Schriften von Georg R. Brinke
2. Mose 25,23-30 ; 3. Mose 4,5-9 - Der Schaubrottisch2. Mose 25,23-30 ; 3. Mose 4,5-9 - Der Schaubrottisch
Mit der Betrachtung des Schaubrottisches kommen wir zum dritten und zugleich letzten Gegenstand des Heiligtums. Im Vorhof sahen wir im Symbol Christus am Kreuz leiden und sterben. Im Heiligtum aber sehen wir Christus, den Auferstandenen, in uns als „die Hoffnung der Herrlichkeit“ (Kol 1,27). Ihn als unser Lebensbrot dürfen wir in unsere Herzen aufnehmen, wie wir das irdische Brot für unsern vergänglichen Leib genießen. So wird das Gebot und die damit verbundene Verheißung verwirklicht: „Bleibet in Mir und Ich in euch.“
Das Material des Tisches. Der Tisch bestand ebenso wie der goldene Altar aus Akazienholz und war mit Gold überzogen. Das erinnert uns wiederum an Christi Menschheit und Gottheit und, auf uns angewandt, an unsere zwei verschiedenen Naturen. Da der Tisch aus demselben Material war wie die Bundeslade, die wie kaum ein anderer Gegenstand den Herrn darstellt, so stellt also auch der Tisch unsern Vater in Seiner Fürsorge für uns dar. Der Tisch war zwei Ellen lang, eine Elle breit und anderthalb Ellen hoch. Ringsum befand sich ein goldener Kranz, der wohl das Herunterfallen des Brotes verhüten sollte. Der Tisch stellt im wahrsten Sinne des Wortes eine königliche Tafel dar, schon weil er mit Gold überzogen und mit einer goldenen Krone geziert war. Auf ihm wird Gottes Mahl dargeboten, nicht nur zeitlich, sondern ewiglich, bis hin zum Hochzeitsmahl des Lammes (Off 19,7; 21,2.9). Am Tisch selbst waren wiederum goldene Ringe und Stangen angebracht, um den Transport zu erleichtern. Man denke in diesem Zusammenhang an die ersten Jünger, die sich ursprünglich täglich um den Tisch des Herrn versammelten, später freilich nur noch am ersten Tage der Woche.
Der Standort des Tisches. Er befand sich an der inneren Nordseite des Heiligtums. Das Schaubrot war also nur im Heiligtum zu finden.
Die Priester, die es genießen durften, mußten ins Heiligtum eintreten, und das durften sie nur tun mit gewaschenen Händen und Füßen, rein in Handel und Wandel. Auch wir haben ein Heiligtum, die Gemeinde des lebendigen Gottes; sie ist gegenwärtig Gottes Wohnstatt auf Erden. Sind wir uns des Heiligtums und dessen Weihe bewußt, besonders wenn wir zum Mahl des Herrn gehen?
In 2. Mose 25,25 heißt es: „Und mache ihm einen Rand, eine Hand breit ringsum, und mache eine Leiste an seinen Rand von Gold ringsum.“ Eine Handbreit ist vier Finger breit. Vielleicht kann auch diese Äußerung uns etwas sagen. Wir weisen auf vier Voraussetzungen hin, die erfüllt sein müssen, um hintreten zu dürfen zu diesem Tisch:
Wahre Heiligkeit und Reinheit (1Kor 5,7-8)
Festhalten an der Wahrheit und rechten Lehre (2Joh 4,10)
Unterwerfung unter den Herrn und Sein Wort (Off 3,7.8).
Das Schaubrot wurde auch das beständige Brot genannt (4. Mose 4,7; 2Chr 2,4). Die Schaubrote waren aber nicht nur etwas fürs Auge, sondern sollten auch den Priestern zum Genuß dienen. Die Schaubrote wurden aus feinstem Weizenmehl hergestellt.
In diesem Zusammenhang dürfen wir an zwei Aussagen des Herrn über Sich Selbst erinnern. Er nennt Sich Selbst das Weizenkorn, das in die Erde fiel und starb. Er mußte sterben, um uns, den Seinen, Brot zur Nahrung für die hungernde Seele zu werden (Amos 8,11; Ps 107,9). Man denke an den Weg des Weizens bis zur Herstellung des Brotes. Der Weizen wird geschnitten, unser Herr wurde „abgeschnitten“ (Jes 53,8 [(Elb.). Der Weizen wird gedroschen, und wie wurde unser Herr geschlagen und gemartert! Der Weizen wird zwischen Mühlsteinen gemahlen. Das Brot kommt als Teig in den heißen Ofen. Alle diese Entwicklungs- und zugleich Leidensstufen drängen geradezu zu einem Vergleich mit den unbeschreiblichen Leiden, die der Herr durchmachen mußte, um unser Lebensbrot zu werden (Joh 6,35). Könnte das Brot, das wir täglich genießen, zu uns reden, was würde es predigen? Viele vergessen bei dessen Genuß sogar, Gott dafür zu danken. Aber wie viel mehr sollten wir dem Herrn danken, wenn wir das Brot an Seinem Tisch genießen dürfen.
