„Kostbar ist in den Augen Jehovas der Tod Seiner Frommen.“ So sprach einst schon David im Geiste. Beim Tode treten große Gegensätze hervor. Wir sehen den Tod von diesseits und erblicken nur Zerfall, Staub, Asche, Herzeleid, Schmerz und Trennung. Aber das, was für uns schmerzlich und fast unerträglich erscheint, ist kostbar vor Gott. Gott sieht den Tod von jenseits des Vorhanges und erblickt nur Neuschöpfung, Freude und Vollkommenheit. Wir stehen im Dunkel, hoffen und glauben, Gott aber steht im Lichte und kennt die herrliche Wirklichkeit. Der Tod ist nur ein Durchgangstal, ein oft langer, dunkler Tunnel, mit einem hellen, lichten Ausgang in ein besseres Land. Wie schon David sagt: «Und ob ich auch wanderte im Tale der Todesschatten, ich fürchte kein Unglück, denn du bist bei mir» (Ps 23,4). Für Gott ist der Tod Seiner Frommen gleich einem heimkehrenden Schiff, das auf hoher See durch große Stürme und Seenot gebend endlich im heimatlichen Hafen Anker geworfen hat. Man könnte den Heimgang der Frommen auch mit einem aus der Fremde heimkehrenden Kinde vergleichen, das nun im Vaterhaus herzlich bewillkommt wird. Wenn David den Tod der Frommen kostbar für Gott nennt, so müssen wir uns fragen, was bedeutet denn der Tod der Frommen für den Herrn? Nicht weniger als:
Ein besonderes Gedenken Gottes. Schon während die Frommen im Lande der Fremdlingschaft pilgerten, gedachte Gott ihrer täglich und deckte ihre mannigfaltigen Bedürfnisse. Er, der Gott ihres Heils, trug sie und ihre Last Tag für Tag auf Seinen liebenden Armen und auf Seiner starken Schulter und bewahrte sie. Sie waren in Seine Hände eingegraben, so dass niemand sie aus Seiner Hand zu reißen vermochte; nun erfasst Er sie für immer. Der Tod naht wie ein gewappneter Mann, und der schwache Mensch ist in völliger Hilflosigkeit. Nachdem jede menschliche Hilfe versagt hat und nutzlos erschien, gedenkt Gott Seiner Frommen und dient ihnen.
Eingang zu vertrautester Gemeinschaft. Bereits hienieden pflegte Gott Gemeinschaft mit Seinen Frommen. Sie waren mit Ihm verbunden wie Reben am Weinstock. Und trotzdem diese innige Verbundenheit vom Feind der Seelen öfters durch Untreue unterbrochen wurde, so hat Gott doch die, die Er liebt, und für die Er Seinen geliebten Sohn gab, endlich in Seiner ununterbrochenen Gemeinschaft. Er selbst begleitete sie durch das Tal der Todesschatten, und gleichwie der Erstgeborene in des Vaters Schoß ist (Joh 1,18), so dürfen nun auch sie der zärtlichsten Vaterliebe teilhaftig sein. Nicht allein Gemeinschaft mit Gott, nein, auch Gemeinschaft mit den ihnen vorangegangenen Mitgläubigen ist droben ihr Teil. Der Herr drückt sich so schön aus: „Sie werden mit Abraham, Isaak und Jakob im Reiche sitzen.“
Ruhe für Seine müden Frommen. Hienieden nahm Gott den Frommen ihre Lasten der Sünde und Sorge ab und führte sie zur herrlichen Ruhe des Gewissens und Herzens; jetzt aber sind sie zur vorhandenen Sabbatruhe eingegangen, denn es ist noch eine Ruhe vorhanden dem Volke Gottes (Heb 4,9). Droben ruhen sie von ihren Werken (Off 14,13). Und, war ein Leben ein besonders hartes, so wischt Er selbst jede Träne von ihren Augen ab (Off 7,17). Für die Frommen bedeutet der Tod Ruhe für Geist, Seele und Leib. Gott betrachtet die Ruhe Seiner Frommen als etwas Wohlverdientes. Er selbst hat ihre Kämpfe beendet und führt Seine müden Streiter wie einst Stephanus in Seine Ruhe ein. Er erhebt sich von Seinem Thron, wie das die Geschichte des Stephanus so schön zeigt, und empfängt Seine Frommen selber (Apg 7,56-60).
Belohnung Seiner Frommen. Bei Lebzeiten gedachte Gott ihrer Speisopfer, Er nahm ihre Brandopfer an (Ps 20,3) und segnete sie für ihr Tun. Er vergaß ihre Liebeswerke an den Mitgläubigen nicht (Heb 6,10). Nun aber stehen sie vor Ihm, dem gerechten Richter und empfangen vollen Lohn von Ihm (2Joh 8; 1Kor 3,8). Wie manches Mal war des Herrn Herz beglückt, wenn sie Ihm und den Heiligen dienten, Verlorenen nachgingen, Irrenden zurechthalfen und Niedergebeugte aufrichteten. Sie taten es ja Ihm, nicht ihnen allein, wissend, dass sie des Herrn Schafe oder Lämmer sind. Nun erfahren sie, was Paulus triumphierend ausrief: „Hinfort liegt mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit“ (2Tim 4,8).
Neuen Dienst für Gott. Seine Frommen hielten es für ein Vorrecht, dem Herrn auf Erden in Liebe zu dienen, nun aber dienen sie Ihm in Seinem heiligen Tempel (Off 7,15). In dieser Welt waren sie ab und zu von Satan, Welt und Fleisch in ihrem Dienst gehindert, nun aber geschieht er unaufhörlich und ungestört in reiner Liebe.
Eingang ins eigentliche Leben. Jesus kam, um uns Leben und volle Genüge zu geben, was durch Seinen Kreuzestod geschehen ist. Mit dem Apostel Paulus geben auch wir unserer Sehnsucht des freudigen Eingangs droben Ausdruck, indem wir mit Ihm sagen, abzuscheiden und bei Christo zu sein ist weit besser (Phil 1,23; 1Kor 5,2; Pred 12,7). Unser Heimgang ist ein Verlassen des Landes des Todes und ein Eingehen in das Land der Lebendigen, um fortan Gottes Herrlichkeit zu schauen (Joh 17,24).
Dienst an den Hinterbliebenen. Gott redet mit den Menschen auf mancherlei Weise (Heb 1,1) und das oft durch eben heimgegangene Fromme. Was eine Mutter oder Gattin im Leben nicht vermochte, das kann Gott durch den Tod Seiner Frommen vollbringen. Durch den Tod kam der Herr ins Haus des Jairus. So muss noch heute der Tod Seiner Frommen den Hinterbliebenen dazu dienen, den Gott alles Trostes einzuladen, dass Er bei ihnen bleibe (2Kor 1,3 ff.). (Aus .Aehrenlese•.)