Die Knaben werden müde und matt, und die Jünglinge fallen; aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.
Weil Gott ewig ist, reibt Er sich nicht auf; Er verliert nicht die Elastizität, wie unser Körper sie verliert, so dass man nicht mehr ertragen kann, was man früher ertragen hat. Er ermüdet nicht und kommt nie zu kurz mit Seinem Verstand. Wir kommen beständig auf Gebiete, die wir nicht mit unserm Verstand ergründen können und wo wir also auch andern nicht helfen können. Nicht so der Herr! Er ergründet alles, Er umspannt unsern Lauf, unsre Tragkraft, misst die Versuchungen, durch die wir heute gehen, und Er gibt uns dementsprechend Kraft, so dass wir wissen, woher die Kraft kommt. Gottes Kraft steht denen zur Verfügung, denen die Arme sinken. So weit muss Gott es kommen lassen. Erst wenn uns die Kraft ausgeht, kann Er einsetzen mit Seiner Kraft. Es muss die Stunde kommen, wo wir unsern Bankrott erklären, und zwar einen so vollständigen Bankrott, dass wir uns nicht mehr davon erholen. Selbst den schon Müden, die nichts mehr fertig bringen, entzieht Er noch Seine Kraft, bis sie völlig zusammen brechen und Er ihnen dann Stärke darreichen kann aus Seiner Kraftfülle. Es geht alles durch Schiffbruch. Er gibt dem Müden gerade genug Kraft.
Es geht eben im Geistlichen wie im Natürlichen. Junge Männer fallen hin - ihre Jugendkraft ist angetastet, und es kommen grosse Krisen zwischen Charakterstärke und Gotteskraft. Da gibt es dann Scheidungen, und der Mensch kommt auf einen Punkt, wo er nur noch harren kann. Gott lässt uns zuweilen auch einmal auf den Trümmern unsrer Charakterstärke sitzen - und in Trümmer muss alles fallen, was nicht rein vor Gott ist, jegliche Mischung. Harren lernt man nur auf Trümmern, die man nicht mehr aufbauen kann. Die Zeit des Harrens ist keine verlorene. Sie kann gesegneter sein als die des Erfüllens. Viel wichtiger kann es sein, dass wir harren, als dass unsre Wünsche erfüllt werden; denn in der Zeit des Harrens wird der Herr mit uns tief ins Gericht und ins neue Leben gehen können. Wie die Wächter auf das erste Morgenrot des neuen Tages harren, so harrt die zerbrochene Seele auf einen neuen Lichtstrahl aus der Herrlichkeit, und heller, reiner denn je geht neues Morgenrot über die auf, denen der Herr das Handwerk eigener Heiligkeit gelegt hat und die nun mit allem auf Gott geworfen sind. „Die auf Jehova harren, kriegen neue Kraft.“ Da öffnet sich die Kraftfülle dessen, für den alle Erschöpfung und Enttäuschung unsrerseits nur ein neuer Anknüpfungspunkt ist für die Offenbarung Seiner Kraft. Es gibt tiefere und tiefere Scheidungen, bis man nur noch auf den Herrn harrt. Neue Kraft, die man nie gehabt, etwas Reineres, Tieferes, Ruhigeres. Die Adler erneuern ihr Gefieder - wir erneuern unser Gebets-, Liebes- und Geduldsleben und verstehen heute besser als gestern, was Gott meint, und nach jedem Zusammenbruch geht die Sonne der Gnade heller über uns auf. Hat Jehova Raum gewonnen in unserm Leben für Seine unverfälschte Kraft? Kind des Neuen Bundes, fürchte dich nicht davor, auf Trümmern anzulangen! Wenn du nicht mehr bauen kannst, so räumt der Herr die Trümmer hinweg, und dann braucht Er nicht erst zu bauen, dann schält sich deinem staunenden Blick das Heilige heraus, was Er schon gebaut, was Er schon bereitet hat: deine Erziehung. Dann verstehst du besser denn je Seine Ziele; anstatt zu klagen, betest du an, dass dein Gott dich bankrott gemacht, damit Er dir alles in allem sei wie noch nie und die Quelle deines Lebens aus deiner Hand in Gottes Hand komme.
Hast du, liebe Seele, nun in diesem Kapitel deinen Gott gesehen? Den Schöpfer, den Erlöser, den Tröster? O selig der, der Ihn so kennenlernen darf! – „Tröstet Mein Volk, spricht der Herr, euer Gott!“