Otto Stockmayer
Schriften von Otto Stockmayer
Inhaltsverzeichnis
Führe uns nicht in Versuchung.
Diese Bitte ist zugleich ein Akt der Anbetung: Herr, ich weiss, alle Umstände sind in Deiner Hand! Man darf meine Glocke nicht mehr ziehen, als Du erlaubst; man darf mich nicht länger herausfordern, als Du zulässt. „Führe mich nicht in Versuchung!“ Ich hänge von Dir ab. Du weisst, wie weit Du heute mit mir hineinkannst in Proben, ins Feuer. Du hast das Thermometer, Du weisst die Hitze, Du kennst meine Tragkraft: Führe mich nicht in Versuchung! Du kannst mir die Proben nicht ersparen, und ich will es auch nicht; aber, Herr, bewahre mich, dass ich nicht in die Hände des Argen, des Feindes komme, dass ich in der Einfalt bleibe.
Es darf nur einmal jedes in die rechte Stellung zu Gott kommen und in der rechten Einfalt vor Gott wandeln, dann wird es immer mehr seiner Abhängigkeit von Gott innewerden, und der Herr selber wird ihm dann aufschliessen, was in dieser Bitte liegt.
Es kann uns alles zur Versuchung werden, Freude oder Trauer; es kann uns alles von Gott ab- und ins Eigene hineinziehen, Misslingen und Gelingen. Der Teufel steht sozusagen vorn und hinten und geht darauf aus, alles zu vergiften und zu verderben. Es sind da immer zwei Seiten: Gott steht da, um uns zu erproben, und der Teufel steht da, um uns zu vergiften, von Gott abzuziehen. Darum bete: Herr, ich befehle meinen Geist in Deine Hände, meine Sinne und Gedanken, Augen und Ohren; am Tage und in der Nacht sei zwischen mir und den Menschen! Bewahre mich vor mir selbst, bewahre mich, dass ich mit niemand in Berührung komme; sei Du zwischen mir und meinem Nächsten. Ich werde nicht erbaut durch Menschen, sondern zurückgebracht, wenn Du nicht zwischen uns bist. Sie können mir nichts Gutes tun, als was durch Dich vermittelt ist. Herr, bewahre Du mich. Führe mich nicht in Versuchung, gib mich nicht preis dem Argen! Hand, die nicht lässt, halte mich fest!
Du musst, was Du begannst, vollenden;
Aus mir wächst Heil’ges nicht hervor.
Behalt in Deinen Meisterhänden
Mich weiches Wachs, mich schwankes Rohr!
Ob milde Lüfte wehn, ob Stürme,
O lass mich nimmer, nimmer los;
Behalte mich in Deinem Schirme
Und Deiner Liebe treuem Schoss!
Erstellt: 18.08.2024 07:03, bearbeitet: 26.08.2024 01:25