Schriften von Georg R. Brinke
1Mo 13,5-13 - Trennung um des Friedens willen1Mo 13,5-13 - Trennung um des Friedens willen
Nach V.4 war Abram von Ägypten, der Stätte seiner Niederlage, zurückgekehrt zum Altar. Hier begegnen wir in Abram einem ganz anderen Manne als zuvor. Stark, voll Mut und Kraft, aber auch ebenso voll Demut und Selbstverleugnung. Abram sollte bald vor neue, große Schwierigkeiten und Versuchungen gestellt werden, die konnte er nur siegreich überwinden durch neue Kraft, die ihm am Altar zufloß. Die meisten Niederlagen erleiden wir durch die Vernachlässigung unserer Gemeinschaft mit Gott. Am Altar wohnen, d. h. Stille vor Gott haben, darf und muß unsere tägliche Losung sein, dann überwinden wir weit und erlangen wie Abram reiche Segnungen.
Neue Schwierigkeiten. Der Teufel ruht nie. Kaum ist eine Versuchung vorbei, liegt er schon mit vielen andern auf der Lauer. Das sehen wir sogar in seinem Verhalten zum Herrn. In Lk 4,13 lesen wir: „Und als der Teufel jede Versuchung vollendet hatte, wich er für eine Zeit von Ihm“, das will sagen daß Satan den Herrn bald in anderer Weise versucht hat. Das geschah selbst noch dann, als Er am Kreuze hing (Mt 27,40). Wir sind keinen Augenblick sicher vor den Anfechtungen Satans; darum gilt beständig die Ermahnung des Herrn: „Wachet und betet". Neue Versuchungen kommen oft nach besonderen Segnungen. Es brach Streit aus zwischen den Hirten Abrams und Lots, die offenbar getrennte Haushaltungen führten. Beide Parteien suchten das Ihre, jede Hirtengruppe wollte ihren Herrn befriedigen. Da die Weideplätze nicht genügend Nahrung für das viele Vieh und Nahrung für das Gesinde boten, führte dies zu Zank.
Die eigentlichen Ursachen der Schwierigkeiten. Das war offenbar der große Reichtum, der hier zum ersten Male in der Schrift genannt wird und in einem häßlichen Licht erscheint. Der Reichtum hat dem Gläubigen höchst selten genützt, aber wohl meistens geschadet und ihn vom Herrn weggeführt (Mk 10,22-24). Es ist für die meisten Reichen sehr schwer, selig zu werden, weil ihr Vertrauen auf das Irdische gerichtet ist und rocht auf Gott selbst (1Tim 4,3). Nicht umsonst warn: die Heilige Schrift vor dieser Gefahr (1Tim 6,17; Lk 12,13-21). Unser bestes und vollkommenes Vorbild ist auch in dieser Hinsicht der Herr selbst, der reich war, aber um unsertwillen arm wurde.
Die üblen Auswirkungen der neuen Schwierigkeiten. Es war beständig Zank. Nicht zwischen Abram und Lot selbst, sondern zwischen ihren Hirten. Abram war ein Knecht Gottes, und Paulus schreibt in 2Tim 2,24, daß der Knecht des Herrn nicht zanken soll. Das Traurige dabei war, daß die Kanaaniter das alles mit ansahen, die doch wußten, daß die Zankenden Hausgenossen der frommen Familie Abrams waren, und dadurch wurde das Zeugnis vor der Welt geschwächt. Geschieht das nicht auch in manchen Familien der Gläubigen? Man zankt vor den Kindern, vor den Nachbarn und vergißt, daß der Name des Herrn dadurch verunehrt wird. Der wahre Christ aber verzichtet viel lieber auf sein Recht als auf sein gutes Zeugnis. Oft entsteht der Zank materieller Vorteile wegen. Man denke nur daran, wie oft das geschieht bei Erbschaftsangelegenheiten. In Abrams Fall lagen die Schwierigkeiten weiter zurück. Sie waren:
Die Folgen mangelhafter Absonderung. Abram hatte den göttlichen Befehl erhalten, allein aus Ur auszuziehen, aber er hatte einen Teil der Verwandtschaft (Lot) und des Vaterhauses (Tharah) mitgenommen. Tharah war, wie wir früher sahen, inzwischen gestorben. Die Verwandtschaft ist für viele Gotteskinder ein großes Hindernis im Wachstum des Glaubenslebens, in der ungeteilten Nachfolge des Herrn. Endlich wird Abram gemerkt haben, wie weise es ist, Gott von Anfang an ganz zu gehorchen. Wäre er damals allein ausgezogen, wie Gott befohlen hatte, dann hätte er nicht die langen fünfzehn Jahre in Haran verloren, er wäre viel eher ins Land Kanaan gekommen, und die Nöte durch die Verbindung mit Lot wären ihm erspart geblieben.
