Dieses kleine Wörtlein kommt in der Schrift oft vor und bietet immer neue beachtenswerte Hinweise. Es fordert uns gleichsam auf, von allem anderen wegzusehen hin zu einem viel wichtigeren Gegenstand. Wir alle sehen gern etwas Neues, wir machen deshalb sogar lange Reisen und geben viel Geld dafür aus. Salomo sagt, daß das Auge vom Sehen nicht satt wird (Pred 1,8). Wir bewundern die Dinge in der Tiefe des Meeres, sowie die Sterne am Horizont. Wir bestaunen die Wunder der Technik und die Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaften. Aber das Eine, das Größte, das, worauf Gott uns hinweist mit Seinem „Siehe!“, das beachten wir in unserer Kurzsichtigkeit oder gar Blindheit nicht. Wir wollen uns Augensalbe kaufen, wie das unser Herr rät, um das Wichtigste, das Unvergängliche zu sehen (Off 3,18). Jakob blickte auf sich, auf seine Vergangenheit voller Makel usw., in seine ungewisse Zukunft und sah dabei nur Niederdrückendes. Da plötzlich ruft Gott ihm ein mehrfaches „Siehe!“ zu, und das soll uns kurz beschäftigen.
Das Wörtlein „Siehe“ ist etwa vierzigmal von Johannes gebraucht worden, wie uns eine Konkordanz belehrt, anfangend von jenem „Siehe, das Lamm Gottes“ in Joh 1 bis zu jenem letzten „Siehe, ich komme bald!“ im Buch der Offenbarung.
Das kleine Wörtlein „Siehe“ kommt im Traume von der Himmelsleiter viermal vor, im Luthertext zwar nur dreimal. Der Herr wolle uns allen so recht die Augen öffnen, um zu sehen, was Gott uns zeigen will, dann werden wir bestimmt wie Jakob ausrufen: „Dieser Gott soll mein Gott sein“.
Siehe, eine Leiter. Wir haben sie schon ein wenig betrachtet und dabei erkennen dürfen, daß sie vor allem andern ein Bild des Herrn und Seines Kreuzes ist. Das Kreuz zu sehen und seine Bedeutung für uns zu erkennen, ist für jeden Menschen das Wichtigste. Darum ist auch das erste der vielen „Siehe“ des Johannes der Hinweis auf das Lamm Gottes und damit auf das Kreuz das Wichtigste. Der Mensch muß das Lamm als Erstes sehen, will er auf der Leiter hinauf ins Vaterhaus gelangen. Ein sehr schönes Bild bietet uns in dieser Hinsicht die Stiftshütte. Der erste Gegenstand, mit dem der Israelit auf dem Wege ins Heiligtum in Berührung kam, war der eherne Altar. Jener Ort, da an Stelle des Sünders das Lamm geschlachtet wurde, das dem Obertreter sein wohlverdientes Urteil Gottes zeigte, aber auch die Gewißheit der Annahme bei Gott durch das geschlachtete Lamm. Erst dann stand der Weg offen ins Heiligtum oder, in unserem Bilde gesprochen, offen bis zur Spitze der Leiter. So sollte auch Jakob den wichtigsten aller Schritte tun, den einzigen Ausweg aus Sünde und Schuld hin zum seligen Frieden mit Gott. Das war es, was Gott mit dem Traum von der Leiter sowohl Jakob wie auch uns allen sagen will. Das Gelübde Jakobs am Morgen bezeugt, daß er den Schritt getan hat. Freilich bewegte er sich lange Zeit nur auf den untersten Stufen. Erst später in Pniel machte er neue Fortschritte auf dem Weg zum Ziel.
Siehe, Engel Gottes steigen auf und nieder. Jakob sah nicht nur die Leiter, den neuen Weg vor sich, sondern zugleich die Schönheit und Sicherheit des Aufstieges. Allen, die die Leiter besteigen wollen, flüstert Satan ein „Unmöglich!“ zu. „Du kannst sie nicht besteigen, es ist zu gefährlich, und du fällst schließlich doch herunter!“ Aber woher kommen diese Befürchtungen? Doch wohl daher, daß der Eingeladene die Engel auf der Leiter nicht sieht, obwohl hier geschrieben steht: „Siehe, Engel Gottes steigen auf und nieder“. Der Herr ruft den Menschen nicht nur in Seine Nachfolge, sondern sichert zu, daß Er das angefangene Werk vollenden werde und uns niemand aus Seiner und des Vaters Hand reißen könne (Joh 10,28). Die Engel sind ja ausgesandt zum Dienst um derer willen, die die Seligkeit ererben sollen (Heb 1,14). Der Abschnitt über die Engel soll uns einen kleinen Einblick in ihr Handeln zeigen. Die Engel begleiten uns nicht nur ein Stück auf der Leiter, sondern hin bis zum ersehnten Ziel.
Siehe, der Herr stand über ihr. Jakob wurde aufgefordert, über die Leiter hinauf zu schauen. Dort war sein Bundesgott und erwartete den müden Pilger, um ihm alles zu sein, damit Er durch ihn Seine Absichten mit der Menschheit durchführen könne. Jakob war also zu Hohem berufen. Aber er machte es ebenso wie die meisten von uns, die auch wissen sollten, wozu sie berufen sind (Eph 1,4 ff; 2,10). Sie bewegen sich nur in der Tiefe und lernen so den Vater kaum kennen. Die Schrift befiehlt uns, „aufzusehen auf Jesum, den Anfänger und Vollender des Glaubens“ (Heb 12,2). Wer auf Ihn blickt, wird nicht zuschanden. In Ps 34,5 lesen wir: „Sie blickten auf Ihn und wurden erheitert, und ihre Angesichter wurden nicht beschämt".
Und siehe, Ich bin mit dir (Vers 15). Diese Zusicherung an Jakob enthält einen kleinen Ausschnitt der wunderbaren, siebenfachen Verheißung, die Gott ihm von der Spitze der Leiter her gab. Zählen wir sie ohne Kommentar auf, und wir werden nur staunen.
1. Gott verhieß Jakob ein großes, schönes Land, das Land der Zierde genannt, darinnen Milde und Honig floß.
2. Ferner verhieß Er ihm eine zahlreiche Nachkommenschaft. Jakob war zu jener Zeit noch ledig, aber er glaubte Gott.
3. Gott verlieh ihm das Vorrecht, allen Völkern ein Segen zu werden.
4. Gott sicherte Jakob das Geleit zu: „Siehe, Ich bin mit dir".
5. Gott garantierte ihm Bewahrung auf allen seinen Wegen.
6. Auch versprach Er Jakob, daß Er ihn zurückbringen werde.
7. Und schließlich verhieß ihm Gott, ihn nie zu verlassen.
Sieben ist die Zahl der Vollkommenheit, und das war wirklich ein vollkommener, allumfassender Segen. Wie sollte Jakob ihn erhalten? Durch das Hinaufschauen auf Den, der auf der Spitze der Leiter war. Wenn wir unsern Blick erdwärts richten, müssen wir die Einflüsterungen Satans hören und werden entmutigt, ja wir fallen sogar in Sünde; aber himmelwärts gerichtet hören wir die großen Verheißungen und sind voll Lob und Dank und werden ein Segen für unsere Umgebung.
Darum: Blicke nur auf Jesus, eil Ihm zu!