Zwei Dinge beschäftigen uns oft in bezug auf die im Herrn Entschlafenen. Wo sind sie und wie geht es ihnen? Beide Fragen hat im Grunde genommen Paulus in Phil 1,23 beantwortet. Die Schrift gibt uns je doch noch weiteren Aufschluss über den Himmel und seine Bewohner. Es ist nur unserer Gleichgültigkeit im Bibellesen wegen, dass wir diesbezüglich so wenig wissen. In der Vorstellung vieler ist der Himmel nicht viel mehr als die Stätte vermehrter Segnungen, und jenes schöne Wort in Off 7,16.17, da kein Leid irgendwelcher Art mehr sein wird, ist für sie allgenugsam. So schön dieser Ausblick für Leidende ist, ist er doch zu gering für die Fülle des Himmels. Andere denken in Verbindung mit dem Himmel nur an die ewige Ruhe. Die Schrift aber sagt viel mehr. Der Himmel ist ein lieblicher Ort mit allerlei Bewohnern, genau so wie die Hölle ein qualvoller Ort ist und leider viele Bewohner haben wird.
Der Himmel ist der Wohnort des Vaters. In
Der Himmel ist das Heim des Herrn Jesu. Von dort ist der Herr gekommen (Joh 3,13; 6,38) und nach Seiner Himmelfahrt wieder dort aufgenommen worden (Lk 24,51; Apg 1,11; 3,21; Heb 9,24). Beim letzten Zusammensein mit Seinen Jüngern sagte Er ihnen, „dass Er zum Vater gehe“. In den Himmel ging Er zurück, weil Ihn Sein Volk nicht aufnahm (Apg 3,21; 2,34; Eph 4,10; 1Pet 3,22; Joh 20,17). Aus diesem Himmel wird Er bald wiederkommen und unsere hinfälligen Leiber umgestalten und auch uns dahin bringen (Phil 3,21). Die ersten Gläubigen rechneten fest mit dieser Tatsache (l. Thess. 1, 10; 4, 16).
Der Himmel ist das Heim des Heiligen Geistes.
Johannes sagt, daß er Ihn sah vom Himmel hernieder kommen (Joh 1,32).
Ferner wird auch Sein Hernieder kommen an Pfingsten erwähnt (
Der Himmel ist der Wohnort der Engel. Wir lesen von den Engeln im Himmel in Mt 16,27; 18,10; 24,30,31; Mk 8,38; Lk 1,19 usw. Engel sind Gottes Boten, die Er zu Winden oder Feuerflammen macht. Sie stehen droben immerdar vor Gottes Thron zu Seiner ständigen Verfügung. Obwohl sie da und dorthin gesandt werden, ist doch ihr Heim der Himmel.
Der Himmel ist das Heim der Erlösten. Diese Tatsache interessiert uns begreiflicherweise am meisten, weil sie uns persönlich angeht und uns unsere ewige Bestimmung zeigt. Dort werden dereinst alle Heiligen sein, anfangend beim gerechten Abel bis zum letzten, der noch aus Gnaden hinzugetan werden wird. Dorthin sind längst Henoch und Elias entrückt worden. Dahinein schaute ein Stephanus, als er den Himmel offen sah und den Herrn zur Rechten der Majestät Gottes stehen. Dahinein durfte schon ein Johannes im Geiste gehen und wundersame Beschreibungen über das Geschaute machen (Off 4 und 5). Und dahin wird zur gegebenen Zeit die ganze Gemeinde entrückt werden; denn der Herr ist hingegangen, den Seinen Stätten zu bereiten (Joh 14,1 ff.; Heb 11,16). In dieser Welt sind Gotteskinder Fremdlinge, Pilgrime, verkannt, verachtet und geschmäht, aber droben harrt ihrer das herrliche Vaterhaus.
