(Vgl. das folgende Kapitel)
Wir verlassen nun das Heiligtum. Die Vertiefung in die Heilsgedanken, die durch seine Gestaltung und Ausstattung symbolisiert werden, hat uns einen erhebenden Einblick in den Heilsrat Gottes gewährt. Nun gehen wir im Geiste hinein in das Allerheiligste, an den Ort, den Sich der Gott Israels als Wohnstätte erkoren hatte. Die Stiftshütte bestand, wie wir wissen, aus drei Teilen, dem Vorhof, dem Heiligtum und dem Allerheiligsten. Verglichen mit unserem Glaubensleben stellen sie dessen Wachstum dar, denn ein gesundes Glaubensleben zeigt Wachstum und Fortschritt. Der Vorhof ist ein Bild des Kindleins in Christo. Das Heiligtum gleicht dem Jüngling, der stark im Glauben ist. Den Vätern in Christo entspricht das Allerheiligste (lies 1Joh 2,12-14). Leider muß gesagt werden, daß die Mehrheit der Gläubigen nicht über den Vorhof hinauskommt; sie gleichen jenen Menschen, von denen in Heb 5,12.13 die Rede ist. Vergessen wir nie, daß der Herr uns alle im Allerheiligsten um Sich zu haben wünscht (Hehr. 10,19.20). Im Vorhof verharren bedeutet den größten Verzicht auf all die Herrlichkeit, die der Herr den Seinen zugedacht hat. Da alle Gegenstände, die Gott Mose gezeigt hatte, Abbilder des Himmels waren, so darf oder muß wohl auch gesagt werden, daß der Stufe, die wir hienieden erreichten, unser Platz droben entsprechen wird. Laßt uns mit Eifer und Entschiedenheit dem Beispiel des Apostels Paulus folgen (1Kor 9,24-27; Phil 3,7-14).
Der Weg ins Allerheiligste. Laßt uns nun den Fußspuren des Hohenpriesters folgen. Er ging diesen Weg nur einmal im Jahre und zwar am großen Versöhnungstag. Mit dem Blut des Bockes, das am ehernen Altar floß, durchschritt er das Heiligtum, schob den Vorhang beiseite und ging ehrfurchtsvoll hinein ins Allerheiligste. Dort besprengte er den Sühndeckel, sowie den Vorhang sieben Mal mit dem Blut und kehrte mit dem Segen der Versöhnung des Volkes zu diesem zurück. Diese wunderbare, göttliche Einrichtung war ein Vorbild auf den großen Hohenpriester Christus, der mit Seinem eigenen Blute in das Allerheiligste droben einging und eine ewige Erlösung erfunden hat (Hehr. 9,12). Das Allerheiligste war schon ein prophetischer Hinweis auf Den hin, der die Erfüllung aller Weissagungen und Vorbilder ist, Jesus Christus. In Ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit (Kol 2,9). In Seiner Gemeinschaft dürfen wir nun leben und die uns erworbenen Segnungen genießen (loh. 1,14; Eph 2,19-22; Kol 1,19-23).
Die Gestaltung des Allerheiligsten. Das war ein ganz bescheidener kleiner Raum, je zehn Ellen lang, breit und hoch. Salomo fragt in seinem Gebet (l. Kg. 8,27): „Sollte Gott wirklich auf der Erde wohnen? Siehe, der Himmel Himmel können Ihn nicht fassen, wie viel weniger dieses Haus.“ Es ist erstaunlich, daß der große Gott so tief herabgestiegen ist. Wie tief aber stieg Er hinab, als Er Fleisch wurde! Aber noch viel bescheidener wurde unser Herr, indem Er in Menschen Wohnung gemacht hat, die einst Seine Feinde waren (Joh 14,23).
