Daß es Lot und seiner Familie sehr schwer wurde, dem Befehl der Engel gemäß Sodom zu verlassen, ist begreiflich. Es bedeutete für sie, alles mühsam erworbene Gut sowie Familienglieder und Freunde zu verlieren. Eigene Wege enden selten gut. Lot wollte einmal reich werden und wurde es auch; aber „die da reich werden wollen, fallen in Versuchung und Stricke“ (1Tim 6,9). Aller scheinbare Gewinn zerrann im Nu. Auch auf Lot hätte das Wort des Propheten Elisa an Gehasi gepaßt: „Ist es Zeit, Silber zu nehmen und Kleider und Olivenbäume und Weinberge und Knechte und Mägde?“ (2Kön 5,26). Denken wir daran, daß unser letztes Kleid keine Taschen haben wird und wir nichts mitnehmen können. Wir haben nichts mit in die Welt gebracht und werden auch nichts hinausbringen. Das, was Menschen hinterlassen, gereicht den Erben oft zum Schaden. Wir wollen darum zuerst nach dem Reiche Gottes trachten und in die himmlischen Scheunen sammeln. Hiob sagt: „Nackend bin ich von meiner Mutter Leibe gekommen, und nackend werde ich dahin fahren“ (Hiob 1,21). Das rechtzeitig zu erkennen, ist göttliche Weisheit und gibt dem Leben das rechte Ziel. Dann werden wir aber auch am Tage Christi nicht ohne Frucht vor unserm Herrn stehen (2Kor 5,3).
Die letzte Nacht in Sodom. Niemand außer Lot, seinem Weibe und seinen zwei Töchtern ahnte etwas von dem bevorstehenden schweren Gericht. Alles ging seinen üblichen Gang. Mütter betteten des Abends ihre Kinder zur Ruhe, die Jugend ging ihren Vergnügungen nach. Lots Schwiegersöhne werden des Vaters Warnung als einen lustigen Witz ihren Freunden unter Gelächter erzählt haben. Wir werden dabei erinnert an die frohe Stimmung bei Belsazars großem Mahl, und wie auch er in jener Nacht umkam (Dan 5).
Ein furchtbarer Gerichtstag. Wie immer trieb der Bauer sein Vieh auf die Weide, andere rüsteten sich für ihre täglichen Pflichten. Alles lag im friedlichen Morgenglanz, bis sich plötzlich der Himmel so eigenartig färbte, Blitze zu zucken und Donner zu rollen begannen. Angst und Schrecken erfüllte jedes Herz. Die Spötter vom Vortage fragten sich nun: „Hat Lot mit seiner Warnung etwa doch noch recht?“ Und schon fiel ein nie gekannter Regen von Feuer und Schwefel vom Himmel (Ps 11,6), also jene Elemente, die Gott zur Strafe der Gottlosen im Feuerpfuhl gebrauchen wird (Off 21,8). Die, die nach fremdem Fleisch ausschauten, wurden durch fremdes Feuer gerichtet (Jud 7). Die Spuren jenes furchtbaren Gerichts kennzeichnen noch heute die Gegend.
Ein seltsames Denkmal. Das war das furchtbare Schicksal von Lots Weib, sie wurde zur Salzsäule. Sie hatte den göttlichen Befehl mißachtet: „Siehe nicht hinter dich.“ Ihr Blick zurück verrät ihre Sehnsucht nach dem Zurückgelassenen. Ihr Herz war noch in Sodom. So traf sie das Gericht. Ahmen wir lieber Paulus nach, indem wir wie er alles für Kot achten (Phil 3,13.14). Der Herr stellt Lots Weib als warnendes Beispiel hin (Lk 17,32). Komm und sieh die Güte und Strenge Gottes, die Güte an Lot, der gehorchte, die Strenge an seinem Weibe, das ungehorsam war (Röm 11,32). Lots Weib kam nach ernster Mahnung um, und zwar als es so nahe am Ziel war. Religiöse Erkenntnis und Vorrechte allein genügen nicht zur Rettung, sondern der entscheidende Schritt muß folgen. Lots Weib lebte viele Jahre mit den Frommen (Abraham), aber sie starb mit den Gottlosen. Sie war wohl überführt von der Wahrheit, erweckt, wie wir heute sagen würden, aber dabei blieb es.
Göttliches Gedenken (Vs. 27-29) Abraham stand an demselben Orte, da Gott ihm begegnet war, als er tags zuvor so heiß um Sodom gerungen hatte. Es ist begreiflich, daß er nach Erhörung seiner so ernsten Fürbitte ausschaute. Unsere Gebete gleichen verschickten Briefen, auf deren Antwort wir warten. Mit welch tiefem Entsetzen wird Abraham zu jenem Schmelzofen, Sodom, hingeblickt haben. Die Heiligen der Endzeit werden dereinst noch Schrecklicheres sehen (Off 16,18). Auch wird der Herr zuvor die Seinen herausrufen wie einst Lot und seine Familie. Die Rettung Lots war eine Frucht der Fürbitte Abrahams. Einst hatte Abraham Lot mit seinem Schwerte aus den Händen der Könige befreit (Kap. 14). Diesmal aber rettete er ihn aus weit größerem Verderben durch die Fürbitte. Welch eine Ermunterung zur Fürbitte für unsere ungeretteten Angehörigen und Freunde! (Apg 16,31).
