Schriften von Georg R. Brinke
Die Weltreiche im Lichte der Prophetie
Dan 1,8 - Das heilige NeinDan 1,8 - Das heilige Nein
Daniel und seine drei Freunde sind ohne Zweifel von vielen ihrer Tage beneidet worden. Allein die Ehrennamen, die sie erhalten hatten, zeugten zur Genüge von der Gunst und dem hohen Ansehen von Seiten des königlichen Hauses. Doch ehe wir in unserm Kapitel weiter geben, müssen wir noch einen kleinen Rückblick in Daniels Vergangenheit tun.
Seine Erziehung. Vier Jünglinge aus königlichem Geschlecht werden genannt, an deren Spitze Daniel steht. Sie und wohl auch noch andere ihres Volkes, waren in jeder Beziehung die Besten und Würdigsten. Dem Körperbau nach waren sie die Schönsten; dem Verstande nach die Begabtesten; dem Glauben an Gott und Seinem Wort nach die Treuesten und Entschiedensten. Ihr Stand in einem neuen Land und in neuen Verhältnissen war sicher nicht leicht, ging doch ihr Weg hinein in die Löwengrube und in den Feuerofen! Sie aber verstopften der Löwen Rachen und löschten des Feuers Kraft aus, - nicht durch Körperstärke und hohe Begabung, ‑ sondern durch den Glauben (Heb 11,33-34).
Und woher kamen Glaube und Treue bei Daniel und seinen Freunden? Gewiß daher, daß ein guter Glaubensgrund in aller Frühe in ihre Herzen gelegt worden war. Von Daniels Erziehung im Elternhaus lesen wir weder im Buche Daniel selber, noch anderer Stelle etwa. Doch nennt uns Vers 4 die Voraussetzung, die zur Aufnahme in die königliche Akademie erforderlich war, nämlich unterwiesen zu sein in aller Weisheit, kenntnisreich und mit Einsicht begabt. Schon die Namengebung „Daniel“ (Gott ist mein Richter), zeigt, daß er fromme Eltern hatte. Trotz des entsetzlichen Abfalls, der in seinen Tagen in Juda herrschte, gab es auch damals, wie zu allen Zeiten, einen gottseligen Überrest. Da Daniel aus königlichem Samen war, kam er mehr als andere schon sehr früh mit den Hohen des Landes, die bekanntlich am ärgsten in Sünde lebten, in Berührung. Trotzdem führte Daniel ein heiliges Leben. Auf diese Weise wurde er dann auch später nicht in Babylons Sünden hineingezogen, sondern blieb bewahrt.
Wohl den Eltern, die erkannt haben, daß das Wichtigste in der Erziehung ihrer Kinder nicht in erster Linie eine hohe Schulung noch ein einträglicher Beruf, sondern wahre Gottseligkeit ist. Sie ist entscheidend für das ganze weitere Leben. Der Tag kommt, da die Kinder ins Leben hinaus müssen und die größte Sorge wirklich christlicher Eltern ist dann die, daß die Kinder vor Sünde bewahrt bleiben möchten. Man erfährt zwar, daß die Unreinen, die Lastermenschen, meistens die gefeierten Helden sind, die Reinen dagegen verlacht oder in die Ecke gestellt werden. Was tut’s! – Daniels Vorwärtskommen im Glaubensleben und sein Bewahrtbleiben waren bestimmt die Folgen einer frühen Entscheidung für Gott. Er war ganz anders als seine Alters- und Zeitgenossen. In ihm vereinten sich eine Fülle von Tugenden. Er besaß wahre innere Schöne, persönliche Frömmigkeit, kindlichen Glauben, Demut und Treue. Auch führte er ein ernstes Gebetsleben. Sehr frühe hatte er die Schrecken der Invasion miterlebt, war er doch auch unter jenen Deportierten, die, wie anzunehmen ist, gefesselt Jerusalem verließen und nach Babylon geführt wurden. Was mag da nur durch seine Seele gegangen sein? In jedem Fall das eine, seinem Gott unter allen Umständen treu zu bleiben. Es war ein guter Glaubensgrund in seiner Erziehung gelegt worden und nun konnte er sicher darauf bauen. Die Glaubensproben, die es in Babel zu bestehen galt, waren größer, zahlreicher und schwerer als die Lektionen der Hochschule. Daniel wußte auch, daß er bald vor dem großen Despoten Nebukadnezar dienen mußte, dessen Allgewalt ihm zur Genüge bekannt war; denn Daniel selbst sagt von ihm: „Wen du töten willst, den tötest du und wen du erheben willst, erhebst du“. Er wird dabei an die Erfahrungen gedacht haben, die er, sein Volk und dessen König gemacht haben (Jer 39,6-7). In dieser bedrückenden Atmosphäre wurde Daniel für den königlichen Dienst herangebildet. Hier, wo Laster, Bestechung und Hochmut regierten, mußte er aushalten. Und während wir mit der Zeit die Spur seiner Freunde verlieren, behalten wir Daniel in immer gleichem Geist und gleicher Treue bis ans Ende des Buches im Auge. Auch hat er bis zu seinem Lebensende als treuer Diener des Staates, dem Kaiser gegeben, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist, indem er im Glauben fest und im Gebet beständig war.