Gleich wie im Himmel in der Engelwelt Rangunterschiede sind, wie Cherubim, Seraphim, Fürstentümer, Gewalten, Lebewesen, die um den Thron sind, und Engel im allgemeinen, so werden droben auch große Unterschiede unter den Erlösten sein. Obwohl alle Gläubigen gerechtfertigt sind (Röm 8,30), alle durch Jesu Blut abgewaschen und also fähig gemacht wurden zum Erbteil droben, so werden unter ihnen doch große Verschiedenheiten sein (1Kor 15,41). Das Heil ist umsonst und ganz aus Gnaden. Ganz anders aber wird die Stellung der einzelnen Gläubigen droben sein. Paulus war sich schon auf Erden der Krone bewusst (1Thes 2,19; 2Tim 4,8). Es gibt ein fortwährendes Hineinwachsen in Jesu Bild (2Kor 3,18), ein Jagen nach Heiligkeit (Heb 12,14). Auch Daniel zeigt den großen Unterschied zwischen den einzelnen Gläubigen an jenem Tage (Dan 12,3). Wie sollte dies jeden Gläubigen zu treuem Wandel und den größten Opfern anspornen. Unsere dereinstige Stellung droben wird sozusagen von uns selbst hier auf Erden bestimmt (Mt 25,20-23; Lk 19,12-13). Die Schätze für den Himmel werden hier auf Erden angelegt (Mt 6,20; Lk 19,21). Wer kärglich sät, wird kärglich ernten (2Kor 9,6). Werden wir dereinst zu den Gekrönten gehören oder gar zu denen, die vor dem Herrn wie nackt erfunden werden?
Werden wir einander im Himmel wieder erkennen?
Beim Heimgang von Lieben oder bei Beerdigungen wird des öfteren die Frage gestellt: Werden wir uns im Himmel wiedererkennen? Wird die durch den Tod unterbrochene Gemeinschaft wiederhergestellt werden? Wird der Trennungsschmerz noch einmal geheilt werden? Die Antworten auf diese Fragen sind verschieden. Manche lehnen eine Antwort ganz ab mit der Begründung, dass alles Nachdenken hierüber nur Spekulation sei. Andere meinen, dass wir drüben von allem Irdischen nichts mehr wissen werden, weil Jesus sagt: „Siehe, ich mache alles neu“. Andere aber, und zu denen zähle auch ich, sagen: „Selbstverständlich werden wir einander im Himmel Wiedererkennen! Beachten wir folgendes:
Die allgemeine Erwartung. Es ist interessant zu wissen, dass alle Völker, selbst die primitivsten, an ein Fortleben nach dem Tode glauben. Alle haben ihre Geisterlehren. Und es ist vorgekommen, dass mir heidnische Häuptlinge erzählten: beim Sterben großer Häuptlinge seien eine Anzahl ihrer Sklaven getötet worden, damit die verstorbenen Häuptlinge auch die genügende Bedienung im Jenseits haben. Alle, selbst die Heiden, erwarten eine gute Zukunft. Da wir diese Hoffnung bei allen Völkern ohne Ausnahme finden, so kann es nur ein Überrest einer geistigen großen Offenbarung sein. Es ist sonst kaum denkbar, dass alle Völker zu allen Zeiten zu solch einer Annahme gekommen wären. Alle wissen: „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, hernach aber das Gericht.“ Nur unsere sogenannten „Aufgeklärten“ sagen „tot ist tot“ und „mit dem Tode ist alles aus“. Sie glauben dies wohl deshalb so gern, weil sie wissen, dass nach dem Tode das Gericht folgt, dem sie sich entziehen möchten (Off 20,11).
Wir nehmen unser Bewusstsein mit in die Ewigkeit. Die Freuden des Himmels würden gewaltig verringert, wenn alle unsere Erinnerungen an das Diesseits ausgeschaltet wären. Warum bewirkt gerade auf Sterbebetten der Gedanke des Wiedersehens lieber Vorangegangener so große Freude? Unsere Annahmen sind zwar Stückwerk. klare Beweise kann uns aber Gottes Wort geben. Wir wollen deshalb das Wort befragen.