Die Bundeslade. Während im Heiligtum der goldene Altar, der siebenarmige Leuchter und der Schaubrottisch standen, befand sich im Allerheiligsten nur die Bundeslade. Die Ausstattung des Allerheiligsten war also äußerst einfach. Hier dürfen wir anspruchsvolle Menschen viel lernen. Unser Herr hatte während Seines Pilgerlaufs „nicht, da Er Sein Haupt hinlegte“ (Mt 8,20). Im Vorhof waren die Gegenstände von Holz und Erz, aber je weiter wir vorrücken, je kostbarer werden sie und ihre Verarbeitung immer kunstreicher. Ist es nicht ähnlich so mit unserm Herrn? Am Kreuz war keine Gestalt noch Schöne an Ihm zu sehen, aber je näher wir Ihm kommen, um so größer und schöner wird Er uns. Jubelnd singen wir mit der Braut in Ps 45,3: „Du bist der Schönste unter den Menschenkindern. Holdseligkeit sind Deine Lippen.“
Die Bundeslade stellte Gottes Thron auf Erden dar. Hier offenbarte sich Gott in der Wolke und regierte Sein Volk (Ps 99,1). Die Lade war zugleich eine Darstellung Christi, des großen Mittlers; hierfür ist wiederum die Herstellung aus Holz und Gold bedeutsam. Also hier wohnte der unsichtbare, heilige und gerechte Gott, der zugleich ein voller Erbarmen mitfühlender Mensch war. Von Ihm, dem Gottes- und Menschensohn, fließen alle Gnadenströme. Alle Kräfte, die ganze Fülle, sind in Ihm vereint, heller leuchtend als alles Gestirn. Alle Heilungen, Wunder und Rettungen, ja unendlich mehr, auch das ganze Universum, alles zeugt von Ihm. Und der, auf dem das ganze Wohlgefallen Gottes ruhte (Mt 3,17), trug ebenso, wie die Bundeslade, das Gesetz in Seinem
Inneren. Der Wille Gottes war Sein höchstes Gebot (
Die Herkunft der Bundeslade in ihrer überirdischen Gestaltung. Sie ist göttlichen Ursprungs. Beide, Moses und Johannes, sahen sie. Moses sah sie vor allen andern Gegenständen zuerst, und Johannes wurde sie gezeigt im geöffneten Himmel (Off 11,19). Sie ist ein Abbild himmlischer Dinge; um diese dem Volke Israel nahezubringen, wurde die Stiftshütte gebaut. Wie die Lade vom Himmel her stammt, so unser Herr, den sie vorschattet (Joh 6,38). Er kam hernieder, um uns zu versöhnen. Die vielen Opfer, die dargebracht wurden, konnten Gottes Gerechtigkeit unmöglich genügen. Sie waren ja nur ein dürftiger, vorübergehender Ersatz, ein Symbol auf den verheißenen wahren Erlöser, das wirkliche Opferlamm. Das war Gottes Sohn, die wahre Bundeslade. Er sprach: „Schlachtopfer und Speisopfer hast Du nicht gewollt, einen Leib hast Du Mir bereitet. An Brandopfern und Opfern für die Sünde hast Du kein Wohlgefallen gefunden. Da sprach Ich: Siehe, Ich komme, um Deinen Willen, o Gott, zu tun“ (Heb 10,5-7). Durch Sein Opfer hat Er die Welt auf immerdar versöhnt und Gott befriedigt. Durch dieses Sein Opfer sind wir gerechtfertigt, geheiligt, Gott angenehm gemacht und genießen freien Zugang zu Gott. Das war nur dadurch möglich, daß der Herr Seine Gottheit beiseite legte und Mensch wurde, um Sich für Menschen zum Opfer zu geben (Heb 9,28).
Der Inhalt der Lade. Eine Lade ist zur Aufbewahrung von Gegenständen bestimmt. Wie kostbar muß der Inhalt sein, wenn die Lade selbst, und der Raum, in dem sie sich befindet, inwendig und auswendig mit reinem Golde überzogen ist! Die Lade enthielt dreierlei.
