Ährenlese von Georg R. Brinke - Jahrgang 5, 6; 16-19 und 21
Joh 19,26.27 - Das dritte Wort Jesu am KreuzJoh 19,26.27 - Das dritte Wort Jesu am Kreuz
Tief gebeugt stand Maria unter dem Kreuz. Sie, die Gebenedeite unter den Weibern kam sich vor wie jene aus Moab leer heimkehrende Naemi (Ruth 1,20). Auch Maria mußte einen bitteren Kelch trinken. Sie vermochte nicht wie Ritzpa ihren Sohn zu decken und die Raubgierigen von Ihm fernzuhalten (2Sam 21,9-10). Welche Mutter brächte es fertig, so standhaft zuzusehen, wie Verbrecherhände die Frucht ihres Leibes an ein Kreuz nageln? Aber es fand sich niemand, der es wagte, den gesetzlich beauftragten Mördern weder Nägel noch Hammer zu entreißen noch ihren Lästerungen zu widersprechen. Mußte nicht bei jedem Hammerschlag ein Schwert ihre Seele durchdringen? Dennoch steht sie gehalten von der Verheißung mutig unter dem Kreuz (Joh 19,25).
Verschiedene Gruppen. Es versammelten sich allerlei Menschen unter dem Kreuz. Da stand die „hohe Geistlichkeit“ wie Hohepriester, Schriftgelehrte, Priester und Leviten die höhnend die schwüle Luft dämpften. Unweit von ihnen teilten die Kriegsknechte kaltblütig des Herrn Kleider. Tiefsinnend steht anders der Hauptmann. Aber noch eine Gruppe fällt uns auf: es sind die Mutter und Allernächsten des Dulders, die tief erschüttert unter dem Kreuz stehen. Richtstätten sind sonst nicht Orte für Frauen, aber wohin geht nicht eine Mutter für ihr Kind?
Viele Mutterherzen sind durch das Sündenleben ihrer Kinder gebrochen worden. Maria aber stand unter dem Kreuz ihres Sohnes, der ihr untertänig war (Lk 2,51). Am Kreuz zu sterben war für Römer verboten und ein Fluch für Juden (5. Mose 21,23). Diese furchtbare Schmach konnte niemand so empfinden wie Maria, die Mutter des Herrn.
Ausharren bis ans Ende. Jene kleine mitfühlende Gruppe der Seinen bedeutete für den Herrn eine Wohltat. Und obwohl der Herr die vielen Leiden erwartete, so bereitete Ihm doch das Benehmen der Jünger; anfangend in Gethsemane, da sie während Seines Gebetskampfes schliefen, viel Schmerz (Mk 14,, 37). Alle ärgerten sich an Ihm, schämten sich Seiner (Mt 26,31.56). Nur Johannes war nach Golgatha zurückgekehrt und schloß sich den Frauen an. Nehmen wir den Hut vor diesen Frauen ab, sie waren die letzten beim Kreuz und am Ostersonntag die ersten an der Gruft. Wie lohnend ist es, auszuharren bis ans Ende. Dadurch erhielt Maria ihren Versorger und Johannes wurde hohe Ehre zuteil.
Gehorsam bis zum Tode. Das war der Herr in jeder
Weise und hier erfüllte Er nochmals das Gesetz (2. Mose 20,12;
Das Testament des Herrn. Soeben hatte der Herr aller in Fürbitte gedacht und dem Schächer in besonderer Weise gedient. Nun gedenkt Er noch Seiner Mutter. Joseph war offenbar gestorben, denn wir lesen seit Lk 2 nie mehr etwas von ihm, und so erfüllte der Herr als der Erstgeborene Seine Sohnespflicht. Der Herr sagt, auf Johannes hinweisend: „Weib siehe das ist dein Sohn.“ Jesus bedient sich des allgemeinen Ausdruckes „Weibe (nicht Mutter), wohl um den Schmerz wegen der Leiden ihres Sohnes nicht zu vermehren. Vielleicht wollte Er sie nicht öffentlich als Seine Mutter hinstellen um sie nicht Feindseligkeiten auszusetzen. Versäumte Vorrechte sind selten wieder gut zu machen. Laßt uns die uns anvertrauten bedürftigen Mitmenschen (Angehörige) mit Jesu Liebe und Weisheit versorgen. Nur wenige beachten des Herrn Wort in Lk 16,9-12. Jesu Armut war kein Grund, Seine Mutter zu vernachlässigen. Nachdem Seine Kleider verteilt waren, besaß Er gar nichts mehr, aber reich an Liebe gedachte Er der Seinen und erfreute sie. Wie wohltuend ist dieses Kreuzeswort für uns alle, wie Er gesorgt hat, wird Er weiter sorgen. Er versorgt die Seinen durch die Seinen. Reich nach jeder Seite hin ist Sein Vermächtnis. Der Mutter hinterläßt Er einen Versorger. Der Gemeinde Sein Blut (Apg 20,28), den Schafen Sein Leben (Jak 10 12), uns allen Sein Wort (17, 14), den Soldaten Seine Kleider, der Gruft Seinen Leib und dem Vater Seinen Geist.
Ein Vorrecht. Johannes der den Herrn so leiden sah, wird sich danach gesehnt haben, Ihm zu dienen. Des Herrn Wort an ihn: „Siehe, das ist deine Mutter“, muß ihm eine Genugtuung gewesen sein, „denn von Stund an nahm sie der Jünger zu sich“. Indem der Herr ihm Seine Mutter übergab, besiegelte Er noch im Tode den innigen Herzensbund mit ihm. Wir haben heute noch ähnliche Vorrechte (Mt 25,40).
Nachahmenswerte Vorbilder. Wer sind diese?
Der Herr, der gehorsam war bis zum Tode am Kreuz.
Die Frauen, die bis ans Ende ausharrten.
Johannes im Lieben und Sorgen für Jesu Mutter.