Eine nötige Operation. Zum Zanken gehören bekanntlich zwei. Abram duldete den Zank nicht, sondern jagte dem Frieden nach, besonders um des guten Zeugnisses willen. Er bezahlte ihn mit einem sehr hohen Preis. Diese Friedensbemühungen erlauben uns, in die Herzen zweier Menschen zu schauen, die zwar beide Gerechte genannt werden und doch so verschieden handelten. Viele Gotteskinder wissen wohl von einer Bekehrung und Rechtfertigung durch den Glauben, jagen aber keineswegs nach der Heiligung und dem Frieden mit jedermann. Das sehen wir deutlich bei Lot, der anstatt der Heiligung dem Irdischen nachjagt und am Ende ja doch alles verliert.
Abrams selbstloser Friedensvorschlag. Abram erkannte, daß er es seiner Stellung vor Gott, vor den beiden Familien, vor den Hirten und nicht zuletzt vor den Kanaanitern schuldete, dem Zank ein Ende zu bereiten. Er erkannte aber auch, daß dieses Ziel nur auf dem friedlichen Wege einer Trennung zu erreichen war. Obwohl Abram und nicht Lot das Land verheißen war, überließ er Lot die Wahl. Der Klügere gibt nach, sagt der Volksmund, und wer um des guten Zeugnisses willen auf etwas verzichtet, den segnet Gott. Das sollte Abram bald erleben. Abram handelte ganz nach Christi Vorbild (Mt 17,24-27). Er stellte alles Dem anheim, der recht richtet (1. Petr. 2,25). Wenn unsere Blicke wie bei Abram auf die himmlische Stadt gerichtet sind, dann fällt es uns nicht schwer, auf Irdisches zu verzichten. Abram, der ein Freund Gottes genannt wird, überläßt Ihm den Entscheid, wohl wissend, daß Er über allem steht. Die Art, wie der Mensch wählt, offenbart seinen Charakter (Jos 24,25; 2Sam 24,12). Achten wir darauf, wie gut Mose und Paulus wählten (Heb 11,24-28; Phil 3,7-10). Wie hast du gewählt?
Lots selbstsüchtige Wahl. Abram sagt zu Lot: „Wir sind Brüder.“ Das vergaß Lot. Leider vergessen es manchmal auch wir. Friede untereinander und ein gutes Zeugnis vor der Welt gehen Abram über alles. Um den Zwistigkeiten ein Ende zu bereiten, die der Weideplätze wegen entstanden, überläßt er Lot die Wahl. Abram, dem das Land von Gott verheißen war, verzichtet bereitwillig auf sein Recht. Lot ergriff die ihm gebotene Gelegenheit und ließ sich von seinen Vorteilen leiten. Er kannte keinerlei Rücksichtnahme dem Alteren gegenüber. Er sah einen bequemen Weg, noch reicher zu werden, und beschritt ihn, obwohl er wissen mußte, mit welchen Gefahren und inneren Verlusten er verbunden war. Hätte man ihm gesagt, daß er bald in Sodom wohnen werde oder gar, daß sich seine Töchter mit den gottlosen Sodomitern verheirateten, so hätte er es nicht geglaubt. Der Schwimmer, der sich zu weit in den Strudel begibt, riskiert sein Leben. Jedermann, der Lots Wahl nachahmt, schädigt sich selbst und seine Familie. Gewiß hat Lot manchmal die Gemeinschaft mit seinem frommen und treuen Onkel vermißt und sich der schönen Stunden mit ihm erinnert. Aber der Weg zurück ist oft wie vermauert. Gar bald war Lot wie ein Gefangener der Sodomiter und mußte die bitteren Früchte seiner selbstsüchtigen Wahl genießen In Lk 12,15 sagt der Herr: „Sehet zu und hütet euch vor der Habsucht, denn nicht weil jemand Überfluß hat, besteht sein Leben.“ Gewissen und Gemeinschaft wegen des Erfolges oder des Ruhmes zu opfern, ist wohl das Niedrigste, was wir tun können, und raubt alle wahre Freude und den Frieden. Aber jeder, der glaubt, daß der Vater im Himmel sein Versorger ist, wird nie selbstsüchtig sein, vielmehr ein fröhlicher Geber. Letztere werden oft geradezu mit materiellen Willen. Lots Wahl war ein Fehlschlag wie die des Esau, der sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht verkaufte. Lot war vom Geiste Ägyptens erfüllt. Die Weltförmigkeit entsprach ihm und seiner Familie mehr als das Leben eines Pilgers. Jede Wahl, die nicht Gottes Ehre, Sein Reich im Auge hat, ist folgenschwer. Das sieht man oft in der Ehewahl, auch in der Berufswahl oder der Wahl des Wohnortes. Man schaut auf die schöne Gegend wie Lot, oder auf die Bequemlichkeit, aber nicht darauf, ob man Gemeinschaft mit Gotteskindern haben kann. Lot wählte sich ‑ (V. 11) und damit ist alles gesagt.
Was aber geschah mit Abram? Er wird anfänglich gewiß in Not geraten sein, als Lot all die fetten Gegenden für sich beschlagnahmte. Vielleicht hörte er die Unzufriedenheit seiner Knechte. Bald aber merkte er, daß Gott den Besitz austeilt und zu Seiner Verheißung „Ich will dich segnen“ steht. Als später Abram sah, wie jene ganze Gegend zerstört wurde, dankte er gewiß Gott für Seine Leitung und Bewahrung.