Das Zeugnis des Alten Testamentes. Im Alten Testament lesen wir oft den Ausdruck: „Er wurde zu seinen Vätern versammelt“ (1. Mose 49,33). Bei dieser Stelle könnte man einwenden: „Jakob kam in sein Erbbegräbnis“, da er neben Vater und Großvater gebettet wurde; doch diesen Ausspruch finden wir auch bei Moses und Aaron (5. Mose 32,50), aber diese beiden Männer wurden nicht in ihrem Erbbegräbnis begraben. Moses wurde sogar von Gott selbst begraben (5. Mose 34,6). Dieser Ausspruch bezieht sich also nicht auf das Grab, sondern auf das Jenseits. David sagte von seinem verstorbenen Kinde, dessen Hinscheiden er so überaus hart empfand: „Ich werde zu ihm gehen“. (2Sam 12,23). Wäre es für David ein Trost gewesen zu wissen, dass er zu seinem Kinde gehen wird, wenn er es überhaupt nicht mehr Wiedererkennen würde? Gerade das war sein Trost, dass das durch den Tod Getrennte durch Gnade droben wieder vereint wird und zu vollkommener Gemeinschaft führt. All sein Hoffen wäre widersinnig gewesen, wenn es dort kein Wiedererkennen mehr gäbe.
Das Zeugnis des Neuen Testamentes. Beachtenswert ist die Geschichte in Lk 16,19 ff. Der reiche Mann nahm sein Gedächtnis mit; denn Abraham sagt zu ihm: «Gedenke Sohn». Er erkannte selbst über die große Kluft hinweg Lazarus und Abraham, den er auf Erden nie gesehen hatte. Weiter wissen wir, dass die Jünger auf Tabor Moses und Elias erkannten, die sie auch nie gesehen hatten. So musste es ihnen doch vom Herrn gesagt worden sein, dass es Moses und Elias waren. Und wenn der Herr von den Segnungen des Millenniums redet, so spricht Er auch vom Wiedersehen der Väter (Mt 8,11). Somit gibt es also ein Wiedererkennen der Entschlafenen. Den trauernden Thessalonichern spendet Paulus Trost durch die Auferstehung. Paulus schreibt ihnen, dass beim Kommen des Herrn die Toten in Christo zuerst auferstehen und wir, die Lebenden, dann verwandelt werden und allezeit bei dem Herrn sein werden. Er ruft ihnen zu: „Tröstet einander mit diesen Worten“. Gäbe es kein Wiedererkennen, so gäbe es auch keinen diesbezüglichen Trost. Schließlich sei noch daran erinnert, dass die Jünger den auferstandenen Herrn sofort wiedererkannten.
Das Zeugnis der Belohnung bestätigt die Frage. Paulus nennt beide, die Philipper und die Thessalonicher seine „Ruhmeskrone an jenem Tage“ (Phil 4,1; 1Thes 2,19.20). Paulus freute sich auf den Tag Christi, dass er nicht umsonst gearbeitet habe (Phil 2,15.16; 2Kor 1,14). Er freut sich also, mit seinen geistlichen Kindern zusammen zu sein. Sie sind sozusagen an jenem Tage der Ausweis seiner Tätigkeit.
Der Sieg Christi über den Tod ist ein weiterer Beweis. Der Herr hat den Tod zunichte gemacht. Der Tod ist verschlungen (1Kor 15,54). Gar nichts, was der Tod hienieden zerrissen hat, wird bestehen bleiben. Der „Tod“ hat uns getrennt, aber Jesu „Sieg“ über ihn hat uns wiedervereint. Jesu Sieg wäre ein unvollkommener, wenn das Übel „Tod“ nicht beseitigt wäre. Ja, in neuen Leibern, gleichförmig dem Leibe der Herrlichkeit werden wir den Herrn erkennen und einander wiedersehen. Mit der schönsten Hoffnung dürfen wir an Gräbern stehen und uns des Wiedersehens freuen. Unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit Seinem Sohne und auch untereinander, und dies sowohl hienieden, als auch droben. Wenn unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit dem Sohne fortgesetzt wird, sollte dann die untereinander unterbrochen werden? Wie die eine, so wird auch die andere bestehen bleiben.