Schriften von Georg R. Brinke
Die Weltreiche im Lichte der Prophetie
Dan 4,5-18 - Nebukadnezar und sein Gesicht vom großen BaumDan 4,5-18 - Nebukadnezar und sein Gesicht vom großen Baum
(So erhebend und ansprechend die Verse 1-4 auch sind, so zeigen doch die folgenden Verse schon sehr deutlich, daß dem König das eine Wichtige und Unerläßliche, das zu neuem Leben führt, die E r k e n n t n i s der S ü n d e, fehlte. Viele bewundern, wie er es tat, den Gott des Himmels, den Schöpfer in den Werken der Natur, lieben sie und erfreuen sich ihrer; doch so lange der Mensch sich nicht in seinen Sündentiefen erkennt, sich selbst und die Sünde verabscheut, wird es nichts Neues geben. Neues Leben gibt es nur durch Buße und Glauben an den Einen, der gesagt hat: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Gott hatte in Nebukadnezar ein Werk angefangen und das brachte Er auch zur Vollendung. In seinem Fall geschah es auf dem Wege empfindlicher Zucht. Drücken nicht viele Menschen Gott buchstäblich die Zuchtrute in die Hand, weil er auf anderem Wege mit ihnen nicht fertig wird. Ich habe Häuser kennengelernt, von denen die Zuchtrute Gottes nicht wich. Krankheit, Gebrechen, Verluste und Nöte aller Art waren das Alltägliche, bis es auch bei ihnen, wie bei Nebukadnezar, hieß: „Sobald du erkannt haben wirft, daß die Himmel herrschen“ (Vers 26). Der König scheint nicht viel mit Daniel selbst zu tun gehabt zu haben, wenigstens nicht im Privatleben, denn Daniel hätte ihm als Prophet Gottes, den rechten Weg ohne weiteres zeigen können. So redete Gott mit dem König erneut durch einen Traum. Die Deutung desselben lag wiederum allein bei Daniel. Gott kennt den geeignetsten Weg zu jedem Einzelnen Herzen und Gewissen; auch den zum Herzen eines Königs (Spr 21,1).
Nebukadnezar in seinem Glück. Alles schien bei
Nebukadnezar nach Wunsch zu gehen. Er hatte das ausgedehnteste Reich der
Welt, Ruhe und Frieden und empfing allenthalben höchste Ehre. Jede
Gefahr von außen her war gebannt. Niemand wagte ihn anzutasten. Auch in
seinem Palast hatte er seltenes Gedeihen. Hätte er unter so günstigen
Verhältnissen nicht bedenken sollen, daß Gottes Güte ihn zur Buße leiten
wollte? (Röm 2,4). Im Gelingen und Überfluß lauert die Überhebung vor
der Tür und gesellt sich zur inneren Blindheit, wie bei Israel, dem noch
heute eine Decke auf dem Angesichte liegt, so daß es die Herrlichkeit
Gottes nicht erkennt. Gott fragt nicht nach Rang und Stand; Er gibt
Kaiser und Könige dahin, wenn sie Seinen Willen und Seine Güte nicht
beachten. Und es ist lauter Gnade, wenn Gott, wie bei Nebukadnezar, noch
den Wurzelstock übrig läßt (Vers 15). Beim letzten König der Weltreiche
wird Gott aber selbst den Wurzelstock ausroden lassen (
Der neue Traum. Wir finden ihn in allen Einzelheiten in den Versen 10‑17 beschrieben.
Beachtenswert ist der Zeitpunkt des Eintreffens des Traumes. Als es dem Herrscher g u t ging und er ähnlich jenem reichen Kornbauer ausrief: „ Iß und trink, liebe Seele und sei fröhlich, denn du hast einen Vorrat auf viele Jahre“ (Lk 12,16-21). Man konnte von Nebukadnezar sagen: „Alles was er tat, geriet wohl“ (Ps 1,3; Jer 17,8). Die Sicherheit hinter der festen Stadtmauer vermochte jedoch sein erschlafftes Gewissen nicht zu schützen. Gott fand den Weg dahin!
Der Inhalt des Traumes (Vers 10-17). Nebukadnezar sah einen sehr hohen, sich weit ausbreitenden, schönen, starken Baum.
