Otto Stockmayer
Schriften von Otto Stockmayer
Lk 11,1-4 Mt 6,9-13 - 16. SeptemberLk 11,1-4 Mt 6,9-13 - 16. September
Und es begab sich, dass Er war an einem Ort und betete. Und da Er aufgehört hatte, sprach Seiner Jünger einer zu Ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger lehrte. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Unser Vater im Himmel, Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel. Unser täglich Brot gib uns heute. Und vergib uns unsre Schulden, wie wir unsern Schuldigern vergeben. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel.
Es kam je und je vor, dass der Herr Jesus sich abends spät zurückzog oder dass Er morgens früh hinausging in die Wüste, zu beten. Es geschah, dass Er ganze Nächte zubrachte mit dem Vater. Das hat den Jüngern zu denken gegeben. Und als Er wieder einmal an einem Ort besonders war und zurückkam, da sagte einer der Jünger: „Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger beten lehrte.“ Was Johannes seinen Jüngern über das Gebet gesagt, wissen wir nicht. Soviel aber wissen wir: er konnte sie nicht beten lehren, wie Jesus Seine Jünger beten lehrte. Johannes konnte nicht in dem Gebetsumgang mit Gott stehen wie Jesus, obgleich auch Johannes von Mutterleib an erfüllt war mit dem Heiligen Geist. Es ist nur Einer, der uns beten lehren kann: „Der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoss ist.“ „Niemand kennt den Vater, denn nur der Sohn und wem es der Sohn will offenbaren“ (Lk 10,22).
Bei diesem Geheimnis des Betens, in das die Jünger eingeführt sein wollten, kommt alles darauf an und hängt davon ab, dass man den kennt, zu dem man betet. Wenn wir etwas brauchen, so wenden wir uns an solche, die es besitzen und von denen wir erwarten können, dass sie es uns bereitwillig geben. Ich muss die Leute kennen; auch wendet man sich an solche, vor denen man sich nicht zu genieren braucht. Die Kinder bitten am liebsten von den Eltern und schämen sich nicht, auch wenn die Eltern die Bitte abschlagen. Die Eltern wissen, warum sie die Bitte jetzt nicht erfüllen können, und das Kind kommt deshalb mit Vertrauen ein andres Mal doch wieder.
Wenn nun der Herr Jesus nach dem damaligen Verständnis der Jünger auf ihre Bitte eingeht, so ist es bedeutsam, wenn das Gebet, das Er ihnen gibt, anfängt: „Unser Vater in dem Himmel.“ Wirklich beten und freudig beten können nur die, die einen Vater haben in dem Himmel, dem sie alles sagen können, der alle Dinge weiss - „euer Vater weiss, dass ihr des alles bedürfet, - der vom Himmel herab in alle Nöte, in alle Gebiete des menschlichen Ringens und Suchens hineinschaut und alle Fäden in Seiner Hand hat.