Schriften von Georg R. Brinke
1Mo 15,4-7 - Rechtfertigung durch den Glauben1Mo 15,4-7 - Rechtfertigung durch den Glauben
Dieser Abschnitt führt uns zu einer grundlegenden Wahrheit der Heiligen Schrift: der „Rechtfertigung durch den Glauben“. Abram glaubte Gott, und das wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. Paulus wurde nicht müde, den Gemeinden die entscheidende Bedeutung der Rechtfertigung durch den Glauben von allen Seiten her klar zu machen. Der erste Mensch, von dem die Schrift berichtet, daß sein Glaube an Gott ihm zur Gerechtigkeit gerechnet wurde, ist Abram. Zweifellos erkannten auch Abel, Henoch und Noah diese Gerechtigkeit aus Glauben, denn der Hebräerbrief bestätigt ihren Glauben.
Eine göttliche Offenbarung. Gott hatte Sich Abram schon öfter geoffenbart. Dabei empfand dieser gewiß die Nähe, Liebe und Fürsorge seines himmlischen Vaters in der beruhigenden und zugleich stärkeren Aufmunterung: „Fürchte dich nicht“ (V. 1). Gott offenbarte Sich ihm und sprach zu ihm wie ein Freund zu seinem Freunde. Wir leben gegenwärtig nicht im Zeitalter der Visionen, denn wir haben das feste zuverlässige Wort, wir haben die Verheißungen. Nicht alle Weissagungen und Zungen, von denen heute seelisch veranlagte Gläubige so viel Wesens machen, sind zuverlässig.
Abrams ungestillte Sehnsucht. Das wunderbare göttliche Angebot, Abram Schild und großer Lohn zu sein, vermochte noch nicht seine tiefe verborgene Sehnsucht zu stillen. Er sehnte sich nicht nach Reichtum, den hatte er sogar ausgeschlagen, sondern nach einem Erben, nach einem eigenen Sohn, den er lieben könnte. So war auch einst Adam inmitten reichster Fülle nicht befriedigt, bis er Eva an seiner Seite hatte. Und trotz der zahllosen Welten, die Gottes Schöpfung und Eigentum sind, kommt Sein Herz nicht eher zur Ruhe, bis die verirrten Men-schen, auch du und ich, wiederum an Seinem Herzen ruhen. So sind nach Lk 15 die drei verlorenen und wiedergefundenen Dinge: Schaf, Groschen und Sohn, Gott unendlich wertvoller als alle Seine sonstigen Schätze. Gott schaut aus nach Kindern, die er lieben kann wie ein Vater. Und so erging es Abram. Was nützte Abram all der Reichtum, wenn er ihn nicht seinen Kindern hinterlassen durfte. Sollte sein Knecht Erbe werden? Vor seinem inneren Auge stand noch immer die bisher unerfüllte Verheißung von Kap. 12,2. 318 Knechte waren in seinem Hause geboren worden, aber er selbst war in dieser Beziehung viel ärmer als sein Gesinde, er durfte keinen Sohn herzen. Hinter seiner Klage steht unausgesprochen die bange Frage: Habe ich nicht schon lange genug auf die Erfüllung der Verheißung gewartet? Äußerlich gesehen schien es auch so, als müsse er kinderlos bleiben. Zehn Jahre hat er bereits auf einen Erben gewartet, indessen ist die Aussicht, Vaterfreuden erleben zu dürfen, immer geringer geworden, denn beide, er und Sarai, waren alt geworden. Abram war durch das lange Warten zu der Annahme gekommen, daß sein treuer Knecht Elieser Erbe werden sollte, doch wo blieb dann die Erfüllung der Verheißung Gottes?
Die göttliche Antwort. So groß auch Abrams Klage war, Gottes Antwort war noch größer und überaus herrlicher. „Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte.“ Das war das Bekenntnis Davids in Ps 103,8. In der uns geschilderten Unterredung Gottes mit Abram finden wir eine wunderbare Bestätigung dieses Wortes. Gott läßt Abram aus seinem Zelt heraustreten und den strahlenden Sternenhimmel betrachten. Dort im Lande Kanaan funkeln die Sterne viel heller, dort sind sie dem bloßen Auge auch viel zahlreicher und besser sichtbar als bei uns. „Zähle die Sterne; kannst du sie zählen? So zahlreich soll dein Same sein.“ Abram hatte bisher mehr auf sich, auf sein unfruchtbares Weib und auf Elieser geschaut, also hinab auf die Umstände, nicht hinauf zu Gott allein. Nach unten Schauende werden stets klagen und zweifeln.
Nach Kap. 13 hatte Gott Abram einen irdischen Samen verheißen, der so zahlreich wie der Staub der Erde sein sollte. Damit ist zweifellos Isaaks Nachkommenschaft gemeint. Hier aber sprach Gott von einem weit herrlicheren Samen, einem himmlischen. In Röm 4 werden der irdische und der himmlische Same Abrams auseinandergehalten. Die Gläubigen aus Israel sind Abrams irdische Nachkommen, und wir, die aus den Nationen Kommenden, sein himmlischer Same, die Kinder des Glaubens. Unser verheißenes Land aber ist nicht Kanaan, sondern das Vaterhaus droben.
Abrams kindlicher Glaube. Nun war der tote Punkt überwunden. Die Schrift sagt klar und bestimmt: „Abram glaubte Gott.“ Jetzt blickt er wieder auf den Allmächtigen, auf Seine Güte und Barmherzigkeit. Abram erinnerte sich wieder der mannigfachen Erfahrungen und Segnungen in seinem Leben, da Gott so treu zu Seinem Worte gestanden hatte. Gewiß, Menschen hätten ihm diese Voraussagen nicht machen dürfen; er hätte sie ausgelacht und als Phantasten abgetan. Abram schaute nun nicht mehr auf sich noch auf Sarais Alter und Unfruchtbarkeit, sondern auf Gott, der nicht lügen kann. Niemals ehren wir Gott mehr, als wenn wir bedingungslos, selbst in größter Aussichtslosigkeit, Seinem Wort glauben. Abram selbst war wohl alt geworden, aber nicht sein Glaube, darin war er zum Mannesalter herangewachsen. Wie Abrams Blick nach dem gestirnten Himmel keine Grenzen fand, so fand sein geistiges Auge, das in die ferne Zukunft blickte, keine Grenzen. Weit hinaus über seinen Sohn Isaak und über dessen Nachkommen sah Abram Den, auf den die göttliche Verheißung letztlich hinauslief, wie Jesus sagt: „Abraham, euer Vater, ward froh, daß er Meinen Tag sehen sollte; und er sah ihn und freute sich“ (Joh 8,56).
Die Folgen des Glaubens. „Abram glaubte Gott, und das rechnete Er ihm zur Gerechtigkeit.« Die Schrift lehrt also schon hier, daß der Mensch nicht durch Werke, sondern durch die alleingültige göttliche Gerechtigkeit ins verheißene Land kommt. Unsere Gerechtigkeit gleicht einem unflätigen Kleide (Jes 64,5). Wer immer vor einem heiligen Gott bestehen will, kann es nur in Seiner Gerechtigkeit. Diese wird uns auf demselben Wege zuteil wie Abram: durch Glauben. Vor Gott kann man nur in Seiner Gerechtigkeit erscheinen, in dem Kleide der Gerechtigkeit, das im Blute Christi gewaschen worden ist (Off 7,9,14; Röm 5,1 ff.). Unser Glaube an die reinigende und sühnende Kraft des Blutes Christi ist Voraussetzung zu der Rechtfertigung, die vor Gott gilt.