Und vergib uns unsre Schulden, wie wir unsern Schuldigern vergeben.
Darum, wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und wirst allda eingedenk, dass dein Bruder etwas wider dich habe, so lass allda vor dem Altar deine Gabe und gehe zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und alsdann komm und opfere deine Gabe (Mt 5,23.24). Erst wenn du vor Gott trittst, fällt es dir ein, wenn zwischen dir und deinem Bruder etwas nicht in Ordnung ist. Da erst fällt dir manches ein, an was du in deiner Gottesferne nicht gedacht, allerhand Feindschaft und Unversöhnlichkeit, die du meintest vergeben zu haben; aber vergessen kannst du sie nicht und bist froh, wenn du dieser Person nicht begegnest. Gott vergibt wie wir: „Vergib uns, wie wir vergeben.“ Er muss sich da auch fern von dir halten, vergeben, wie du vergibst. Und wenn du deinem Bruder vergibst, aber ihm nicht nahekommen willst (Vers 24), ihm nicht begegnen willst, - nun, dann macht dir’s Gott auch so, du kommst nicht in Gottes Nähe. Und wiederum: Erst wenn du betest, deine Gabe auf den Altar legst, wird dir Gott manches in Erinnerung bringen, und manches wacht in dir auf, auf was du nicht gekommen bist, fern von Gott. Aber wenn du auf dem Weg zu Gott bist, so wird dir Gott aufdecken, was noch von Unversöhnlichkeit in deinem Herzen ist. O unterbrich das Vaterunser! Du kannst Gottes Wort nicht umgehen, du musst zuerst in Ordnung bringen, was da nicht richtig ist. Es heisst: „Denn auch wir vergeben allen, die uns schuldig sind“ (Lk 11,4).
Man kann sich nicht mit Verdecken begnügen, man muss wieder zu seinem Gott hinkönnen, und Gott muss sich Seinem Volk wieder nahen können. „Wie wir vergeben.“ Bleibe zu Haus mit deinem: Ich möchte vergeben, aber ich kann nicht vergessen. Man kann Gottes Wort nicht drehen. Entweder vergib und dann bete: „Vergib uns, wie wir vergeben haben,“ geh, versöhne dich und dann komm und mache weiter in deinem Beten, oder (Vers 25): „Du wirst überantwortet dem Richter und dem Diener und in den Kerker geworfen“ und der Gerechtigkeit übergeben. Aber dann wird auch die Gerechtigkeit ihren vollen Lauf haben, und dann wirst du zusehen, wie es dir geht (Vers 26).
Es können also im Grund nur Kinder Gottes das Vaterunser beten. Trotzdem ist es aber ein Gebet für alle, dass alle merken, wir müssen zu Gott und zu den Menschen ins rechte Verhältnis kommen. Jetzt bist du noch auf dem Weg, du kannst noch hingehen und das Vaterunser unterbrechen und dich versöhnen; aber das Vaterunser liegenlassen, das ist schrecklich. O macht alles in Ordnung! Es kommt eine Zeit, wo man nichts mehr in Ordnung bringen kann!
Vergib, wie wir, wie ich vergebe. Du gehst zugrunde, wenn du es nicht lernst, es mit der fünften Bitte genau nehmen. Ach, wie heillos geht man mit der Bibel um; Blatt für Blatt wird aus derselben herausgerissen, so dass viele erst fragen müssen, was Gottes Wort und was Menschenwort ist. Es gibt Leute, die keine Bibel wollen. Aber es gibt auch Christen, die liessen sich um keinen Preis Blätter aus ihrer Bibel reissen; aber im Praktischen, da reissen sie selbst Blätter heraus und wissen nicht, was das Vaterunser ist. Du kannst mit Gottes Wort nicht umgehen, wie du willst. „Es steht geschrieben,“ und nach diesem geschriebenen Wort wirst du einmal gerichtet.