Führe uns nicht in Versuchung.
Es ist selig und herrlich, sich bei jeder neuen Aufgabe sagen zu dürfen: „Führe mich nicht in Versuchung, Vater.“ Wie kostbar ist es auch, wo es sich nur um einen Besuch handelt, wenn ich vielleicht noch vor der Tür einen Augenblick stillstehen darf, um ein Vaterunser zu beten oder um auch nur zu sagen: „Führe mich nicht in Versuchung - nimm die Sache jetzt in die Hand; nimm die Leute in die Hand, mit denen ich zu tun habe; bewahre mich, dass man mich nicht etwa durch irgendeine Frage auf einen schlüpfrigen Boden bringe, dass man mich nicht übervorteile und ich in nichts hineinkomme, das mich schwächen und zu Deinem Dienst unfähig machen könnte. Herr, wenn Du einen Augenblick vergässest, wie schwach ich bin, wie sehr ich der Bewährung bedarf, so würde ich vergehen, Dich verleugnen; aber ich verlasse mich auf Dich, dass Du treu bist. Ich habe keine Errungenschaft, kein geistliches Alter, aber Du bist treu.“ Wir brauchen das immer tiefer werdende Bewusstsein der Gefahr von innen und aussen. So lässt es sich weitergehen. So lässt es sich singen: Gott sei Dank, der Sieg gibt immerdar durch Feindesheere hindurch, der aber das Bewusstsein der Abhängigkeit in uns schärft und vertieft. Nie, nie, gar nie versucht uns Gott über Vermögen. Nie habe ich diese Erfahrung machen müssen. - Es muss erst alles in der Ruhe vor Gott filtriert werden, und da kann es vorkommen, dass man lieber noch im letzten Augenblick umkehrt, als riskiert, eine Schlappe davonzutragen.
Wie viele Kinder Gottes tragen Schlappen davon, von denen sie sich ihre Lebtage nicht mehr erholen - dunkle Punkte in ihrer Vergangenheit, die sie hindern, mit Gott in ein Verhältnis zu treten, das ihnen die Garantie bietet: sie haben einen Gott, der für die Armen eintritt, wenn sie in Gefahr sind, bedrückt zu werden. Wenn wir nichts für uns selbst mehr suchen wollen, so kann uns niemand drücken. Dann befehle ich meine Sache Gott, und Er bleibt nie hinter Seinen Verheissungen zurück. Wohl aber kann es einmal vorkommen, dass Er über Bitten und Verstehen tut - nach Seinem Wohlgefallen. Wie gesagt, von dem Augenblick an, wo wir in eine Versuchung eintreten, sieht Er schon Grenze und Ausgang. Mit der Versuchung wird Er den Ausweg schaffen, so dass ihr sie ertragen und mit dem Apostel Paulus sagen könnt: In dem allem überwinden wir - knapp? - nein, in dem allem sind wir mehr als Überwinder. Durch unsern Heldenmut? Nein, durch unsre Schwachheit, durch unsre Abhängigkeit von Ihm, dem Starken, der den Schwachen mächtig macht, dessen Kraft sich nicht mit menschlichem Heldenmut paart, sondern die Grossen und Reichen zuschanden werden lässt und die Armen durch alle Schwierigkeiten gnädig hindurchträgt.