Ährenlese von Georg R. Brinke - Jahrgang 5, 6; 16-19 und 21
Mk 11,15 ‑18 - Die TempelreinigungMk 11,15 ‑18 - Die Tempelreinigung
Nach dem Einzug in Jerusalem ging der Herr in den Tempel. Die Schrift mußte erfüllt werden (Jes 9). Der Tag wird kommen, da der Herr den Thron Davids besteigen wird. Dann aber wird der Jubel von andern Lippen erschallen, von solchen, die um Gnade geschrien haben (Sack. 12, 10‑14), wenn sich das Volk ganz Seinem Gott zugewandt haben wird. Jetzt war diese Stunde noch nicht gekommen, vielmehr jene, die der Herr in Joh 17,1 nennt. Sein Weg führte noch nicht auf den Thron, sondern ans Kreuz, um die Sünden Seines Volkes zu tragen. Aber noch mehr war zu erfüllen, ehe Er ans Kreuz ging (Ps 69,10). Der Eifer um dein Haus hat mich verzehrt. Das sehen wir in unserm Abschnitt erfüllt.
Der Herr des Tempels im Tempel. In einem Augenblick sah der Herr alles, was sich hier vollzog. Was Ihm aber vor allem Schmerz verursachte, war, daß Jerusalem den Herrn des Tempels nicht erkennen wollte. Hier sah Er nur starre Formen, ja mehr, daß die Gottesdienste zum Deckmantel irdischer Gewinne dienten. Der Herr blickte umher. Da mußten Ihn allerlei Gedanken beschäftigt haben. All die Opfer und symbolischen Einrichtungen deuteten auf Ihn hin, den Israel verwarf. Er, das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt, sollte bald geopfert werden. Einerseits wurde Sein Herz erquickt durch das Scherflein der Witwe und dem Bekenntnis des Zöllners: „Gott sei mir Sünder gnädig.“ Aber alles andere erfüllte Ihn mit Schmerz.
Zwei abgrundtiefe Gegensätze. Der Herr sagt: „Mein Haus ist ein Bethaus, ihr habt es zu einer Mördergrube gemacht.“ Bethaus und Mördergrube sind wirklich unüberbrückbare Gegensätze. Der Herr nannte stets die Dinge mit dem rechten Namen. Er scheute niemanden und kannte keine Kompromisse. Das sagte der Herr zu denen, die sich ihrer Herkunft rühmten (Joh 8,33,44; Mt 3,9). Wozu diente das Haus Gottes? Es war zum Geschäftshaus erniedrigt worden (V. 15). Der Verkauf von Lämmern und Tauben zu Opferzwecken sowie der Geldwechsel für solche, die mit fremden Valuten kamen, wäre kein Unrecht gewesen; aber es wurde zum Wucher benützt. Viele, die von Ferne kamen, waren darauf angewiesen, in Jerusalem ein Lamm zu kaufen. Nicht die Handlung, sondern die Beweggründe der Verkäufer verabscheute der Herr. Alles kann zur Ehre des Herrn oder zu unserm Nutzen getan werden. Gewinn, nicht Nächstenliebe war der Beweggrund der Verkäufer. Was sind unsere Beweggründe, die uns zu den Anbetungsstätten führen? Prüfe dich! Vergessen wir nie, daß die Zierde Seines Hauses Heiligkeit ist (Ps 93,5). Was beherbergen wir in diesem Hause? Auch unser Leib wird ein Tempel genannt (I. Kor. 6. 19). Wer wohnt darin? Der Vater und der Sohn (Joh 14,23), oder wohnt Unversöhnlichkeit, Habsucht, böse Lust darin? Das erfordert Zucht und Selbstgericht wie bei David (Ps 139,23.24). Aber auch in der Gemeinde darf die Zucht rocht übersehen werden, sonst weicht die Kraft Gottes, wie dies bei Israel durch die Sünde Achans geschah (Josua 7). Zur Entschuldigung wendet man gern das Wort an: Lasset beides miteinander wachsen. Wir bitten um Erweckung und vergessen, daß der Heilige Geist nicht in einem unreinen Tempel wohnen kann.
Eine berechtigte Frage. Nach Matthäus 21,23 fragten die Hohenpriester: „Aus welchem Recht tust du das?“ Diese Frage war berechtigt, da sie die Führer waren. Auch kam der Herr nicht aus priesterlicher Familie, sondern stammte aus dem Hause Juda. Sie selbst hatten nur äußere Macht über den Tempel, Jesus aber besaß die innere. So durfte Ihm niemand wehren. Der Herr ist nicht nur Israels König, sondern auch ihr Herr (Mal 3,1). Er nannte den Tempel „Seines Vaters Haus“. Als Sohn hatte Er das volle Recht dazu (Lk 2,49). Seine Macht war auffallend, denn die Verkäufer und Geldwechsler waren zahlreich. Warum sehen sie zu, wie ihr Geld am Boden rollt und die Tauben davonfliegen? Sie hörten nicht auf Sein Wort; so mußten sie Sein ernstes Eingreifen erfahren. Des Herrn Handeln war gegen ihre Scheinfrömmigkeit. Noch heute hört man gelegentlich: Aus welchem Recht tust du das? Was für ein Recht hast du, uns zu predigen? Was ist unsere Antwort? Die Werke, die der Herr durch uns tut. Früchte, der Heiligkeit allein sind unsere Legitimation. Wir ahmen den Herrn nach, lassen sie streiten und gehen davon.
Euer Haus wird euch wüst gelassen werden (
Was war das Ergebnis? Die Tempelleitung sah ohnmächtig zu. Sie mußte stillschweigend Seine Handlung anerkennen. Aber beugten sie sich? Nein, sie warfen Ihn zur Stadt hinaus und kreuzigten Ihn. Ihre verhärteten Herzen ließen sich weder durch auffallende Wunder noch durch Seine Worte erweichen.