In der Schrift werden gelegentlich einzelne Menschen, manchmal auch ganze Völker, und in Mt 13, im Gleichnis vom Senfkorn, sogar die Christenheit mit einem „Baum“ verglichen. So nennt Hesekiel Assur eine „,Zeder auf dem Libanon“ (Hes 31,3), während Jesaja Israel einen „Weinstock aus Ägypten“ heißt (Jes 5). Ferner spricht der Herr von Israeli als von einem „Feigenbaum“ (Mt 21,19), und Paulus bezeichnet Israel als einen „Olivenbaum“ (Röm 11). Auch vergleicht der Herr sich selbst mit einem „Weinstock“ (Joh 15). Der Baum nun, den Nebukadnezar im Traume sah, hatte außergewöhnliche Dimensionen; unter ihm ruhten die Tiere im Schatten und in seinen Ästen fanden die Vögel Zuflucht. Auch war Nahrung an seinen Zweigen für alle. Gleichzeitig sah Nebukadnezar im Traume einen Wächter, einen Heiligen, vom Himmel herabsteigen, der den Befehl erteilte: den Baum zu fällen; seine Ästete abzuhauen; den Wurzelstock jedoch in der Erde zu lassen; und zwar in Fesseln von Eisen und Erz. Schließlich vernahm er noch: dieser Beschluß sei unabänderlich und bald auszuführen (Vers 17). Dieser seltsame Traum beschäftigte den König sehr! Er scheint nichts Gutes dabei geahnt zu haben und erschrocken verließ er des Morgens sein Lager.
Die Wirkung des Traumes. Der König witterte große Gefahr. Und wenn der bloße Traum den Monarchen schon in solche Unruhe brachte, was erst mußte dessen Erfüllung für ihn sein! Nebukadnezar wünschte unter allen Umständen die Deutung dieses beängstigenden Traumes zu erfahren und nahm wiederum Zuflucht zu seinen unfähigen Propheten. Alle Schriftgelehrten, Beschwörer und Wahrsager erschienen im Palast und hörten den Traum an, ‑ aber da war keiner, der ihn auszulegen vermochte. Warum fragte der König auch diesmal die Weisen, da sie doch auch jetzt nicht weiser waren als früher, und notgedrungenerweise versagen mußten. Der kluge und bescheidene Daniel tat sich aber nicht hervor; er konnte warten und trat erst in den Vordergrund, als er speziell verlangt wurde. Der König stellte ihm ein guten Zeugnis aus und empfing ihn feierlich. Inwieweit Nebukadnezars Worte echt waren, lassen wir dahingestellt sein. Seine erneute Zufluchtnahme zu den falschen Propheten ist ein deutlicher Beweis dafür, in welchem Maße Nebukadnezar sich von der früher gewonnenen Erkenntnis abgewandt hatte. So geht es in der Regel! Der Mensch mag zehnmal Gottes Hilfe erfahren haben, und doch geht er das elfte Mal gleichwohl zu den löchrichen Brunnen dieser Welt, sucht dort Rat, Ausweg und Hilfe. Die Weisheit dieser Welt ist aber Torheit bei Gott; sie vermag die Gedanken des lebendigen Gottes nicht zu erfassen. Die vielgepriesene Philosophie der Gelehrten versagt stets in der Stunde innerer Not. Es dürfte kaum jemand seine Zuflucht zu „Nietzsche“ oder ähnlichen „Größen“ in Seelennot genommen haben. So fand Nebukadnezar auch diesmal keinen andern Ausweg, als zum Propheten Gottes zu gehen.
Die rechte Zuflucht. „Das Geheimnis Gottes wohnt bei Seinen Frommen.“ Sie sind die einigen Ratgeber, weil sie göttlich erleuchtet sind. Nebukadnezar machte Daniel keine geringen Komplimente (Vers 8). Doch gerade diese bezeugen das innere Abweichen des Königs; denn er redet von „Belsazar“ als von s e i n e m Gott, obwohl er schon zweimal zuvor den Gott des Himmels als alleinigen Gott anerkennen mußte. Er sprach von Jehova als von dem „Gott der Götter“. Nebukadnezar wußte, daß der Geist der heiligen Götter in Daniel wohnte, und daß ihm kein Geheimnis zu schwer zu lösen war. Und doch wandte er sich zuerst zu den Wahrsagern, zu jenen finstern, dämonischen Betrugsmächten. Wer sich der Medien bedient, wie z. B. Saul, befindet sich im Banne Satans und läuft große Gefahr, ein Ende mit Schrecken zu nehmen. Sollte ein Leser dieser Zeilen bekennen müssen, früher oder gar noch jetzt seine Zuflucht in der Not zu Wahrsagern, Pendlern, Kartenlegern, Horoskop, Tischklopfen, gewissen Wasserdoktoren u. a. m. genommen zu haben, so bitten wir ihn, sich sofort unter das befreiende, altgenugsame Blut des Lammes zu stellen (Off 12, 1l). Mache es wie Nebukadnezar, der am Ende doch den Betrug erkannte und zum Propheten Gottes kam. Nebukadnezar tat nicht wie Ahab, der Micha haßte, als er ihm nicht nach seinem Geschmack weissagte (1Kön 22,8). Der wahre Prophet muß manchmal wohl oder übel, wie in diesem Fall, harte Worte reden; sind sie doch das einige Mittel, das zur Heilung führt. Darum, lieber Leser, wende dich zu dem einen, dem größten Propheten „.Jesus Christus“, von welchem schon Mose geweissagt hat: „Ihn sollt ihr hören“ (5. Mos e 18,15).