Das Schaubrot mußte ungesäuert sein. Schon beim Passahmahl durfte nur ungesäuertes Brot gegessen werden. Der Herr redet einige Male vom Sauerteig, so z. B. von dem Sauerteig der Pharisäer, der Sadduzäer und des Herodes, den Er als Heuchelei kennzeichnet (Mt 16,6; Mk 8,15; Lk 12,1). Paulus befiehlt den Gläubigen, den alten Sauerteig auszufegen (1Kor 5,6-8). Er ermahnt uns: „Laßt uns Festfeier halten nicht im alten Sauerteig der Bosheit und Schalkheit, sondern in dem Süßteig der Lauterkeit und der Wahrheit“ (Vers 8). Gehen wir in dieser Herzensstellung zum Tisch des Herrn? Wenn nicht, so versündigen wir uns schwer und fallen unter das Wort in 1Kor 11,29.
Wem war der Genuß der Schaubrote erlaubt? In Israel war dies nur den Priestern gestattet. Sie waren an jedem Sabbat des Herrn Gäste. Bei der Feier des Passahmahls durften nur solche teilnehmen, die beschnitten waren. Hier aber wird der Kreis wesentlich enger gezogen: Nur Priester, die sich zuvor gründlich gereinigt hatten am ehernen Waschbecken, waren zugelassen. Eine aufschlußreiche Belehrung geben uns folgende Verbote:
Kein Unreiner durfte vom Heiligen essen (3. Mose 22,3-6; 1Kor 11,27) Niemand, der ein Gebrechen hatte (3. Mose 21,17 ff.).
Ferner durfte kein Fremder hinzunahen (3. Mose 22,10 ff.). Knechte waren ausgeschlossen (Sündenknechte) (3. Mose 22,10).
Wir fragten uns, wer daran teilnehmen durfte, und antworteten: nur die gereinigten Priester. Aber wer sind diese? Petrus und Johannes beantworten die Frage (1Pet 2,1-5.9; Off 1,5). Beide Apostel nennen diejenigen Priester, die den Herrn lieben und deren Sünden abgewaschen sind; sie werden heilige und königliche Priester genannt. Für alle andern blieb nur der Vorhof, zum Heiligtum hatten sie keinen Zutritt.
Kaum eine andere göttliche Gnadenerweisung wird so respektlos behandelt, wie das heilige Abendmahl. Man genießt nicht das Mahl nur mit „Priestern“, sondern auch mit Unbeschnittenen“ (Apg 7,51), d. h. mit solchen, die noch nicht Jesu Eigentum sind. Man zieht es vor, gegen das klare Wort Gottes zu sündigen, indem man sagt, man dürfe doch niemanden vor den Kopf stoßen oder gar dem weh tun, der die Leitung und erste Verantwortung hat. So tut man also lieber dem Herrn weh und mißachtet Seine Befehle. Steht nicht geschrieben: „ .. die vielen“ sind ein Leib“ (Röm 12,5). Aber wo bleibt dieser eine Leib, wenn Bekehrte und Unbekehrte zusammensitzen? Ist es dann noch des Herrn Mahl, das hier gefeiert wird? Sind nicht die Korinther in ihrem traurigen Herzenszustand vom Herrn gezüchtigt worden, weil sie die Satzungen des Abendmahls nicht respektierten? (1Kor 11,29-32). Wir können nicht an zwei Tischen sitzen (1Kor 10,21). Der Tisch war bei den Priestern das Zentrum göttlicher Speisung (3. Mose 24,5-9). Die Brote stellen den Herrn als unsere Nahrung dar (Mt 26,26-28; 1Kor 11,23-25). Wie wir beim Essen mit der Nahrung Kraft in uns aufnehmen und dadurch wachsen und zunehmen, so ist es auch im
Glaubensleben: wir wachsen dadurch, wie 1. Petr. 2,2 geschrieben steht. Wir sind eingeladen, bildlich gesprochen, Sein Fleisch und Blut zu genießen, d. h. Sein Opfer als den einzigen Weg der Erlösung uns zu eigen zu machen, aber das wollten viele in Jesu Tagen nicht, darum gingen sie zurück (Joh 6,48-51; 65-66).
