Ährenlese von Georg R. Brinke - Jahrgang 5, 6; 16-19 und 21
1Mo 40,14 - Gedenke meiner1Mo 40,14 - Gedenke meiner
Joseph gab dem Schenken ein Sträußchen Vergißmeinnicht mit doch es welkte bald. Er hatte dem Schenken viel gedient, nicht nur an dem Morgen, da er so niedergeschlagen war, sondern täglich während seiner Gefangenschaft. Darum war Josephs Bitte „gedenke meiner“ ganz berechtigt. Auch Joseph mußte erfahren daß Dankbarkeit eine seltene Frucht ist (Hiob 19,14; Ps . 31, 13; Pred 9,15; Amos 6,6).
Josephs Begründung seiner Bitte. Obwohl Gott mit Joseph war, so empfand er doch die Gefangenschaft hart. Sein Herz war gewiß oft schwer mit Heimweh erfüllt. Welch ein Unterschied, im Vaterhaus auf den sonnigen Weiden bei den Schafen weilen, oder im Kerker. Es erging ihm gewiß oft, wie Johannes dem Täufer, der selbst an Jesus zu zweifeln begann (Mt 11,3). Hart sind oft Prüfungszeiten, aber glückselig der Mann, der die Anfechtung erduldet (Jak 1,12). Doch Gott wendet das Gefängnis zu Seiner Zeit und macht es dem Leidenden durch Seine Nähe erträglich.
Beachtenswert ist die weise Art, wie Joseph seine Klage ausdrückt. Wohl sagt er, daß man ihn aus dem Vaterhaus gestohlen habe, aber er verklagt niemanden, weder die Frau, die die Ursache seiner Gefangenschaft war, noch den Potiphar, der der Ehebrecherin glaubte und ihn ohne Untersuchung bestrafte. Er verklagte auch seine Brüder nicht, die ihn nach Ägypten verkauft hatten, sondern Joseph handelte ganz nach 1Kor 7,21.
Übersehen wir DEN nicht, auf den Joseph nur ein schwacher Hinweis ist: der Herr. Er hat ein großes Anrecht zu sagen: „Gedenke Mein“ da Er im Vergleich zu Joseph viel mehr für uns getan hat (Lk 22,19). Er gedachte unser schon, da Er noch in der Herrlichkeit war (Eph 1,3). Er zog uns aus einer schrecklichen Grube, die schlimmer war als das Gefängnis (Ps 40,1-3). Das ganze Leben Jesu ist nur ein fortwährendes Gedenken an die Seinen (Ps 103,2). Für wen vergoß Er jene Blutstropfen in Gethsemane und Golgatha? Alle Wogen und Wellen gingen über Ihn, aber für wen? Wir anworten mit Gal 2 20. Hat Er nicht ein volles Anrecht auf die Bitte „Gedenke Meiner“?
Reiche Versprechungen: Die hat der Schenke dem Joseph gewiß gegeben und es auch so gemeint. Aber in V. 23 lesen wir, daß er seiner vergaß. Wie wird sich der Schenke später oft angeklagt haben, als er bei Tisch auch Joseph den Becher darreichte. Wo sind die Versprechungen, Gelübde, die wir unserm Joseph Jesus, gegeben haben? Rückblickend müssen wir uns gewiß alle schämen. Viele gedenken nur in Notzeiten an dien Herrn, machen Gelübde, die sie aber bald vergessen.
Das große Vorbild. „Gedenke an mich“, so flehte Joseph. Dieselbe Bitte sprach unser Herr in Verbindung mit einem vielsagenden Mahl, dem Abendmahl. Wo und unter welchen Umständen befahl Jesus Seiner zu gedenken? War es nicht dann, als Er in unser Gefängnis kam, um uns in Freiheit zu setzen (Lk 4,18)? „Gedenke Mein“, oder „Tut dies zu Meinem Gedächtnis“. Paulus wiederholt diese Bitte des Herrn in 1Kor 11. Gehen wir mit demselben herzlichen Verlangen zum Mahl des Herrn, wie damals Er selbst (Lk 22,15), um Ihn für die Befreiung anzubeten? Einst riefen wir Ihn aus unserm Sündenelend an, wie der Schächer: „Herr gedenke an mich.“ Und Er befreite uns. Danken wir Ihm für Sein Blut (2. M. 12. 13) ? Hier ist reichlich Stoff zum Nachdenken. Das tat David (Ps 116,12). Auch er hatte seine Gelübde vergessen, aber er wollte sie zahlen, wie das die weitern Verse des Psalmes zeigen. Der Schenke hingegen steht für immer in einem trüben Licht, weil er seinen Wohltäter vergaß. Nun, er machte sein Versäumnis nach Jahren wieder gut. Laßt auch uns an unserm vergessenen Freund nachholen, was wir können, um Ihn zu erfreuen.
Ein reicher Trost. Betrachten wir noch kurz eine andere Seite dieser Begebenheit. Obwohl der Schenke Joseph vergaß, so lag auch darin Gottes Führung. Gott dachte dennoch an seinen treuen Knecht, denn Er war mit ihm. Gottes Zeit war noch nicht gekommen. Als die Zeit erfüllet war, kam der Befreier (Gal 4,4). Wir möchten gern die Tür öffnen, vielleicht mit einem Dietrich, aber das ist nicht nötig (Apg 12,10). Kann eine Mutter ihres Kindleins vergessen (Jes 49,15)? Gott kann die Seinen nie vergessen (Heb 13,5.6; Ps 8,5).
Warum eine Verlängerung von zwei Jahren im Gefängnis? Die letzte Klasse war nicht beendet. Vielleicht mußte er auch noch andern dienen (Heb 10,32-39). Trag das Bündlein Vergißmeinnicht stets auf dir, es wird dich an Ihn erinnern.
Gedenke mein. Lassen wir noch kurz einige solcher „Gedenke Meiner“ zu uns reden. Sie sind ein Appell an das Gedächtnis, an alle Klassen von Gläubigen und Ungläubigen. Das Gedächtnis ist das Lagerhaus der Seele, eine wunderbare Gabe. Beachten wir folgende „Gedenke“ in der Schrift:
Gedenke deines Schöpfers (Pred 12,1)
Gedenke des Sabbats und wie du ihn verbringst (2. M. 20, 8)
Gedenke deiner Vergänglichkeit (Hiob 7,7)
Gedenke meiner in schweren Lagen (Ri 16,28)
Gedenke an die verpaßten Gelegenheiten (Lk 16,32)
Gedenke, wovon du gefallen bist (für Lauwarme) (Off 2,5)
Gedenke an Mich (für Sterbende) (Lk 23,42).