage klar zu werden, müssen wir vor allem bedenken, dass jeder Fortschritt auf dem Wege der Heiligung für uns dadurch bedingt ist, dass wir die Sorge für unsere geistlichen Interessen nicht selbst in die Hand nehmen. Wo wir es in innerem Wachstum zu etwas bringen wollen und ein für uns selbst befriedigendes Resultat anstreben, wo wir mit einem Wort etwas für uns suchen, da wandeln wir in eine der Heiligkeit entgegen gesetzten Richtung. Alles was unsere Blicke auf uns selbst lenkt, sie abzieht von Gott, von der Verfolgung seiner Ehre und der Vollbringung seines Willens, Steht im Gegensatz zur Heiligkeit.
Gott will, dass wir heilig seinen. Wir sollen sein zum Lobe seiner Herrlichkeit (Eph 1,12). Die Förderung unseres geistlichen Lebens ist ein Ziel, dessen Verfolgung ist eine Sache, deren Betreibung ausschließlich Gott zu kommt. Unser Dienst im Weinberge des Herrn und die Erfahrungen von unserer gänzlichen Ohnmacht und Abhängigkeit von Gott, die wir dabei machen, sind die Steine mit denen Gott unser inneres Leben aufbaut. Wir sind auf diesem Weg genötigt, unverrückt in der Zucht der Gnade zu bleiben, wodurch der Geist Gottes immer mehr Raum und das Leben immer mehr Boden in uns gewinnt und sich somit ein stetes Wachstum in der Heiligung vollziehen kann. Unmittelbar haben wir mit diesem Aufbau nichts zu tun. Unser Augenmerk muss ausschließlich auf den Dienst und die Interessen des Herrn gerichtet sein und wir müssen die Sorge für unser geistliches Leben ausschließlich Gott überlassen. Unser einziges, wahres Interesse ist, für Gottes Interessen zu leben.
Der biblische Begriff von Heiligung ist, wie wir sahen, der eines Standes, einer Stellung der Verfügbarkeit für Gott. Nach gesunder evangelischer Auffassung gewinnt man aber diese Stellung nicht durch eigenes Ringen; sie ist nicht die natürliche Frucht der Krankheit oder sonstiger Leiden, sondern man tritt in sie ein durch den Glauben. Man erfasst kindlich, was die Schrift uns zuspricht, nämlich, dass wir mit dem Blute erkaufte und vom eitlen Wandel erlöste Leute sind, gestorben und begraben mit Christus in seinen Tod, von uns selbst geschieden, eigenem Leben und willen entfremdet. Nicht durch Leiden unserer Glieder werden wir, sondern durch das Todesleiden seiner Glieder sind wir geheiligt (Heb 10,10).
Was er gelitten hat ist für uns, was wir leiden, ist für ihn.
Ist man sich hierüber klar, so erkennen wir andererseits vollständig an, dass Krankheit so gut wie jedes andere Leiden reinigend und heiligend auf uns wirken kann (Mal 3,2-3); Röm 5,3-4. und wir werden später auf den richtigen Segen den uns Krankheit bringen kann, näher eingehen. Im Grunde aber ist es immer das Blut Jesu Christi, das Wort Gottes, im Glauben aufgenommen, was uns reinigt (1Joh 1,7; Joh 15,3; Apg 15,9), niemals Leiden in sich selbst. Der läuternde Einfluss der Krankheit besteht einzig und allein in der Zucht, die sie auf uns ausübt. Sie hat die Aufgabe, auf uns zu drücken und uns in die Enge zu treiben, bis wir die Waffen gestreckt und den von Krankheit betroffenen Leib mit all seinen Gliedern Gott ausgeliefert haben; bis wir in einfältigem Glauben die von Christus uns erworbene Erlösung erfasst und in der Stellung eingetreten sind, die er uns bietet; bis wir entschlossen sind, uns als Gott geheiligt anzusehen und in seiner Kraft als Gott Geheiligte zu leben.