Schriften von Georg R. Brinke
1Mo 18,1-15 - Abraham empfängt erneut Besuch aus dem Jenseits1Mo 18,1-15 - Abraham empfängt erneut Besuch aus dem Jenseits
Durch die sofort vollzogene Beschneidung und den damit bewiesenen
pünktlichen Gehorsam war der Bund, den Gott mit Abraham schloß,
bestätigt und perfekt geworden. Dadurch ist ein ganz neues Verhältnis
zwischen Gott und Abraham zustande gekommen. Es bestand nunmehr innigste
Gemeinschaft, und es bedarf keiner langen Wartezeit und Geduldsprobe,
bis Gott Seinem Freunde wieder begegnet. Diesmal sind es drei Gestalten,
die vor Abrahams Zelt erscheinen. Sie erschienen Abraham als Pilger, wie
er selbst einer war. Sie vertrauten auf Abrahams Gastfreundschaft. Der
Herr ist auch zu uns gekommen, leibhaftig, als er in Bethlehem geboren
wurde und heute durch das Evangelium. Ist Er von uns auch so herzlich
bewillkommt worden wie von Abraham? Als Er geboren wurde, fand Er keinen
Raum in der Herberge. Er kam in Sein Eigentum, aber die Seinen nahmen
Ihn nicht auf. Er besucht uns noch heute in unseren Brüdern und
Schwestern. Findet Er auch Aufnahme und Gastfreundschaft? (
Frucht des Gehorsams. Wir haben uns bereits im vorliegenden Kapitel mit der Beschneidung und ihrer Bedeutung beschäftigt, die Paulus in Röm 6,5.6 andeutet: mit Christus gekreuzigt und mit Ihm auferstanden. Dadurch entstand ein ganz neues Verhältnis zwischen Gott und Mensch. Die Begegnung zwischen Gott und Abraham läßt uns etwas ahnen von der Herrlichkeit, die unser wartet, wenn Röm 6,5.6 Erlebnis, Wirklichkeit geworden ist: „Denn wenn wir mit Ihm eins gemacht worden sind in der Gleichheit Seines Todes, so werden wir es auch in Seiner Auferstehung sein, indem wir dieses wissen, daß unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, auf daß der Leib der Sünde abgetan sei, daß wir der Sünde nicht mehr dienen.“ Der Glaubensgehorsam trägt schon hienieden reiche Frucht. Abraham hat gelernt, Gott sorgen zu lassen. Er betratet nicht mehr Elieser oder Ismael als Erben der Verheißung, er blickt nicht auf sein Greisenalter noch auf Saras „erstorbenen Leib“, sondern allein auf den Allmächtigen, bei dem kein Ding unmöglich ist. Viele liebe Gotteskinder benötigen lange Zeit, bis sie das Vertrauen auf sich und andere Menschen und Mächte aufgegeben haben und nur noch mit Gott und Seinem Wort rechnen. Nachdem Abraham, neutestamentlich gesprochen, mit Christo gestorben und begraben war, durchströmt ihn Auferstehungskraft.
Hohe Ehrung. Eine solche wurde Abraham zuteil durch den Besuch der drei Gäste. Der Herr gibt uns hier einen kleinen Vorgeschmack von dem, was Er bereit ist zu tun für jedes Ihm ergebene Herz (Joh 14,21.23; 2Kor 3,18; Eph 3,17). Nicht die rein äußere Beobachtung einer Zeremonie stellt eine wahre Gemeinschaft mit Gott her, sondern ihr inneres Erlebnis. Die Begegnung mit Gott, die nun Abraham zuteil wurde, war nicht bloße Vision wie in Kap. 15, sondern ein persönlicher Besuch mit dem Ergebnis, daß Abraham fortan „Freund Gottes" genannt wurde (2Chr 20,7; Jes 41,8; Jak 2,23). Abrahams Augen waren zunächst für einige Augenblicke gehalten wie die der Emmausjünger, die auch nicht sogleich den Auferstandenen erkannten (Lk 24,16), bald aber sah er, welch hohe Ehre ihm zuteil wurde. Andere mögen nur drei Männer gesehen haben, Abraham aber erkannte bald seinen Freund. Der, Des Name heilig ist, kam zu dem, der nur Staub und Asche ist, und redet ihn an mit „mein Herr". Es erging ihm ähnlich wie jenen sieben Jüngern am See Tiberias, denen zunächst der Herr auch als Unbekannter erschien, Sich ihnen aber bald zu erkennen gab, so daß sie jubelnd ausriefen: „Es ist der Herr" (Joh 20).
Abraham als Gastgeber. Sein freudiges Entgegenkommen und seine herzliche Einladung an die drei Männer, in seinem Zelt einzukehren, war mehr als bloße orientalische Höflichkeit diesen fremden Männern gegenüber. Abraham verneigt sich tief vor ihnen, bittet sie, bei ihm zu verweilen, damit er ihnen eine Erfrischung anbieten kann. Er läßt ihnen nach damaliger Sitte die Füße waschen. Das war eine Wohltat, denn die Füße in den offenen Sandalen waren müde und bestaubt. Eine solche Erfrischung vermißte der Herr im Hause Simons, um so mehr erquickte Ihn die Fußwaschung mit den Tränen der Sünderin (Lk 7,44).