Die erste harte Probe in Babylon. Sie trat kurz nach
dem Eintritt in den königlichen Palast an ihn und an seine Freunde heran
und machte offenbar, wes Geistes Kinder sie waren. Zweifellos meinte
Nebukadnezar es gut mit den Jünglingen, indem sie von seinem Tische
essen und von seinem Wein trinken sollten. Sicherlich hätte die leckere
königliche Kost auch dem Gaumen Daniels entsprochen, aber für ihn und
seine Freunde kam sie nicht in Betracht. Warum denn nicht? Weil Daniel
sich auch im Essen und Trinken nach der Schrift richtete (
Daniels Enthaltsamkeit bezog sich gewiß nicht nur auf Essen und Trinken, sondern vielmehr auf alles, was im Leben Anstoß und Ärgernis hätte geben können (Röm 14,1-2). Wir wundern uns also keineswegs, wenn der Herr auch das Fasten in die praktische Seite der Heiligung mit einbezog (Mt 6,16-18). Reinheit des Lebens geht der inneren Reinheit voraus. Glauben wir aber ja nicht, daß Daniel etwa ein Sonderling war - und wie manche in unsern Tagen durch Sonderlichkeiten auffallen wollte. Unleugbar ruht auf der Enthaltsamkeit ein großer Segen; auch sind aus einer Jugend, die frühe gelernt hat zu überwinden, nicht selten Männer hervorgegangen, die dem Reiche Gottes Ehre machten und der Allgemeinheit große Dienste erwiesen, deren Namen (wie der des Daniel), in die Geschichte eingegangen sind. Und so wurde der verhältnismäßig noch junge Daniel der weise Ratgeber des größten Königs bei alten Geschichte.
Das heilige Nein. Daniel nahm sich in seinem Herzen vor, sich nicht zu verunreinigen. Persönliche Heiligkeit ist also der erstgenannte wichtige Zug in seinem Leben und dieses sein Verhalten ist für uns vorbildlich. Ein Leben, das, so beginnt, muß gesegnet sein. Und war, nehmen mir uns im Herzen vor? - Können wir der Welt und ihrer Lust ein glattes „Nein“ entgegenhalten, wie Daniel und seine drei Freunde das, konnten? (1Joh 2,13-17; Jes 52,11; 2Kor 6,14; 7,1.) Können wir vor dem vernichtenden Einfluß von Seiten anderer fliehen, wie ein Josef es tat? (Spr 5,3-15; 6,24-25; 7,1-27.) Und können wir entjagen, wenn der Wein im Glase funkelt? (Spr 23,20.) Das „Nein – sagen“ ist vor Gott oft ein größerer Sieg, als, nach menschlichem Gutdünken große Taten zu vollbringen. Was, wollen du und ich nun tun? ‑ Der mahnenden Gottesstimme des Gewissens gehorchen, oder den Gaumen befriedigen? - Die Gunst des Königs oder die des Herrn einbüßen? - Hätten Daniel und seine Freunde gedacht wie viele in unseren Tagen, so wäre die Frage schnell beantwortet gewesen. - Auch schon einem Mose erlaubte das Gewissen nicht, den Thron Ägyptens, zu besteigen; noch konnte Paulus sich mit Fleisch und Blut besprechen, wollte er Gott dienen. Daniel blieb trotz der heidnischen Umgebung und trotz der großartigen Karriere, die er machte, bis zu seinem Ende ein Anbeter Gottes,. Wir heben nochmals hervor, daß die Wurzel aller Standhaftigkeit und allen Erfolges in seiner frühen Frömmigkeit lag. Lernen wir auch, daß es nicht die Enthaltsamkeit, das Negative allein ist, das aus uns Menschen nach der Art eines Daniel macht, sondern vor allem das Positive, die Hingabe an Gott. Ein Streben nach nur Zeitlichem, während der inwendige Mensch darbt, ist ein Unrecht, das sich bitter rächt. Der Herr sagt: „Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele“ (Mt 16,26). Und was schwebt in unseren Tagen der Jugend hauptsächlich vor, was dünkt sie allein erstrebenswert? Ist es nicht das Geld? Geld soll ihr den Weg zum Erfolg bahnen! Eine gut bezahlte Stelle mit genügend freier Zeit zum Sport! Eine reiche Heirat und Gott ist Nebensache! Aber ohne Gott legt sie gerade das eine wertvolle Kapital aus der Hand, das wirkliches Leben ist und den Weg zum Erfolg sichert. Mag unserer Jugend und auch den Alten je länger je mehr not tut, ist ein Verhältnis zu Gott, wie das des Daniel. Mit solchem Kapital im Herzen kommt es dann gar nicht darauf an, welches Urteil die Welt zu fällen beliebt. Im lebendigen Gott sein Leben verankert zu wissen, bietet Sicherheit und Segen in allen Stürmen des Lebens.