Schriften von Georg R. Brinke
Die Weltreiche im Lichte der Prophetie
Dan 4,31-34 - Mir ist Erbarmung widerfahrenDan 4,31-34 - Mir ist Erbarmung widerfahren
Nebukadnezar mußte Gegenstand eines schweren Gerichtes werden, weil er die göttlichen Offenbarungen und die wohlgemeinte Warnung seines Propheten ausschlug. Zugleich ist er aber auch ein Denkmal der Lang mut und Gnade Gottes. Ehe er gedemütigt wurde, irrte er. Doch waren Demütigungen und Zucht nicht vergeblich an ihm und so strahlte die Gnade um so heller in seinem späteren Leben. „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, woher mit Hilfe kommt.“ Das haben der Psalmist und auch Nebukadnezar getan. Früher blickte er auf Babel h i n a b und sagte: „ Ist das nicht das große Babel, welches ich erbaut“, und wurde irrsinnig dabei. Nun aber blickte er h i n a u f zu Gott und wurde gerettet. Nebukadnezar wird in seiner furchtbaren Krankheit gelegentlich lichte Augenblicke gehabt haben; mußte er dann nicht an die Deutung Daniels denken und die Erfüllung der gerechten, langmütigen, göttlichen Drohung erkennen? Konnte er sich nicht auch der Verheißung erinnern, daß der Wurzelstock stehen bleibe, damit er wiederum ausschlage? Solches und ähnliches wird der König vor Ablauf der sieben Krankheitsjahre, die über ihn geweissagt waren, erwogen haben. „Um die Zeit“, sagt Nebukadnezar, „kam mir mein Verstand wieder“. Noch nie hat Gott einen Menschen, der sich vor ihm beugte, lange auf sich warten lassen. Petrus, der anfing zu sinken, rief: „Herr rette mich“, und alsbald streckte der Herr die Hand nach ihm aus. David schrie laut: „Ich habe gesündigt“, und Nathan antwortete ihm im Auftrage Gottes: „ Jehovah hat deine Sünde hinweggetan.“
Ganze Wiederherstellung. Wie ging sie bei Nebukadnezar vor sich?
Er wurde von seiner schweren Krankheit durch Gott geheilt. Die Umnachtung wich, der Verstand kehrte zurück. Ja, wen Gott wiederherstellt, den läßt Er völlig gesunden. Erst jetzt sah er im Hinblick auf seine eigene Person, wohin ihn sein Hochmut gebracht hatte.
Seine Minister suchten ihn wieder auf (Vers 36). Dank der Zuverlässigkeit Daniels und seiner Freunde gab es keinen Wechsel in der Regierung. Sie bewahrten die Treue zu Gott und standen auch treu zum König in seiner tiefsten Erniedrigung.
Sein Glanz und seine Ehre wurden ihm zurückgegeben. Was dem Menschen durch seine Sünde genommen wird, wird ihm aus Gnaden nach seiner Beugung wieder geschenkt. Nachdem Mephiboseth zu David gesagt hatte: „Wendest du dich zu mir, wie zu einem toten Hunde", wurden ihm alle Felder, die früher seinem Großvater Saul gehörten, zurückerstattet (2Sam 9).
Schließlich wurde Nebukadnezar, wie er selbst sagt, ausnehmende Größe hinzugefügt. Lesen wir dazu Hiob 42,10-15.
Ein großes Lob. „Und ich pries den Höchsten, und ich rühmte und verherrlichte den ewig Lebenden, dessen Herrschaft eine ewige Herrschaft ist, und dessen Reich von Geschlecht zu Geschlecht währt, und alle Bewohner der Erde werden wie nichts geachtet, und nach Seinem Willen tut Er mit dem Heere des Himmels und mit den Bewohnern der Erde; und da ist niemand, der Seiner Hand wehren und zu Ihm sagen könnte: Was tust du?“ Das ist ein Bekenntnis von ausnehmender Schöne. Nebukadnezar sieht nun ein, was er schon in Kapitel 2, 44 hätte lernen sollen: daß die Erde des Herrn und Sein Reich ein ewiges ist. Er erkannte auch, daß die Regierung Gottes universal ist; daß sie Himmel und Erde umfaßt, und daß alles, was Gott tut, gerecht ist. Es ist große Gnade, wenn ein König Gott in Seinem Handeln gerecht spricht und nicht klagt, oder gar Gottes Tun als unverdient beurteilt. „Gott vermag zu erniedrigen die in Hoffart wandeln“; diese Worte aus dem Munde eines so mächtigen Monarchen können nur durch Gnade gewirkt sein. Was Nebukadnezar durch seine tiefe Demütigung lernte, ist daß, was führende Männer anderer Völker durch alle Zeiten hindurch auch zu lernen hatten, nämlich, daß der Höchste herrscht, und Nationen wie ein Tropfen am Eimer, wie ein Sandkorn, wie Nichtigkeit und Leere sind (Jes 40,15-17.)
Ein herrliches Bekenntnis. „Nun rühme ich, Nebukadnezar, und erhebe und verherrliche den König des Himmels, dessen Werke allesamt Wahrheit und dessen Wege Recht sind.“ Das harte Gericht Gottes war abgelaufen. Nebukadnezar verwandelte seinen Thron in eine Kanzel und seine Staatsakten in eine Predigt, damit seine irrenden Untertanen durch ihn den wahren Gott kennen lernen und fortan wie er selbst, in Gottes Wegen wandeln sollten. Der König hatte eingesehen, daß der Himmel regiert und er sehnte sich danach, daß auch seine Völker dies f a s s en möchten. Der einstige große Feldherr erflehte für alle Frieden und Segen. Er, der ehedem andere in Stücke zerschlug und in den Feuerofen warf, redet am Ende seiner Tage wie ein warnender Prophet Gottes! Alle, die Gottes Barmherzigkeit erfahren haben, erflehen sie auch für ihre Mitmenschen.
Und nun fällt der Vorhang. Die folgenden Kapitel des Propheten Daniel reden nicht mehr von Nebukadnezar, aber das Letzte, das wir hörten, ist wirklich ergreifend. Leser, ist das Letzte, das man von dir hören wird, auch eine freundliche Einladung an die Mitmenschen, dem Herrn nachzufolgen? Lernen wir von seinen Worten! Seine Botschaft geht dich und mich an! Mir sehen nun auf Nebukadnezars Gruft die Inschrift: „Auf Wiedersehen droben im unvergänglichen Reich der Herrlichkeit.“