Ährenlese von Georg R. Brinke - Jahrgang 5, 6; 16-19 und 21
Mk 12,28 ‑34 - Du bist nicht ferne vom Reiche GottesMk 12,28 ‑34 - Du bist nicht ferne vom Reiche Gottes
Eine Gruppe von Fragestellern löste die andere ab. Sie kamen zum Herrn, um Ihn mit List zu fangen. Wir sehen, wie sie beschämt abziehen mußten. Wenn Er einmal ihre Bosheit erkannte, ließ Er sie stehen (Mt 16,4). Nachdem der Herr die Sadduzäer mit der Schrift zum Schweigen gebracht hatte und ein Oberster Jesu Weisheit erkannte, kam auch er mit einer Frage. Obwohl er ein Oberster in Israel war, fand er sich in den vielen Satzungen und Überlieferungen nicht zurecht und entschloß sich, den Herrn zu fragen. Doch bei allem Suchen war doch etwas Unehrliches dahinter. In Matthäus 22,35 lesen wir, daß er kam, um den Herrn zu versuchen. Wohl sprach er Ihn sehr respektvoll mit Meister an, und doch stand er bis dahin auf der Seite der Feinde.
Wieso ein Gegner Christi? Weil er den Herrn versuchte. Er machte im Verborgenen, was andere offen taten. Bald aber wurde er des Besseren belehrt. Was der Oberste im Herzen war, sind wir von Natur alle (Röm 5,10), ob religiös oder in tiefsten Sünden. Da ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer (Röm 3,23.24). Der erste Nachkomme Adams war religiös. Er opferte, aber er war ein Mörder. Das war auch Saulus von Tarsus. Von den einst Fernen schreibt Paulus in Epheser 2,13: Sie sind:
Nahe gebracht. Das war dieser Oberst ganz besonders, denn er stand vor dem Einen, der uns zu Gott bringt (1Pet 3,18). Der Oberst war ein Beobachter, nicht falsch wie seine Kollegen, sondern über das Gehörte nachdenkend. Seine Worte waren offen und ehrlich. Er hatte auch die Gnade zu sagen: Du hast recht geredet.
Seine Frage: Welches ist ‑das vornehmste Gebot? Darüber stritten die Juden unaufhörlich wegen ihrer vielen Satzungen. Gern wuschen sie sich rein wie viele heutigen Tages. So ist z. B. eine Notlüge keine Sünde. Solche Unterschiede läßt der Herr nicht gelten (Mt 23,23). All die Fragesteller, die sich auf Moses beriefen, ahnten nicht, daß sie es mit dem Größeren als Mose zu tun hatten, mit dem Gesetzgeber selbst. Moses sehnte sich Sein Angesicht zu sehen (2. Mose 33). Sie aber sahen, verachteten und kreuzigten Ihn.
Des Herrn Antwort. Weil der Oberst Gesetzesfragen
stellte, antwortete ihm der Herr mit dem Gesetz. Das Gesetz bestand aus
zwei Tafeln. Die erste enthielt die Pflichten Gott gegenüber und die
andere die zu den Menschen. Die erste Frage beantwortete der Herr mit 5. Mose 6,4-8: „Du sollst lieben Gott deinen Herrn von ganzem Herzen.“ Das
ist das Anrecht Gottes als Schöpfer an uns alle (Ps 110,3). Unser
Gottesdienst darf zu Gott kein bloßes Lippenbekenntnis sein, sondern
innere Zuneigung zu Ihm und zu Seinem Wort: Beachte besonders
Die zweite Antwort erteilte der Herr aus 3. Mose 19,18: „Du sollst
deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. Liebe ist das summa summarum
aller Gebote. Sie ist des Gesetzes Erfüllung (Röm 13,10). Die Liebe
ist die Seele des Wortes; denn Gott ist Liebe (1Joh 4,8). Unsere
Liebe zu Gott findet ihre Verwirklichung in der Nächstenliebe (1Kor 13). Alle Gaben sind nutzlos, wenn die Liebe fehlt (
Niemand kann das Gesetz erfüllen. (Mt 5,19-22). Eine gute Antwort darauf gibt Petrus in Apostelgeschichte 15,10. Das Herz muß erst beschnitten werden (5. Mose 30,6; Apg 7,52.53). Das geschieht bei der Wiedergeburt (Tit 3,5-7).
Das Ergebnis der Unterredung. Die Vorhergehenden gingen stillschweigend davon, weil sie überführt waren. Dieser aber gab dem Herrn recht (V. 32). Bleibt hier nicht stehen, sondern geht weiter durch die Pforte ein (Joh 10,9) und bleibt nicht davor stehen. Wie ist es heute? Tausende hören die Botschaft, sind ergriffen davon, aber sie gehen nicht durch die enge Pforte. Haben wir nicht schon alle Versammlungen mit Tränen verlassen, weil niemand Ihm nachfolgte? Sie wissen, daß sie Sünder sind und den Heiland benötigen; sie kommen aber nicht bis zu Ihm (Lk 19,10). „Du bist nicht ferne vom Reiche Gottes.“ Warum blieb der Oberst nicht beim Herrn? Eines seiner größten Hindernisse war die Menschenfurcht. Was werden die Kollegen sagen, die Ihn umbringen wollen? Ob er wohl bei Jesu Verurteilung auch dabei war? Viele bleiben fern, weil sie sich nicht von Welt und Sünde trennen wollen. Sie schauen zurück nach Sodom und kommen um. Sie vergessen, daß niemand zwei Herren dienen kann (Jak 4,4).
Andere sagen mit dem Dichter: „Später treff' ich die Wahl“ und vergessen, daß sie damit Gottes Befehl, „Heute“, übertreten. Gott befiehlt und der freche Sünder sagt nein.
Andere verlassen sich auf ihre guten Werke und vergessen, daß der Mensch nur aus Gnade gerettet wird (Eph 2,8.9). Viele waren der Arche nahe, hörten Noahs ernste Worte, gingen aber nicht hinein. Viele bewunderten das große Schauspiel der Tiere, sie selbst aber blieben draußen und kamen um. Werden wir nicht an Hebräer 2,3 erinnert: Wie wollen wir entfliehen, so wir ein so großes Heil vernachlässigen. Schrecklich wird es einmal für alle Draußensteher sein, die einst so nahe waren. Auch bloße Mitmacher werden erschrecken, die nahe waren.