Schriften von Georg R. Brinke
2. Mose 25,31-40; 37,17-24 - Der goldene Leuchter2. Mose 25,31-40; 37,17-24 - Der goldene Leuchter
Der siebenarmige, goldene Leuchter, der ebenfalls im Heiligtum, und zwar an der Südseite dem goldenen Schaubrottisch gegenüber, stand, war ein Kunstwerk ersten Ranges. Moses hatte das Modell auf dem Berge gesehen, und nach diesem wurde er angefertigt. Solch ein erstaunlich kunstvolles Gerät konnte nur von Männern wie Bezaleel und Oholiab hergestellt werden, die Gott mit dem Geiste der Weisheit ausgerüstet hatte. Auch wir dürfen bei der schwersten Arbeit mit dem Herrn, Seiner Weisheit und Seiner Hilfe, rechnen, wenn wir, wie ein Schüler mit seinen Aufgaben, bis zu den schwierigsten Problemen geführt werden.
Der Leuchter war aus einem Talent geläuterten Golde hergestellt (Ein Talent beträgt etwa 60 kg.). Er hatte einen massiven Fuß, damit er sicher stand. Aus dem Fuß heraus kam der mittlere Schaft, und wiederum aus diesem traten beiderseits drei Röhren heraus mit reichen Verzierungen, mandelblütenähnlichen Kelchen und goldenen Schalen, wie es unser Text sagt. Der Leuchter war geradezu unübertroffen schön.
Wie hätte es auch anders sein können, da er ein Bild des Herrn als Licht der Welt symbolisieren sollte! (Joh 8,12). Bei unserm weisen Herrn ist alles herrlich, alles unbeschreiblich schön. Er selbst ist ja auch der Schönste unter den Menschenkindern. Man lese nur Ps. 45, oder man denke an die Braut im Hohenliede, die die Schönheit des Bräutigams über alles erhebt.
Die Herstellung des Leuchters. Er war aus geschlagenem Golde (4. Mose 8,4); also unter schweren Hammerschlägen mußte der Leuchter hergestellt werden, so recht ein Bild von Dem, der von Gott geschlagen wurde (Jes 53,4). Wenn ich den Bericht über die Herstellung des Leuchters recht verstehe, daß er nämlich aus einem Stück Gold hergestellt wurde, so bleibt er für jeden Künstler und Fachmann ein großes Geheimnis. Da war zunächst der massive Sockel, aus ihm heraus entstand der mittlere Schaft, und erst vor, diesem entsproßten gewissermaßen die sechs Zweige mit ihrem Schmuck. Der Leuchter bleibt ein Geheimnis genau so wie Der, den er im Vorbilde darstellt, unser Herr. Als unser Herr, „das Licht der Welt“, in die Welt kommen sollte und dieses Ereignis durch Gabriel der Maria angezeigt wurde, fragte Maria: „Wie soll das geschehen, sintemal ich von keinem Manne weiß?“ Die Antwort des Engels lautete: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten, darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden“ (Lk 1,34.35). Den Weisen dieser Welt ist und bleibt die Jungfraugeburt Christi ein unlösbares Geheimnis; uns aber, die wir glauben, ist Er Gotteskraft und Weisheit (1Kor 1,24). Die sechs Röhren, die doch alle einen Kanal für das 01 haben mußten, aus dem mittleren Schaft kunstvoll herauszutreiben, bedurfte vieler und genau überlegter und geführter Hammerschläge. Auch hier finden wir ein Symbol: Wir lesen: Wenn Er, der mit Krankheit Zerschlagene, Sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, wird Er in die Länge leben und Samen haben (Jes 53,10). Sind wir nicht aus Ihm hervorgegangen wie Eva aus Adam, von Ihm erleuchtet worden, oder, in einem anderen Bilde gesehen, ist nicht Er der Weinstock und wir die Reben?
Wir sind aus Ihm, wir haben dieselbe Natur erhalten. Die Stärke und Sicherheit der Zweige lag im Schaft, sie ruhten in ihm. Ohne Ihn sind wir nichts (Phil 4,13). Ebenso verdanken die Zweige ihre Schönheit dem Schaft. Alle, Schaft und Zweige, haben das gleiche Vorrecht, zu leuchten und mit Ihm auferstanden mitzusitzen in himmlischen Örtern (Eph 1,3 ff.).
Was mit dem Schaft damals geschah, geschieht heute mit den Röhren. Wie unser Herr durch Leiden vollkommen gemacht wurde (Heb 2,10), so heute die Seinen, die oft durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen müssen (Apg 14,22). Gern tragen wir das Sterben unseres Herrn an uns, damit Sein Leben durch uns offenbar werde (2Kor 4,10). Insoweit wir Seines Todes teilhaftig geworden sind, sind wir auch Seines Lebens teilhaftig. Die schönen Mandelblüten und die goldenen Schalen sind auch nur durch viele Hammerschläge entstanden. Soll Christi Bild in uns gesehen werden, geschieht auch das nur in Leiden und Prüfungen. Hier lernen wir, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum besten dienen müssen, denen, die nach Seinem Vorsatz berufen sind (Röm 8,28.29).
