Ährenlese von Georg R. Brinke - Jahrgang 5, 6; 16-19 und 21
1Mo 38 - Ein trübes Kapitel1Mo 38 - Ein trübes Kapitel
Weil dieses Kapitel in der Reihenfolge unserer Betrachtungen steht, wollen wir es nicht übergehen. Viele Leser der Schrift begreifen nicht, daß trübe Vorkommnisse wie die des Juda, Onan und der Thamar in der Bibel stehen. Sie vergessen, daß Gott aller Leben so wiedergibt, wie es gelebt wurde. Die Bibel berichtet beides, von allen das Gute und das Böse. Man denke an David und Petrus. Und wie die Sünden der Genannten erwähnt sind, so stehen auch die unseren in Gottes Buch (Off 11,2), aber auch alle Wohltaten (Mal 3,16).
Gott sandte Joseph als Wegbereiter seiner Familie nach Ägypten. Oft müssen selbst böse Absichten Gottes Pläne erfüllen. So führte Gott Sein Volk in das Land Gosen, damit es vor dem bösen Einfluß der Kanaaniter bewahrt blieb.
Ein falscher Weg. Den beschritt nach V. 1 Juda. Er verließ seine Brüder und schloß Freundschaft mit dem Kanaaniter Hiram. Den Weg ging auch Demas, der die Gemeinschaft mit Paulus mit der der Welt vertauschte (2Tim 4,10). In gleicher Weise sündigte Lot, der Abraham verließ und nach Sodom ging, dort alles verlor und in Blutschande endete. Das Aufgeben der Gemeinschaft der Gläubigen ist meistens zugleich ein Aufgeben Gottes.
Ungöttliche Ehen. Juda nahm eine Kanaaniterin zum Weibe, was die Schrift verbietet (1. M. 24, 3; 5. M. 7, 3; z. Kor. 6, 14. 15); Juda ging nach Thimnath hinab, wie später Simson, und beide schlugen falsche Wege ein und erlitten großen inneren und äußeren Schaden (Ri 14,3). Beide suchten weder Gottes noch der Eltern Rat. Wähle Gottes Volk zu Weggenossen, dann gibt Gott die rechte Gehilfin. Die Folge verkehrter Eheschließung sehen wir bald. Gott tötete zwei seiner Söhne, weil sie gegen Gottes Gebot gehandelt hatten.
Die Sünde Onans. Sie war nicht Selbstbefleckung, die wir mit Onanie benennen, sondern ein Verstoß gegen Gottes Gebot in 5. M. 25, 5‑10. Starb ein Ehegatte kinderlos, so hatte die Witwe Anspruch auf ihren Schwager sie zu heiraten, um ihm Nachkommenschaft zu erwecken. Onan heiratete wohl die Thamar, aber er verhinderte die Befruchtung, und damit mußte ihr Geschlecht aussterben. Der erste Sohn solcher Ehe trug den Namen des verstorbenen Mannes. Das wollte Onan nicht. Vielleicht wollte er den Verstorbenen selbst beerben. Doch hier ist weit mehr zu beachten: ein Sündigen gegen eine sehr große Verheißung. Aus Juda sollte Christus kommen (1. M. 49, 10), und das verhinderte Onan mit Seiner Sünde. In Mt 1,3 steht Thamar als erste der vier Stammütter Christi, also nicht Sara oder Hanna. Die Bezeichnung Onanie für Selbstbefleckung ist nicht ganz zutreffend.
Onans Strafe. Seine Sünde (V. 4) war übel in den Augen des Herrn. Der Übertretung folgt stets Gericht; es sei denn, sie ist bekannt und abgewaschen im Blute Christi (1Joh 1,9) Dennoch ist die sogenannte Onanie die Pest, die im Finstern schleicht. In ihr leben jung und alt und vergeuden ihre besten Kräfte.
Die Sünde Judas. Er ging wiederum hinab nach Thimnath und zwar zur Schafschere. Das ist ein Fest ähnlich unseren Winzerfesten, die mit reichen Gelagen und Alkoholgenuß verbunden waren. Man denke an Nabal in 1Sam 27 ebenso an Laban (1. M. 31).Weltliche Festzeiten bieten immer schwere Versuchungen, das erlebte auch Dina, die Tochter Jakobs (1. M. 34; Ps 1; Pred 7,2).
Die Sünde der Thamar. Sie hörte, daß ihr Schwiegervater nach '1'himnath ging und verkleidete sich als Dirne, stellte sich ihm als Versucherin in den Weg, und Juda ging zu ihr ein. Thamar forderte einen Preis, und Juda versprach ihr ein Böcklein, wofür sie ein Pfand forderte, was er ihr später schickte (V. 17. 18). Später hörte Juda, daß seine Schwiegertochter schwanger sei, ohne zu wissen, daß die Schuld ihn traf und fällte.
Ein schweres Urteil (V. 24). Ihr Pfand rettete ihr Leben. Als Juda sah, erkannte er seine Sünde und erklärte sie gerecht, deshalb, weil er ihr gegen Gottes Gebot seinen jüngsten Sohn vorenthalten hatte. Bevor Juda das Todesurteil über sie fällte, dachte er nicht daran, daß er derselbe Sünder war. Wie gegensätzlich zu Juda urteilte der Herr. Man lese Joh 8,1-11. Zum Richten der Sünde anderer sind wir schnell bereit, aber sehr langsam im Denken an unsere eigene Vergangenheit (Röm 2,1-14; Mt 5,28; Mt 7,1.2). Juda ging nicht leicht aus. Man denke in welche Todesnot er kam, als er sich nach Kap. 45 vor Joseph verteidigte.
Neue unbeschreibliche Gnade. Nach allen bedauerlichen Vorkommnissen spielen beide, Juda und Thamar, eine große Rolle. Aus Heb 7,14 wissen wir, daß der Herr aus Juda kommt. Beide, Juda und Thamar, stehen also in direkter Linie zu Christus. In Mt 1,3 sind beider Namen genannt. Thamar steht neben drei andern Frauen im Stammbaum Christi. Zum Erstaunen sehen wir, daß viele durch Sünde in diese Linie gekommen sind. Und war nicht Sünde die Ursache, daß wir zum Herrn gebracht worden sind und nun im Lebensbuch stehen, wie ,jene im Geschlechtsregister Christi?
Anfänglich verwunderten wir uns darüber, daß so gräßliche Vorkommnisse in der Schrift stehen. Nunmehr aber können wir nach kurzem Überblick über das Kapitel Gottes unerforschliche Gnade bewundern, die keinen, noch so tief Gesunkenen verstößt, ihn vielmehr mit Liebe umgibt und rettet. Er lischt den glimmenden Docht nicht aus, sondern facht ihn zu neuer Flamme an (Mt 12,20; Phil 1,6). Er schämt sich nicht, uns Brüder zu nennen, Menschen wie Juda, Thamar, dich und mich.