Schriften von Georg R. Brinke
Die Weltreiche im Lichte der Prophetie
Dan 2,24-30 - Daniel, Arioch und NebukadnezarDan 2,24-30 - Daniel, Arioch und Nebukadnezar
Nachdem Daniel seinen Lobgesang über die gnadenvolle Herablasung Gottes beendet hatte, begab er sich zu Arioch (Vers 24). Es ging ja um das Leben von vielen Weisen und Schriftgelehrten in Babel. Es galt, sie vor dem Tode zu retten, gleichgültig, ob sie Daniels Freunde oder Gegner waren. „Bringe die Weisen nicht um“, so lautete Daniels Begehr. Welch eine Gesinnung, wahrhaft, edel und göttlich! Daniel ist uns ein leuchtendes Vorbild. Viele waren dir Rettung nicht wert; denn schon im nächsten Kapitel lesen wir, wie Daniels Freunde von den undankbaren Verschonten beim König verklagt wurden. Und was Daniel in Kapitel 6 durch seine Kollegen erfahren mußte, werden wir später lernen. Daniel war Gott aufrichtig dankbar, daß das Leben vieler Männer geschont wurde. Ähnliches erlebte später der Apostel Paulus, der den Herrn um das Leben der Mitreisenden auf dem Schiff anflehte (Apg 27). „Führe mich zum König“, sprach Daniel weiter. Ja, in jener Stunde kam es allein auf diesen Mann des Glaubens an. Kein anderer im ganzen Reiche konnte den Zorn Nebukadnezars über die Unwissenheit und Unfähigkeit der Weisen Babels beschwichtigen, und sie vor dem Tode retten. Daniel, der Mann des Glaubens, muß ins Mittel treten, die schwere Forderung der Traumdeutung des Königs erfüllen und so das Todesurteil rückgängig machen.
Arioch, der Oberbeamte des Königs. Arioch, der beauftragte Vollstrecker der Todesurteile, führte Daniel eilends zu Nebukadnezar mit den Worten: „Ich habe einen Mann gefunden unter den Weggeführten, der dem König die Deutung kundtun wird“ (Vers 25). Weil die Sache Eile hatte, erkennen wir, daß die vom König gegebene Frist wohl zu Ende ging (Vers 16). Genau genommen sollte Jedermann eilen und seine Seele retten; sind doch alle Menschen zum Tode verurteilt. „Es ist dem Menschen gesetzt einmal zu sterben“ (Heb 9,27). Uns ist aber eine Lebensfrist eingeräumt, die in wenigen Fällen 80 Jahre übersteigt (Psalm 90,10). Darum eile, und rette deine Seele! Arioch scheint glücklich gewesen zu sein, unter den Weggeführten einen Retter gefunden zu Haben, den er keineswegs dort gesucht hatte. Es war sicher auch für ihn eine schwere Sache, alle Weisen und Schriftgelehrten zu töten, unter denen sich wahrscheinlich manche Freund und Bekannte befanden. Arioch sagt also zu Nebukadnezar: „Ich habe einen Mann gefunden“; und ähnlich drückte sich einst Pharao in bezug auf Josef aus, mit den Worten: „Werden wir einen finden wie diesen, einen Mann, in welchem der Geist Gottes ist“ (1. Mose 41,38) Beide, Josef und Daniel, deuteten ihren Herrschern beängstigende Träume, halfen ihnen aus ihrer Not und sicherten ihnen eine gute Zukunft zu. Aber unvergleichlich groß war der Fund, den Philippus dem Nathanael mit dem bekannten Ausspruch bezeugte: „Wir haben den gefunden, von welchem Moses und die Propheten geschrieben haben, J e s u s.“ Lieber Leser, hast auch du den Retter schon gefunden, den, der von sicherem Tode errettet und alle Herzensnöte des Lebens stillt. Er allein kann deine Fragen beantworten und dein unbefriedigtes Herz zur Ruhe bringen (Mt 11,28).
Der König und Daniel. Daniel steht vor dem König. Welch ein Unterschied! Nebukadnezar der unumschränkte Herrscher, und Daniel einer der Weggeführten. ‑ Das ist die eine Seite. Auf der andern Seite aber sehen wir Daniel, als den weisen Kenner der Geheimnisse Gottes; Nebukadnezar hingegen, als den total Unwissenden in göttlichen Dingen. Trotzdem antwortete Daniel auf die Frage Nebukadnezars, ob er den Traum anzeigen und deuten könne, in aller Bescheidenheit: „Das Geheimnis, welches der König verlangt, können Weise, Beschwörer, Schriftgelehrte und Wahrsager dem König nicht sagen, aber es ist ein Gott im Himmel, der Geheimnisse offenbart“ (Vers 27, 28). Das ist eine gotteswürdige Antwort, voller Demut. Ähnlich redete auch Josef, der zu Pharao sagte: „Das steht nicht bei mir“ (1. Mose 41,16). Wahre Erkenntnis der Gedanken und Wege Gottes ist immer von tiefer Demut begleitet, während menschliche Gelehrsamkeit aufbläht.
Obwohl Daniel noch jung war, und vor dem größten König seiner Zeit stand, war er neben seiner Bescheidenheit doch sehr mutig; denn indirekt strafte er des Königs Sünde. Indem Daniel dem König sagte, „daß solches Wissen nicht bei den Menschen stehe, sondern allein bei Gott“, erklärte er die verhängten Todesurteile als ein Unrecht. Wahre Gottesmänner strafen die Sünde, ganz gleich bei wem sie sich finden mag. Damit gab aber auch Daniel dem König den Rat, ich in Zukunft nicht an die Weisen, sondern an den Gott des Himmels zu wenden.
Das Resultat. Wir beachteten bereits die großen Unterschiede zwischen dem mächtigen König und dem einfachen Weggeführten. Und siehe, jener kapituliert vor diesem, indem der Größere vor dem Kleineren niederfällt, ihn ehrt, und den Gott Daniels als den Gott der Götter und den Offenbarer der Geheimnisse anerkennt (Verse 46‑49). Welch ein Triumph! Im tiefsten Grunde war es ein Sieg über Satan, der beabsichtigte, die vier Männer von königlichem Samen, diesen kleinen Überrest von unerschütterlichem Glauben, lückenloser Treue zu Gott, und erfüllt mit wahrer Gottesweisheit, zu vernichten, und zwar unter Preisgabe aller Weisen, Wahrsager und Zauberer in Babel.