Ährenlese von Georg R. Brinke - Jahrgang 5, 6; 16-19 und 21
Mk 8,14 ‑21 - Eine ernste MahnungMk 8,14 ‑21 - Eine ernste Mahnung
Nach der kurzen Unterredung, die der Herr mit den beiden Sektierern, den Pharisäern und Herodianern führte, fuhr Er mit Seinen Jüngern über den See. Die Überfahrt verlief ruhig. Der Herr war entrüstet über die Bosheit und Verstocktheit dieser Blindenleiter. Bei aller Scheinfrömmigkeit hätten sie Ihn am liebsten sofort umgebracht. Er schüttet Sein betrübtes Herz vor den Jüngern aus mit der Warnung:
Hütet euch. Wovor? Vor der Heuchelei. Wir alle stehen in der Gefahr zu heucheln. Dem unterlag selbst Petrus in späterer Zeit, weshalb Paulus ihn rügte (Gal 2,11-13). Diese Warnung offenbart das innere Empfinden des Herrn über die Entartung derer, die nach Seinem Bilde geschaffen sind. Die Lehre der Pharisäer bestand in den Überlieferungen der Ältesten; durch öffentliches Beten, Fasten, Kasteien und anderer religiöser Übungen. Sie suchten sich auf diese Weise Ansehen vor dem Volk zu verschaffen. Kurz, durch Werkgerechtigkeit wollten sie das ewige Leben erwerben. Die Wiedergeburt, wie sie der Herr Nikodemus lehrte, lehnten sie ab. Sie wollten nicht durch Buße und Glauben zu Jesus kommen, etwa wie ein Zöllner, sondern sich durch eigene Gerechtigkeit die Gunst vor Gott erwerben; Paulus, der selbst ein Pharisäer war, stellt in den ersten Kapiteln des. Römerbriefes des Menschen Verderbtheit dar, aber auch die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, durch den Glauben an das Opfer Christi (Röm 3, 2225).
Die Herodianer pflegten sonst keine Gemeinschaft mit den Pharisäern. Sie bildeten eine besondere religiös‑politische Partei. Diplomatische Klugheit zeichnete sie aus. Mit dieser versuchten sie, zusammen mit den Pharisäern, den Herrn in eine Falle zu locken.
Tiefes Empfinden. Der Herr war nun wieder inmitten Seiner Jünger. Die Pharisäer mögen ihrer Abreise verächtlich nachgeblickt haben, denn die Jünger waren in ihren Augen Unwissende. Der Herr erwählt selten die weltlich Großen, sondern die Aufrichtigen, und das waren die Jünger, trotz mancherlei Mängeln. In den Pharisäern aber sah der Herr Menschen, die Er einst richten muß mit den Worten: Gehet von mir. Wie Paulus unter dieser Verstocktheit litt, lesen wir in Römer 9. Moses wollte seiner widerspenstigen Brüder wegen aus dem Lebensbuch ausgetilgt werden (2. Mose 32,32). Was Moses und Paulus nur vorhatten, das tat in unfaßlicher Weise der Herr: Er starb für alle, auch für die Feinde (Röm 5,10).
Oberflächliche Hörte. Solche gibt es überall, selbst
unter den Jüngern. Die Abreise erfolgte plötzlich. Die Jünger hatten
vergessen, Brot zu kaufen. Nun spricht der Herr vom Sauerteig der
Pharisäer und Herodianer (V. 15). Die Jünger aber beschäftigte das
tägliche Brot. Darum hörten sie nur halb zu. Hüten wir uns, daß wir uns
im Gottesdienst mit andern Dingen als dem Wort beschäftigen dadurch
werden Reden wie hier oft mißverstanden. In solcher Verfassung genießen
wir kaum etwas aus den tiefen Heils‑Quellen (Jes 12,3;
Ein wohlverdienter Tadel. Als Jesus vom Sauerteig (die Heuchelei) der Pharisäer sprach, meinten die Jünger, Er sage das deshalb, weil sie vergessen hatten, Brot mitzunehmen. Der Herr mußte sie ihrer Unwissenheit wegen mit vielen Fragen beschämen:
Was kümmert ihr euch wegen Brot? (Mt 6,8.)
Versteht ihr noch nichts? (Das Gleichnis vom Sauerteig.)
Habt ihr noch ein verhärtetes Herz? (Heb 13,9.)
Ihr habt Augen und sehet nicht (sahen sie nicht viele Wunder?),
Ohren und höret nicht (hörten sie nicht erhebende Worte?), und denket nicht daran? Woran? An die Speisung der Fünftausend und an das was übrig blieb (V. 19).
Der Herr verglich die Lehre jener Sektierer mit dem Sauerteig; ein wenig davon durchsäuert den ganzen Teig. So versuchten die Pharisäer mit ihren Lehren die Menge in die Irre zu führen, weg vom Herrn. Falsche Lehren sind oft ein Gemisch von Wahrheit und Irrtum und darum umso verderblicher. Lehrer sollten in den Gemeinden wachen und das Böse hinaustun (1Tim 6,3-5; z. Joh 10; Apg 20,28).
Endlich erfaßt. Der Herr hatte viel Geduld mit Seinen Schülern und belehrte sie durch Bilder, Gleichnisse oder Schriftzitate wie: Habt ihr nicht gelesen? Man denke an Paulus, mit welcher Geduld und Treue er jedes Einzelne in Tränen ermahnte und ihnen zurechthalf (Apg 20,31). Er bemühte sich um die Korinther und Galater und andere. So hatte der Herr Geduld mit Seinen Jüngern. Er wußte: bald würden sie an Seiner Statt das Wort verkündigen. Darum mußten sie lernen.
Ein schöner Zug. Die Jünger ließen sich tadeln. Gläubige, die keinen Tadel ertragen, sind hochmütig. Dem Demütigen gibt Gott Gnade.
Die Jünger ließen sich durch die Schrift belehren, wie etwa die Emmausjünger (Lk 24,25-27.32), vor allem durch Sein Beispiel und was sie vom Herrn hörten. Er erinnerte sie an Seine großen Taten, an die Speisungen. Gewiß haben sie sich ihres Kleinglaubens wegen geschämt. Nur wer bereit ist, sich tadeln zu lassen, sich der Schrift zu unterziehen, wird fähig und geschickt zur weitem Erkenntnis und zum Dienst.