Wen stellt dieser Leuchter dar? Wir haben es bereits gesehen: unsern Herrn (vgl. Sach 4). Im Betrachten der einzelnen Gegenstände der Stiftshütte haben wir den Herrn in mancherlei Gestalt versinnbildlicht gesehen. Hier sehen wir Ihn nun als das Licht der Welt. Im Heiligtum war kein Fenster; da war also absolute Finsternis, und es hätte kein Priester dienen können, aber da stand der Leuchter. Dieser ist im bisherigen Bericht der einzige Gegenstand, der nur aus reinem Gelde bestand, also ohne das bekannte Akazienholz. Hier sehen wir Ihn nur als den wahrhaftigen Gott, als das wahrhaftige Licht, das in die Welt kam (Joh 7,9.10; 8,12; 9,5; Jes 42,6; 49,6). Er war in der Welt und die Welt ist durch Ihn gemacht, aber die Welt kannte Ihn nicht (,loh. 1,4.5.10). Israel erkannte Ihn nicht und warum nicht? Neil es innerlich verfinstert war, weil es fern vom Heiligen wandelte und in toten Zeremonien aufging. Den goldenen Leuchter kann man nur im Heiligtum sehen. Er brachte uns Licht vom Vater. Er ist das anziehende Licht. Sprach Er zu Zöllnern und Sündern, so fühlten sie sich von diesem Lichte angezogen. Er ist das helle Licht, der helle Morgenstern (Off 22,16), die Sonne der Gerechtigkeit, mit Heilung unter ihren Flügeln (Mal 3,20). Er strahlte zu jeder Zeit den Vater aus. Er war gesalbt, um zu lehren: das Wort, das das Licht ist, auszustrahlen (Jes 61,1). Die sieben Lampen weisen auch auf die Vollkommenheit Seines Dienstes hin. Er brachte kein Zwielicht, sondern vollkommenes Licht. So brennen auch sieben Lampen vor dem Throne Gottes droben (Off 4,5). Er strahlte den Vater aus und konnte sagen: „Wer Mich sieht, der sieht den Vater“ (Joh 14,9). Vor Gott zu leben und für Ihn zu leuchten ist auch unsere Aufgabe. „Ihr seid das Licht der Welt.“ Mt 5,14.) So sagte der Herr. Damit bekommt der Leuchter noch eine ganz praktische Anwendung auf das Volk Gottes. Wir haben vom Herrn Licht empfangen. Er selbst hat uns entzündet (2Kor 4,6). In diesem Lichte erkannte Saulus den Herrn, und bald darauf brachte er dieses empfangene Licht andern, die noch in Finsternis saßen (Apg 26,13.18). Wir alle haben Licht vom Herrn empfangen und sollen es auch ausstrahlen. Schön illustriert der Herr die Seinen als Lichtträger in jenem Weibe im Gleichnis vom verlorenen Groschen (Lk 15,8.9). Das Weib, Bild der Gemeinde, zündet das Licht an und sucht mit Fleiß, bis es die verlorene Münze gefunden hat. Das Geldstück ist der verlorene Mensch, der wie die Münze des Königs Bild trägt, aber in Finsternis geraten ist. Er wird aber gesucht, bis er gefunden ist. Leuchten wir auch so in das Dunkel dieser Welt, um die verlorenen Groschen zu suchen? „Lasset euer Licht leuchten vor den Leuten“ (Mt 5,16).
Der Standort des Leuchters. Er stand in völliger Dunkelheit. So sind auch wir in eine finstere Welt gestellt, um das Licht des Evangeliums auszustrahlen, inmitten eines verkehrten und ehebrecherischen Geschlechts, unter welchem wir die Tugenden Christi verkündigen sollen (Mt 12,39; Phil 2,15; 1Pet 2,9). Wie hell leuchtet oft nur ein kleines Glühwürmchen in der Nacht, es durchbricht die Finsternis. Wir wollen aber nicht einem Glühwürmchen gleichen, sondern der Lampe auf dem Leuchter. Nicht nur der Einzelne, vor allem soll jede örtliche Gemeinde solch ein Leuchter sein, wie uns das die sieben Gemeinden in Off 2 u. 3 besagen. Einige leuchteten nicht recht, und der Herr mußte tadelnd sagen: „Ich habe wider dich . . .“ Wie die Welt in Jesu Tagen den Vater durch den Sohn sah, so soll heut die Welt durch uns den Herrn sehen und kennen lernen. Unser Licht muß lieblich anziehend sein, aber auch warnend; denn das Licht zeugt wider die Finsternis (Phil 2,15.16). Man denke, wie klug die Welt in ihrer Lichtreklame ist und die Augen aller anzieht. Sollten wir nicht Ihn weit schöner ausstrahlen, Ihn, der die Herrlichkeit Gottes Selbst ist? Die Priester bewegten sich im Lichte des siebenarmigen Leuchters, um ihren Dienst zu tun. Nun in diesem Lichte konnten sie ihren Dienst recht verrichten.