Der katastrophale Auszug. Wir sehen: Das Ende eigener Wege. Erst hatte Lot sich Sodom erwählt und nun Zoar, und zwar ganz gegen des Herrn Befehl (Vs. 17). In Zoar fürchtete er sich genau wie ein Abraham, als dieser den selbsterwählten Weg nach Ägypten ging. Auf eigenen Wegen ist der Gläubige stets unsicher. Das erlebte auch David, als er ins Philisterland floh (1Sam 21,13).
Die Folgen schlechten Einflusses. Wir alle sind schlechter Umgebung ausgesetzt (Phil 2,15), aber wehe uns, wenn wir selbst wählen. Lot hatte sich Sodom selbst erwählt, dort lernten seine Kinder Sodoms Sünde kennen. Wie schlecht beeinflußt Lots Töchter waren, sagen uns die weiteren Verse. Selbst Lots Weib, die durch Abrahams Wort und Wandel einen tiefen Einblick in ein Leben mit Gott bekommen hatte, vermochte sich nicht von Sodom klar zu trennen. Obwohl Lot und seine Töchter besondere Gnade von Gott erlangt hatten, finden wir sie nun kurz nach ihrer Rettung im tiefsten Sumpf der offenbaren Blutschande. Anstatt Gott zu danken für die erfahrene Rettung, veranstalten sie ein Trinkgelage und überlisteten ihren Vater. Merkte Lot nicht, als der Wein ihm schmeckte, daß er genug hatte? Der Alkohol zieht viele Laster nach sich. Und wäre es nicht wirklich genug gewesen, daß Lot sich in der einen Nacht betrank und dabei in Blutschande fiel? Warum diese entsetzliche Wiederholung in der nächsten Nacht? Wenn der Sünde keine aufrichtige Buße folgt, wiederholt sie sich.
Die Früchte der Sünde. Die Kinder, die in der Blutschande gezeugt wurden, waren böse Menschen. Ein Sohn hieß Moab, der Vater der Moabiter, der Sohn der anderen Tochter war Ammon, der Vater der Ammoniter. Beide gehörten später zu Israels grimmigsten Feinden und verführten Israel zu ähnlichen Sünden (5. Mose 23,3-6).
Ein Hoffnungsschimmer. Mit Kap. 19 schließt die Geschichte Lots im Alten Testament. Wäre das alles, was wir über ihn wissen, so blieben uns manche ungelösten Fragen. Nun aber kommt uns Petrus in seinem zweiten Briefe zu Hilfe und redet vom gerechten Lot. Wir sind dankbar für diesen Wink (2. Petr. 2,7). Diese Stelle erlaubt uns, den Schluß zu ziehen, daß Lot seine furchtbare Sünde erkannt und Buße getan hat und wiederum zurecht gekommen ist. Das darf uns ein neuer Beweis der Wahrheit in Phil 1,6 sein, daß Gott das angefangene Werk trotz der schweren Abweichungen zu vollenden vermag. So werden wir dereinst Seelen wiederfinden, für die wir jede Hoffnung aufgegeben hatten. Sollte ein Leser, den Satan seiner Sünde wegen in die Verzweiflung treiben möchte, diese Zeilen lesen, den erinnern wir an des Herrn Wort in Matth. 12,31: „ jede Sünde soll dem Menschen vergeben werden.“ Fasse Mut und glaube erneut an das kostbare Blut Christi, das rein macht von aller Sünde. Und wir alle wollen in das Wort des Apostels einstimmen: O welch eine Tiefe des Reichtums! (Röm 11,33). Es ist ein Reichtum göttlichen Erbarmens und der wiederherstellenden, zurechtbringenden Gnade Gottes. Wie war doch Lot hinabgekommen. Erst sah er die Ebenen von Sodom, dann stellte er Zelte auf bis Sodom (13,12), und schließlich wohnte er dort (Kap. 14,12; lies Ps 1), und zuletzt sitzt er gar im Tore unter den Angesehenen der Stadt und hat Gemeinschaft mit ihnen. Bei ihm war die gute Saat unter Dornen gefallen, die Sorgen des Reichtums. Gott hatte Erbarmen mit ihm und rettete ihn doch so wie durchs Feuer (1Kor 3,15). Lot verließ Sodom, aber nahm Sodoms Sünde mit. Der Herr wollte gern die Schwiegersöhne retten, aber sie wollten nicht (12-14).