Ährenlese von Georg R. Brinke - Jahrgang 5, 6; 16-19 und 21
KindheitserinnerungenKindheitserinnerungen
Wir schlossen unser erstes Blatt mit Joseph, dem Triumph des Glaubens. Durch viel Prüfungen und Leiden, ja selbst durch das Tal des Todesschattens wandernd, ging er als Sieger hervor. Joseph gelangte, wie unser Herr, aus dem Grabe des Kerkers zu höchster Ehre, auf den Thron. Durch Nacht zum Licht, durch Leiden zur Herrlichkeit. Was uns die sieben genannten Gestalten in ihrem siebenfachen Lichte sagten, stellt nichts anderes dar als den Weg jedes einzelnen Christen, von seiner Bekehrung aus Sünde und Schuld, bis zu seiner Vollendung und Krönung droben in der Herrlichkeit. Josephs Leben ist reich an Leiden und Herrlichkeit. Er ist das trefflichste Vorbild auf unsern Herrn.
Kindheitserinnerungen. Wir sahen, daß Joseph etwa sieben Jahre alt war, als er mit seinen Eltern nach Kanaan zog. Hier war er 17 Jahre alt. Die frühen Kindheitstage bei den Eltern, mögen die schönsten bis dahin gewesen sein.
Als erste Erinnerung wird ihm der plötzliche Aufbruch der ganzen Familie aus Haran geblieben sein. Laban sah scheel auf deinen Schwiegersohn Jakob; er mißgönnte ihm alles, so daß sich Jakob entschied heimzukehren, zumal Gott selbst ihn dazu aufforderte (1. M. 35, 3). Schwer belastet wurde das Kind durch den Schreck, den es durch Labans böse Absichten auf dem Gebirge Gilead miterlebte (1. M. 31, 35). Wie wird der Knabe aufgeatmet haben, als er seinen Großvater Laban ziehen sah.
Als Nächstes wird Machanaim mit seinen Engelsheeren tief in seine Seele gedrungen sein. Das war und blieb ein unvergeßliches Schauspiel, an das er später in seinen Drangsalen gewiß oft gedacht haben wird (1. M. 32). War das nicht ein sicheres Anzeichen dafür, daß der Herr vor ihnen herzog und sie gewiß zurück nach Bethel bringen werde?
Anschließend folgte die Begebenheit in Pniel. Hier rang sein Vater mit Gott, wie nie zuvor. Hier erlebte Jakob den großen inneren Zusammenbruch, aber er erhielt auch den hohen Titel „Israel“. Joseph sah das Kennzeichen jener Begegnung Gottes mit seinem Vater, denn er hinkte. Also an seinem Wandel sah man seine Begegnung mit Gott, was Joseph gewiß beeindruckte.
Josephs nächstes Erlebnis war die vom Vater gefürchtete Begegnung mit seinem Onkel Esau. Dort war Joseph Zeuge der rührenden Versöhnung zweier Männer, die Jahrzehnte lang in Unversöhnlichkeit lebten und sich nun in den Armen lagen. Leider lernten Josephs Brüder nichts aus diesem Schauspiel, sonst hätten sie gewiß ihren Bruder später nicht töten wollen. Haben wir davon gelernt, und sind wir in Frieden mit unsern Brüdern (Heb 12,14) ?
Gewiß hat Joseph unter der grausamen Mordtat seiner Brüder Simeon und Levi gelitten, die sie an Hemor und Sichem und dem ganzen Ort begingen und dadurch das ganze Lager Jakobs in Not brachten (Kap. 34, 25‑31). Es mußte aber dazu dienen, daß die ganze Familie sich endlich nach Bethel begab (Kap. 35, 1. 6), um daselbst Gott anzubeten.
Als nächste große Erinnerung blieb ihm Bethel (Haus Gottes). Gewiß hat Jakob seinem Sohne Joseph oft die Geschichte der Himmelsleiter erzählt. Auch die sorgfältigen Vorbereitungen vor Bethel machten gewiß tiefen Eindruck auf ihn (32, 2‑5). Joseph sah das gründliche Aufräumen der sündigen Vergangenheit. Das Reinigen und Anziehen neuer Kleider, das Begraben von Göttern an denen selbst noch seine Mutter hing. All das erweckte große Erwartungen in ihm. Wie wird er den Stein betrachtet haben, den sein Vater vor 20 Jahren setzte.
Vor allem aber sah Joseph den ersten Altar. In Haran lesen wir nichts von einem Altar. In einer Familie ohne Altar, sieht es meistens trübe aus, und das war leider so im Hause Jakobs. Ein Leben ohne Altar ist ohne Gemeinschaft mit Gott. Segen fließt nur vom Altar (Hes 47,1).
Kurz darauf mußte Joseph Zeuge des ersten Begräbnisses sein. Debora, die treue Magd, starb und wurde begraben. Wir erinnern uns alle, wie befremdend der Anblick des ersten Toten besonders auf ein Kind wirkt.
Dieser Schmerz sollte durch ein freudiges Ereignis abgelöst werden, dem Joseph gewiß gern entgegensah, die Geburt eines eigenen Brüderchens. Plötzlich hielt der Zug,, aber hier mußte er auch seine geliebte Mutter in Kindesnöten verlieren; weinend mußte er mutterlos weiterziehen.
Bald darauf durfte er ein neues schönes Erlebnis machen, die erste Begegnung mit seinem Großvater Isaak. Welche Freude, als er seinen Vater in den Armen des Großvaters liegen sah. Noch manches Jahr durfte Joseph mit seinem Großvater zusammen sein. Mit größter Spannung wird er all den reichen Erfahrungen zugehört haben. Besonderen Eindruck mag ihm der Gehorsam seines Großvaters gemacht haben, als er ihm die Geschichte seiner Opferung auf Morija erzählte. Das weckte gewiß in ihm den Wunsch zu vermehrtem Gehorsam. Sicher haben sich all diese Jugenderlebnisse tief in seine Seele eingeprägt. Recht frühe lernte Joseph die Härten des Lebens von vielen Seiten her kennen, nicht ahnend, daß er gar bald dem geliebten Vaterhaus für viele Jahre entrissen würde. Joseph erlebte, was Salomo sagt: „Es ist einem Manne gut, daß er sein Joch in der Jugend trage.“