Schriften von Georg R. Brinke
Ist es biblisch, für Verstorbene zu beten?Ist es biblisch, für Verstorbene zu beten?
Oft tritt an Seelsorger die Frage heran, oh man für die Toten beten darf, und ob die Fürbitte für sie Erhörung findet? Kürzlich las ich in einer Schrift, dass die Bibel diese Frage offen lasse und in keinem Falle das Gebet für die Toten verbiete. Gewiss, ein direktes Verbot enthält die Heilige Schrift nicht, aber eine nähere Betrachtung über diesen Gegenstand zeigt, wie nutzlos es ist, für Tote zu beten.
Die Lehre vom Fegfeuer. Diese besondere Lehre der Römisch-Katholischen Kirche wurde etwa um das Jahr 600 zum Dogma. Diese und auch andere Kirchen lehren, dass der Mensch ganz außerstande sei, vor einen heiligen Gott zu treten; folglich müsse der Verstorbene im Jenseits zuerst an einen Ort der Reinigung gehen, wo er je nach der Art seiner Sünde längere oder kürzere Zeit zuzubringen habe, um durch das Gebet der Hinterbliebenen von seinen Sünden gereinigt zu werden. Wir haben bereits früher gesehen, dass die Schrift einen solchen Zwischenzustand mit verschiedenen, zeitlichen und moralischen Befreiungsstufen nicht kennt. Wir sahen, dass die Zeit vom Tage des Todes bis zur Auferstehung des Leibes für die im Herrn Entschlafenen ein „Gehen zum Herrn“ ist, und für die, die gottlos verstorben sind, ein „Warten zum Gericht“. Es ist zum Staunen, was der Mensch an Lehren erfindet! Die einen sagen, der Mensch ist unbewusst im Totenreich bis zur Auferstehung, und die andern stellen ein Fegfeuer auf. Die Schrift aber kennt keins von beiden. Der Herr hat die Reinigung der Sünden vollbracht und auf Grund des Glaubens an diese Erlösungstatsache darf der Mensch direkt zum Herrn gehen. Der Herr hat uns fähig gemacht zum Anteil der Heiligen im Licht. Es bedarf deshalb keines weiteren Werkes, keiner weiteren Reinigung mehr. Petrus schreibt von einem unbefleckten, unverweslichen Erbe, das den Gläubigen im Himmel aufbewahrt ist (1Pet 1,3.4) ; und das nicht auf Grund einer kommenden Reinigung, sondern auf Grund der Wiedergeburt. Aus dieser falschen Auffassung heraus, dass der Verstorbene noch einer besonderen Reinigung bedürfe, ist auch der sogenannte Ablass entstanden.
Das Gebet für die Toten. Wenn der Bestimmungsort der Toten, sowohl der im Herrn Entschlafenen, als auch der ohne Hoffnung Verstorbenen, so klar beschrieben ist, wozu dann überhaupt noch Fürbitte? Da die Schrift kein Fegfeuer kennt, und die Gläubigen sofort zum Herrn gehen, ist jedes Flehen um ihre Erlösung überflüssig. Menschen, die im Himmel sind, haben, wie der Schächer, schon hier ihre Schuld bekannt und Buße getan, und sind für immer gerechtfertigt durch den Glauben an Christus Jesus (Röm 5,1). Sind die Verstorbenen aber nicht beim Herrn, weil sie Ihn nicht aufnahmen, noch an Sein Werk auf Golgatha glaubten, so sind sie verloren. Der Herr selbst gibt uns in Lk 16,19 ff. deutlich Aufschluss über den Zustand der Toten. Der Leib des Verstorbenen bleibt im Grabe bis zum Tage der Auferstehung, und der Geist geht an seinen Bestimmungsort. Wie nutzlos ist es dann, für sie zu beten. Das Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus zeigt:
In der Hölle wird gebetet. Der reiche Mann flehte ernstlich zu Abraham. Er hatte zwei Bitten:
1. Er flehte um Linderung in seinen großen Qualen, die er litt. „Ich leide Pein in dieser Flamme“ ist sein trostloses Bekenntnis. Wir hören nur einige nutzlose Bitten, lesen aber nichts von Erhörung oder Befreiung aus seinem Elend.
2. Er flehte für seine fünf Brüder, die dann noch auf Erden lebten, und die offenbar, wie er, ohne Gott dahingingen. Die einzige Antwort. die er bekam, lautete: „Gedenke Sohn!“ Also ein Appell an sein Gedächtnis. Er soll erstens an die Vorzüge, die er auf Erden genoss, zurückdenken; zweitens daran, dass er hätte Moses und die Propheten hören können, was er aber nicht getan hat und drittens, dass eine große unüberbrückbare Kluft bestehe, die nicht beseitigt werden könne. Das Gebet des reichen Mannes selbst fand also keinerlei Erhörung. Aber es ist auch ebenso nutzlos für Menschen nach der Art des reichen Mannes zu beten, d. h. für solche, die ohne an Jesus zu glauben, gestorben sind.
Werden wir im Himmel unglücklich sein? Sagt man Fragestellern, dass das Gebet für die Verstorbenen nutzlos sei, dann antworten manche: „In diesem Fall werde ich aber im Himmel unglücklich sein, wenn ich die Meinigen dort nicht finde.“ Diese Fragesteller vergessen, dass unsere Verwandtschaft nur dem verweslichen Leibe nach besteht und mit dem Tode aufhört. Dort werden wir dasselbe Empfinden haben wie der Herr. Was immer Er als Richter verurteilen wird, zu dem werden wir ein lautes „Amen“ sagen. Oft aber wissen wir auch gar nicht, was im Herzen Verstorbener in letzter Stunde vor sich gegangen ist; denn es braucht nur einen Blick aufs Kreuz, und es ist Rettung da. In der Herrlichkeit wird alles vollkommen sein, so dass wir niemanden vermissen werden.
Das rechte Gebet. Die Schrift befiehlt uns, für alle Menschen zu beten. Paulus schreibt in 1Tim 2,1: „Ich ermahne nun vor allen Dingen, dass Flehen, Gebet, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind.“ Viele versäumen, Fürbitte bei Lebzeiten zu üben und möchten diese grobe Versäumnis- und Unterlassungssünde (denn sie haben den direkten göttlichen Befehl nicht ausgeübt) an den Verstorbenen nachholen, um ihr Gewissen zu entlasten. Wer in der Jetztzeit für die Bekehrung seiner Angehörigen betet, wird sicherlich die Verheißung erleben, „so wirst du und dein Haus selig“ (Apg 16,31). Andere verscherzen bewussterweise das ihnen angebotene Heil und verlassen sich, durch Irrlehren betrogen, auf die Errettung im Jenseits, resp. auf die spätere Fürbitte ihrer Angehörigen oder auf das Verlesen von Totenmessen. Der Herr aber sagt, dass der Sohn des Menschen auf Erden Sünden vergibt (Mt 9,6).