Ährenlese von Georg R. Brinke - Jahrgang 5, 6; 16-19 und 21
Joh 19,5 - Sehet welch ein MenschJoh 19,5 - Sehet welch ein Mensch
Diesen Ausspruch tat Pilatus vor der blutdürstenden Volksmenge, die Jesu Todesurteil erpreßte (Joh 19,12): Wir wissen nicht, in welcher Gesinnung Pilatus „Jesus anzusehen“ bat, ob in Geringschätzung oder aus Erbarmen. Wir dürfen annehmen, daß es Mitleid war, weil er sich so ernstlich bemühte, Jesus frei zu geben, trotz des schwersten und ungerechtesten Todesurteils, das er fällte. In Jahrg. 17, Blatt 53 haben wir bereits den Vers behandelt. Hier wollen wir versuchen, den Herrn als Mensch zu sehen und als Menschen von Ihm zu lernen (Mt 11,29) und sagen mit Jeremias: „Schauet und sehet“ (Klgl 1,12). Wir können nur einige Punkte nennen: Sieh Ihn
Als den einzig Vollkommenen. Jesus ist der Repräsentant der Menschheit aller Zeiten (Ps 45,2; Hld 5,9-16). Welche Person ist in der Kunst bewundert und nachgeahmt worden wie Er. Maler aller Zeiten haben versucht, Ihn als den Bewundertsten darzustellen, von der Krippe bis zur Himmelfahrt. Ob als Hirte, als Kinderfreund, als Wundertäter im Schiff, ob als den Dulder oder den gen Himmel Fahrenden. Ferner fragen wir, welche Person ist in der Poesie besungen worden wie Er und gern stimmen wir mit Zinzendorf ein: Ich bete an die Macht der Liebe. Und welcher Chor vermöchte mit den wunderbaren Lobliedern über den Herrn im Buch der Offenbarung wetteifern? Auch physisch vollkommen ist Er der Einzige. Sein vom Hl. Geist gezeugter Leib war weder der Krankheit noch der Sünde unterworfen, aber Er trug unsere Krankheiten (Mt 8,17).
Als Retter. Um zu retten, selig zu machen, ist Er in diese Welt gekommen. Das sagt schon der Engel zu Joseph daß Er sein Volk retten werde von ihren Sünden (Mt 1,21). Der Herr kam, um Verlorene zu retten (Lk 19,10). Um das zu tun, mußte Er Mensch werden. Nur ein Vollkommener unserer Natur vermochte unsere Sünde durch Sein Blut zu sühnen. Er war das vollkommene Lamm (1Pet 1,19). Welch tiefe Erniedrigung das erforderte, werden wir, nie zur Genüge erfassen (Phil 2,5-8; Heb 2,9). Wie vollgültig Sein Opfer war, ist dadurch bewiesen, daß Gott Ihn auferweckt und zu Seiner Rechten gesetzt hat (Apg 2,24; Heb 1,13).
Als Freund und zwar in vierfacher Weise.
Als Freund der Kinder (Mk 10,13-16; Lk 18,15-17). Er nahm sie auf Seine Arme, herzte und segnete sie. Sicherlich verspürten die Mütter die Wärme, die von diesen gesegneten Kindern ausströmte.
Als Freund der Sünder (Lk 7,34: 15, 2), so benannte man den Herrn und wir selbst haben es an uns erfahren. Der Herr setzte sich unter die verachteten Zöllner und aß mit ihnen. Was mag das Tischgespräch gewesen sein? Gewiß die Liebe Gottes und daß Er für sie gekommen sei, aber niemals hat Er ihnen ihre Sünde vorgehalten, wie die Pharisäer (Joh 8,10.11).
Als Freund der Seinen (Joh 15,15). Auch Lazarus nannte Er Seinen Freund (Joh 11,5.11). Freundschaft ist bereit alles, ja, selbst das Leben für die Freunde zu lassen (1Sam 18,4; 20,20-33; Röm 16,1).
A1s Freund der Feinde. Am Kreuz erfüllte der Herr Seine eigene Lehre (vgl. Mt 5,44 mit Lk 23,3 1). Der Herr war stets korrekt gegen Seine Gegner, hier aber betete Er für Seine Feinde. Sein Blut floß in gleicher Weise für sie wie für alle anderen. Seine Fürbitte wurde reichlich erhört (vgl. Apg 2,23 mit Vers 37), da lesen wir die Erhörung. Betest du auch für deine Feinde? Gib sie nie auf, Jesus liebt sie wie dich und will sie retten.
Als Wohltäter. Darüber gibt Petrus einen zusammenfassenden Bericht in Apg 10,38: „Der einherging und wohltat.“ Nirgends konnte der Herr am Elend vorbei gehen. Sah Er die Hungrigen, so speiste Er sie (.Nil. 14, 14). Begegnete Er einer weinenden Witwe, so tröstete Erste. Weib weine nicht (1.k. 7, 14 ). Sah Er einen Elenden auf der Straße, so war Erinnerlich bewegt und half ihm (Lk 10,38). Die Jünger mögen den Herrn bitten jene schreiende Mutter zu entlassen, aber Er half ihr (Mt 15,23.28).
Als Vorbild (Mt 11 29), Paulus durfte Gläubige auffordern, zu wandeln wie Er (Phil 3,17 ), aber höre sein eigenes Flehen und Streben nach Vollkommenheit (Phil 3,10.13). Jesus hatte viele Fehlersucher, aber beschämt gingen sie davon, vielmehr durfte Er sie fragen: Welcher unter euch kann mich einer Sünde zeihen? Eifrig suchten Seine Richter nach Fehlern an Ihm und was müssen sie bekennen? Ich finde keine Schuld an Ihm, Herodes auch nicht, Selbst sein Weib nennt Jesus einen Gerechten (Mt 27,19). Judas beteuert Jesu Unschuld und so der Schächer am Kreuz (Mt 27,4; Lk 23,41). Die besten Lebensbilder haben Lücken, nur eins nicht, das unseres Herrn. Fragen wir uns: Bin ich ein Vorbild? Wir sollen Briefe Christi sein, Vorbilder in der Herde, umgestaltet in Sein Bild, Jesum darstellen in unserer Umgebung.
Als Bruder (Spr 17,17; )Mk 3,33-35; Joh 20,17 ).Bei allem Versagen schämt Er sieh nicht, uns Brüder zu nennen (Heb 2,11).
Als Dulder am Kreuz. Hier kann ich nur bitten, die Leidensgeschichte zu lesen. Gehe in irgend einer Lage unter das Kreuz, dort findest du Antwort auf all deine Nöte. Habe ich es in der Seelsorge mit gedrückten, Unzufriedenen, Verleumdeten, Gefallenen zutun, dann gehe ich mit ihnen unter das Kreuz, von dort ,gehen alle ermuntert, gestärkt und glücklich davon. Dieser Mensch Christus Jesus sitzt nun als Vertreter der Menschheit droben und ist beständig mit uns beschäftigt und sehnt sich nach unserer Heimkunft (Joh 17,21).