Ährenlese von Georg R. Brinke - Jahrgang 5, 6; 16-19 und 21
Joh 19,38-42 - Zwei geheime JüngerJoh 19,38-42 - Zwei geheime Jünger
Geheime Jünger hat es zu allen Zeiten gegeben, weil sie die Schmach Christi fürchten (Hehr. 13, 12). Zu dieser Klasse gehörten Joseph von Arimathia und Nikodemus. Vom ersteren hören wir nichts als nur bei der Kreuzigung. Nikodemus kennen wir aus jener Nacht, da Jesus mit ihm über die größte Notwendigkeit, die Wiedergeburt, sprach. Beide waren fromme Männer und erwarteten wie Simeon in Lk 2,25 das Reich Gottes, also den verheißenen Messias. Da aber Israel seinen König verwarf, schwiegen sie, anstatt wie die Zwölf dem Herrn nachzufolgen. Sie hatten es nicht wie jene vier Männer in 2Kön 7,9, die sagten: Schweigen wir, so wird uns Schuld treffen.
Zwei große Männer. Laßt sie uns ganz kurz betrachten. Wer war Joseph von Arimathia? Sehr viel Anerkennendes sagt die Schrift über ihn. Er war Ratsherr, gehörte dem Synedrium an, zu Israels höchstem Gerichtshof, der den Herrn zum Tode verurteilte, worin aber Joseph nicht einwilligte (Lk 23,51).
Joseph wird ein Gerechter genannt (Lk 24,15). Das will sagen, daß er in allem gerecht handelte.
Er wird ein guter Mann genannt, etwa wie der Hauptmann zu Kapernaum oder wie Kornelius (Lk 7,4; Apg 10,2), Männer, die den Armen dienten mit ihrer Habe.
Er war auch ein reicher Mann. Nur solche konnten sich Felsengrüfte leisten wie er. Reich sein ist in der Schrift nicht verboten. Abraham war es auch (1. Mose 13,2; Spr 22,2).
Wer war Nikodemus? Wir kennen ihn aus seiner Unterredung mit Jesus sowie von seinem Protest gegen seine Kollegen, die übel über den Herrn sprachen und ihn verspotteten (Job. 7, 50). Beide Männer waren guten Charakters, erwarteten den Herrn, um das Reich Israel aufzurichten. Nur eins fehlte ihnen: öffentlich für den Herrn Stellung zu nehmen, wie die Jünger. Sie schämten sich ihres Schöpfers und Erhalters, von dem Simeon so Großes geweissagt hatte (Lk, 2, 31. 32).
Zwei heimliche Jünger. Joseph wird ein Jünger genannt (V. 38). Heimliche Jünger, was sind das für Leute? Menschen, die den Herrn erkannt haben, Seinen Worten glauben, sogar wie Nikodemus nach dem Wege fragen (Job. 3, 9), aber die es nicht wagen, Ihn vor der Welt zu bekennen. Sie unterlassen es, Seinetwegen alles zu verlassen wie die Zwölf, oder wie Paulus (Mt 19,27; Phil 3,8). Sie haben es nicht mit Mose, der die Schmach Christi für größeren Reichtum achtete, als alle Schätze und Ehre der Welt (Heb 11,25.26). Selten kommen Menschen in hoher Stellung zum Herrn, weil sie scheinbar an Einfluß verlieren. Was mag die Zwei abgehalten haben?
Joseph stand als Ratsherr in hohem Ansehen, der Herr aber war der Allerverachtetste und beständig vom Tode bedroht (Mt 19,28). Bis heute kommen selten Menschen in hoher Stellung zum Herrn, sie fürchten die Einbuße, die sie Seinetwegen erfragen müssen (1Kor 1,26).
Joseph war reich, der Herr wurde arm unseretwegen (2Kor 8,9, er fürchtete, daß er es um Jesu willen auch werden müsse. Reichtum ist vielen ein Hindernis zur Bekehrung (Mk 10,22). Den Herrn als Messias zu bekennen, wagten beide nicht, aus Furcht, ausgestoßen zu werden (Joh 9,22.35). Nikodemus bekam es eines Tages zu fühlen (Joh 7. 50).
Zwei Verlierende. Unersetzlich groß war der Verlust beider. Man denke daran, was die Jünger alles mit Jesus erlebten. Petrus sagt es zusammenfassend zweimal (Joh 6,68; Apg 10,38) und Johannes in Kap. 20, 30. 31. Oft werden sie die schönsten Erinnerungen ausgetauscht haben, wegen Seiner Sanftmut, Demut, Geduld, Liebe usw. Unvergeßlich blieben ihnen die Totenauferweckungen auf Tabors Höhen. Nie vergaßen sie die Abschiedsreden (Kap. 13‑17). Das und anderes verloren die zwei und alle, die nicht bekennen.
Zwei Wiedergutmachende. Plötzlich stehen beide schweigend unter dem Kreuz. Das Kreuz entfachte eine ungeahnte Liebe in ihnen, mit Paulus ward plötzlich das Kreuz ihr Ruhm (Gal 6,14). Was können wir machen, fragt Joseph, der zusah, wie die Soldaten die Leiber der Schächer zertraten. Dürfen wir das am Herrn zulassen'? Der Blick aufs Kreuz macht den Feigsten zum Helden. Was taten beide? Joseph eilt zu Pilatus und bittet ihn um den Leib Jesu, den Leib, den er unschuldig zum Tode verurteilt hatte. Er geht zur Stadt, um feine Leinen zu kaufen (Mk 15,46).
Nikodemus, der wieder bei Nacht kam (Mk 15,42) mit hundert Pfund kostbaren Salben. Der hohe Preis hätte dem Herrn besser bei Lebzeiten gedient (Mt 8,20). Das hat Maria besser getan (Joh 12,7). Bedurfte Der, dessen Leben ein Wohlgeruch war, noch wohlriechender Salben (Hobel. 1. 13; Mt 17,5)? Nikodemus will nach Möglichkeit wiedergutmachen.
Die Frauen die auch dabei waren, werden ihr Möglichstes zur Würde des Herrn beigetragen und sicherlich Seinen Leib mit Tränen begossen haben, wie jene Frau in Lk 7,38.
Joseph opferte seine Felsengruft, er dachte kaum an Jesu Auferstehung. Der Fels Christus lag in einer Felsengruft. Jes 53,9 mußte erfüllt werden. Es war in einem Garten. In einem Garten brachte Satan Sünde und Tod in die Welt. In einem Garten siegte der Fürst des Lebens über den Tod. Wer den Wert des Kreuzes erkannt hat, opfert dem Herrn alles.