Wo wurden die Schaubrote gegessen? Nur im Heiligtum! Den Weg dahin haben wir schon kennen gelernt, durch das Sühnopfer am ehernen Altar und die Waschung am ehernen Waschbecken. Viele möchten, bildlich gesprochen, im Vorhof das Mahl feiern, d. h. sie haben sich nicht gereinigt (l. Joh. 3,3), leben in Sünde, in Unversöhnlichkeit, prüfen sich also nicht, wie Paulos befiehlt (l. Kor. 11,28). Denken wir daran, was wir essen, wenn wir an den Schaubrottisch treten: es sind die Zeichen Seines für uns dahingegebenen Leibes und Seines teuren Blutes. Der Herr ist noch heute ein Fremdling in der Welt, aber wenn Er inmitten der vor Ihm Versammelten weilt, fühlt Er sich daheim, da ist Er in ihrer Mitte (Mt 18,20).
Auf die Schaubrote wurde Weihrauch gestreut, das Bild des Wohlgeruchs, ein Bild des Verdienstes Christi. Nichts schaut Gott finit so großer Befriedigung an als das Opfer Seines Sohnes. Wenn wir den Tod des Herrn verkündigen, soll dieser liebliche Wohlgeruch zu Gott als Dankopfer aufsteigen. Kommen wir wirklich als die wahrhaftiger. Anbeter zusammen, die den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten möchten? (Joh. 14,23). Wo man diese heiligen Satzungen nicht beachtet, bleibt der Herr draußen vor der Tür, Er befindet sich da nicht in der Mitte der Seinen (Offb. 3,20; Joh. 14,23). Nur im Heiligtum, in der Nähe des Altars, haben wir ein Recht zu essen (Heb 13,10). Hier fließen göttliche Segnungen. Hier wird der Glaube genährt, die Liebe zum Herrn und zum Nächsten gefördert und die Hoffnung belebt, denn wir versammeln uns, „bis daß Er kommt“.
Werfen wir noch einen Blick auf die Essenden. Wie wir bereits sahen, waren es die Priester. Da waren Aaron, der Hohepriester, und mit ihm die Priester. Sie waren Kinder eines Geschlechts, eines Stammes, eines Vaterhauses. Alle waren im gleichen Tode eins gemacht am ehernen Altar und gewaschen im ehernen Waschbecken, vom Herrn gekleidet, also von Ihm zubereitet als Teilnehmer am herrlichen Festmahl. Sie waren des Herrn Gäste. Hier hatten sie Gemeinschaft mit Ihm und untereinander. Ein liebliches Bild hiervon zeichnet Lukas in Apg 2,41-47.
Auch die Zahl der Brote wird uns genannt: Es waren ihrer zwölf, die zwölf Geschlechter Israels darstellend. Alle zwölf Stämme waren im Sinnbild vertreten. Der Hohepriester trug sie im Brustschild und auf der Schulter (2. Mose 39). Wenn das Mahl nur für das Gottesvolk bestimmt ist, so gehört es auch dem ganzen Gottesvolke. Hier dürfen uns keine Lehranschauungen trennen, hier kennen wir nur den Herrn und den Bruder, vorausgesetzt, daß der Bruder am ehernen Waschbecken sich reinigte und nicht falschen Lehren huldigt. Ein wirklich liebliches Bild stellt der Schaubrottisch dar, vor allem, wenn wir uns wieder daran erinnern, daß all diese Dinge Vorbilder himmlischer Dinge sind, also einen Vorgenuß des Hochzeitsmahls des Lammes droben bilden.
Die Brote wurden jeden Sabbath frisch aufgelegt. Man darf wohl sagen, daß der Tisch auch Gott, den Vater, als unsern Versorger darstellt. Er sagt uns: „Sorget nicht“ (1Pet 5,7; Mt 6,25.26). Beim Gotteskinde übernimmt der Vater alle Verantwortung für das äußere und das innere, das zeitliche und das ewige Wohl. Wer sorgenfrei lebt, gewinnt Gebetsfreudigkeit, denn der Sorgengeist vertreibt den Gebetsgeist, die Freude, den Frieden.
Im Heiligtum werden auch Kannen erwähnt. Außerdem ist die Rede von Trankopfern. Beides sind Hinweise auf das Trinken beim Festmahl und zugleich wohl auch auf das Mahl des Herrn im neuen Bunde.