Ich las in einem Buch: „Das Licht innerer Erleuchtung, das anfänglich noch matt und unscheinbar sein mag, wird indessen zunehmen nach dem Maß der Treue, bis es sich schließlich sieben Mal heller erweist als der Glanz der Sonne, wie es in Jes 30,26 von Ihm heißt. Denn die Sonne gehört zur diesseitigen, vergänglichen Welt, das Licht des Heiligtums aber stammt aus der ewigen Welt. O wie sollten wir uns schämen und durch die ganze Gemeinde ein Fasten ausrufen, wie solches zur Zeit Joels (Kap. 2,12-17) geschah mit Weinen und Klagen. Solcher Umkehr wird dann auch bei uns neue Gnade und neuer Segen in reichem Maße folgen. Nur eine Gemeinde, die vom Offenbarungslicht lebt, ist imstande, unserm Volke den rechten Dienst zu erweisen. Wehe der Gemeinde, die sich dieser Verantwortung entzieht. Wir brauchen heute Menschen, deren inneres Ohr geöffnet ist für die Stimme aus dem Heiligtum. In einem Augenblick innerer Erleuchtung schauen wir mehr als andere in Jahren aus Büchern.“
Die Pflege des Leuchters. Der Leuchter im Heiligtum brannte Tag und Nacht, doch war das nur möglich, wenn die Schalen pünktlich täglich gereinigt, die Dochte erneuert und die Lampen mit frischem Öl gefüllt wurden. Das ist es, was wir beständig benötigen, das Selbstgericht. „Eine jegliche Rebe, die Frucht bringt, die reinigt Er, damit sie mehr Frucht bringe“ (Joh 15,2b). Nur durch die Leuchtkraft von oben vermögen wir unsere Mission zu erfüllen. Im Heiligtum besorgten die Priester die Reinigung. In Seiner Gemeinde besorgt es heute unser ewiger Hoherpriester droben (Heb 4,14-16). „Erforsche mich, prüfe mich“, flehte schon der Psalmist (Ps 139,23.24), und das soll auch unsere Bitte sein. Laßt uns uns selbst in Seiner Kraft reinigen von jeglicher Befleckung des Fleisches und des Geistes und die Heiligung vollenden (2Kor 7,1).
Der Leuchter mußte täglich frisch gefüllt werden. Wo das Öl fehlt, versagt die Lampe. Wo das Öl des Geistes fehlt, fehlt die Vollmacht und fehlen auch die mitfolgenden Zeichen. Wie sich das Öl verzehrt und erneuert werden muß, so muß das Gotteskind täglich neu voll des Geistes werden, nach dem Schriftwort: „Werdet voll Geistes“ (Eph 5,18). Das Licht muß ständig brennen, das ist eine ewige Satzung (2. Mose 27,21). Je mehr Öl umsomehr Licht. Bei einem Stephanus leuchtete es so stark und so hell, daß die Weisen der Welt seiner Weisheit nicht widerstehen konnten (Apg 6,10). Vielleicht liest jemand diese Darlegungen, der heute sich nur wie ein glimmender Docht vorkommt, während sein Leuchter früher hell leuchtete. Warum dieser Rückschritt? Er hat es unterlassen, den Leuchter regelmäßig zu reinigen und ihn frisch füllen zu lassen. Er braucht nicht zu verzweifeln, sondern klammere sich an das Wort in Mt 12,20, wie auch an Pauli Wort: „Und Er, der in dir das gute Werk begonnen hat, wird es auch vollenden“ (Phil 1,6). Laß dich neu anfachen und füllen, um mit geschmückter Lampe dem Bräutigam entgegen zu gehen (vergl. Mt 25,1-12). Das Freudenöl der ersten Liebe steht auch für dich bereit, greife nur zu!
Der Leuchter hatte noch manchen andern Zweck. Er beschien die Gegenstände im Heiligtum. Die Strahlen brachen sich in den vergoldeten Brettern. So vermögen auch wir nur durch das göttliche Licht das Göttliche auch in unserm Bruder zu sehen; da kennen wir niemanden mehr nach dem Fleisch.
Das Licht fiel auch auf den Schaubrottisch. Nur in diesem Lichte erkennen wir die ununterbrochene Fürsorge Gottes. Das Brot lag beständig auf, es war den Priestern zur Nahrung gegeben. Zahllos sind die Gotteskinder, die geistlich hungern, und im Heiligtum ist doch Brot die Fülle, ja, der Herr Selbst ist das Brot (Joh 6,48.51.58).
Das Licht fiel ferner auf den goldenen Altar. Dort stieg der Weihrauch auf zum lieblichen Wohlgeruch (2. Mose 29,18). Im Heiligtum sehen wir unsern Hohenpriester in Fürbitte für uns eintreten (Lies Joh 17). Dort vertritt Er uns, aber dort sollen wir als Seine Priester lernen, daß man vor allen Dingen zuerst tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen (1Tim 2,1). O daß wir alle mehr im Heiligtum, in Seinem Lichte weilten, um dessen Kostbarkeiten selbst zu genießen, aber auch um sie wiederum in eine arme Welt hinaus zu tragen!