Nun machte Abraham ein großes Mahl und bereitete alles aufs beste. Zweimal heißt es, Abraham beeilte sich, und zu Sara sagte er: „Nimm schnell drei Maß Feinmehl, knete und mache Kuchen“ (Vs. 6.7). Auch das Kalb mußte zart und gut sein. Für den hohen Gast und Freund war nichts zu viel, Ihm wurde nur das Beste angeboten. Handeln wir auch so mit dem, der uns Seine Freunde nennt und sich nicht schämt, uns Brüder zu nennen? In einem solchen Heim verweilt der Herr lange. Ähnliches erlebte der Herr später im Heim von Maria und Martha in Bethanien. Mit den Emmausjüngern bitten wir dann: „Herr, bleibe bei uns.“ Abrahams Glaube wurde hier durch seine guten Werke bewiesen (Jak 2,21.26). Wie häßlich erscheint dagegen ein Mann wie Nabal mit seinem Handeln David gegenüber, der nichts für den kommenden König übrig hatte und Fluch erntete (1. Sam. 25). Güter sind uns nicht zum Aufspeichern, sondern zur Verwendung im Dienst an anderen anvertraut. Welch hohen Wert die Schrift der Gastfreundschaft beimißt, lesen wir in Hebr. 13,2. „Etliche haben ohne ihr Wissen Engel beherbergt.“ Bei diesem Ausspruch hat der Apostel bestimmt an Abrahams vorbildliche Bewirtung denken müssen und mahnt uns zur Nachahmung.
Wo war Sara? Sie, die Fürstin, vorgerückt im Alter, erfüllte getreulich ihre Hausfrauenpflichten und half zum Gelingen des Festmahls, obwohl sie selbst nicht daran teilnahm; denn im Orient speisen die Männer nicht zusammen mit den Frauen. Die wahren Töchter Saras folgen im Dienen noch heute ihrem Beispiel (1. Pet. 3,1‑6; Tit. 2,3‑6). Nun war die Stunde für Gott gekommen, daß Er Abraham einen festen Termin für die Erfüllung Seiner Verheißung nennen konnte. „In einem Jahr soll Sara einen Sohn haben.“ Damit kam Gott dem Abraham entgegen, denn das Warten auf unbestimmte Zeit ist viel schwieriger, als wenn eine bestimmte Frist festgelegt wird. Sara aber, die hinter dem Vorhang dem Gespräch lauschte, vermochte noch nicht den Glauben ihres Mannes aufzubringen, sie glaubte sich unbeobachtet, führte ein Selbstgespräch und lachte in ihrem Herzen. Sie vergaß, daß der Allmächtige nicht an Naturgesetze gebunden ist. Wie armselig ist doch der Mensch in seinem Kleinglauben vor dem allmächtigen Gott. Sara blickte genauso, wie früher Abraham, auf ihren erstorbenen Leib und nicht auf Den, bei Dem kein Ding unmöglich ist (Jer 32,17). Alle, die noch nicht Gott als den Allmächtigen kennen, finden solche Verheißungen lächerlich. Lerne in allen Dingen allein mit Gottes Treue und Allvermögen rechnen.
Eine ernste Rüge. „Der Herr sprach zu Abraham: Warum hat Sara denn gelacht?“ (Vs. 14). Sara hatte nicht nur gelacht, sondern sie leugnete dies jetzt noch. „Der Herr aber sprach: Nein, sondern du hast gelacht.“ Hier gab es kein Entweichen. Gottes Barmherzigkeit ist trotzdem groß, und Er hält Seine Verheißung aufrecht. In diesem Augenblick bekräftigte Er Abraham gegenüber aufs neue Seine Verheißung, so daß Sara sie anhörte. Wir lernen hier, wie genau Gott es mit uns nimmt. Sara lachte nur im Herzen, und sie sprach nicht laut. Es gibt so viele versteckte Lügen, die aber vor Gott genauso Sünde sind wie die offenbaren Unwahrheiten. Man lügt in Gedanken, lügt mit den Blicken oder durch Ausweichen, man lügt auch durch halbe Wahrheiten. Wie Gott Sara rügte, so läßt Er auch uns nicht ohne die ernste Ermahnung: „Leget die Lüge ab und redet die Wahrheit“ (Eph 4,25). Die Bibel schweigt darüber, welche Wirkung die Worte an Sara hatten, die Tatsache aber, daß die Verheißung an sie in Erfüllung ging, zeigt, daß sie doch ihre Sünde eingesehen, bekannt hat und so bereit wurde, fruchtbar zu werden. Obwohl Sara die Gastgeberin war, schonte der Herr sie so wenig wie später die Martha in Lk 10,40.41.