Die Gesetzestafeln, die die absolute Gerechtigkeit Gottes verkündigen, von Gott mit Seiner eigenen Hand geschrieben.
Das goldene Krüglein, gefüllt mit Manna.
Der grünende Stab Aarons.
Über diese Gegenstände werden wir uns auf den nächsten Seiten eingehender beschäftigen.
In meiner Mappe mit Notizen über die Stiftshütte, die ich im Lauf von Jahren sammelte, befinden sich folgende Zeilen: Im Allerheiligsten vereinigt sich alles. Was im Vorhof Knospe war, im Heiligtum in Blüte stand, wuchs zur reifen Frucht im Allerheiligsten. In der Lade lagerten die heiligen Gesetzestafeln, die im Vorhof dem Sünder den Tod verkündigten, ähnlich dem gezückten Schwert des Cherubs vor der Paradiesestür. Im Allerheiligsten aber sind sie unter der Deckung des Blutes, das auf den Sühndeckel gesprengt wurde. Auch die Schaubrote haben in dem mit Manna gefüllten, goldenen Kruge ihre Vollendung gefunden. Der Herr, das wahre Manna vom Himmel gekommen, ist die einzige befriedigende Nahrung der Gläubigen. Hier genießen die überwinder, die Insassen des Allerheiligsten, das verborgene Manna (Mt 5,6). Im Heiligtum brannte der siebenarmige Leuchter. Im Allerheiligsten, das ohne jedes natürliche Licht war, in dem Gott wohnte, Dessen Wesen Licht ist, strahlte zwischen den Cherubin die geheimnisvolle Wolken-Feuersäule in vollem Glanze (Jes 4,5.6). Das goldene Rauchfaß ist die Vollendung des goldenen Rauchopferaltars des Heiligtums (vgl. auch 3. Mose 16,12.13). Droben ist ewige Anbetung aller Erlösten (Off 5). Wer es vermag, die Reichtümer des Allerheiligsten in sich aufzunehmen, den wird nichts mehr vom Herrn ablenken. Nur im Genuß all dieser göttlichen Gnadengeschenke können wir vor der Welt das Zeugnis sein, das wir ihr schulden. Und nur so ist unser Leben praktisch verbunden mit Christo in Gott (Kol. 3,3).
Die goldenen Tragstangen der Lade. Sie waren nirgends so unentbehrlich wie bei der Lade, denn diese wurde auf den Wanderungen von den Priestern vor Israel hergetragen. Beim Einzug ins Land Kanaan stand sie mitten im Jordan und bildete Israels Sicherheit vor den Fluten (Jos 3,8.17). Beim Umzug um Jericho schritten die Priester mit der Lade vor dem Volke her sieben Tage lang (Jos 6). Der Zweck des Vorangehens war der, für Israel einen Ruheort zu finden. Der Mensch findet ihn trotz eifrigsten Suchens aus eigenem Können nicht. Unsere wahre Bundeslade, Jesus Christus, fand den Ruheort für unsere Seelen: Golgatha. Er vollendete auch drei Tagereisen durch den Tod am Kreuz und durch's Grab hindurch zur siegreichen Auferstehung (4. Mose 10,33-
36; 1Pet 1,3). Durch die Lade wurde Gottes Macht offenbar. Erhob sie sich, so sagte Mose zu Gott: „Stehe auf, Jehova, daß Deine Feinde sich zerstreuen.“ Ohne Gottes Gegenwart wäre die Lade nur totes Gewicht gewesen; das sehen wir deutlich in 1Sam 4, da Israel trotz der Gegenwart der Lade geschlagen wurde und diese selbst in die Hände der Philister geriet.
Die Bundeslade war ein hochheiliges Gerät. Wir lesen von zwei Fällen, da Israeliten die Heiligkeit der Lade mißachteten.
Die Philister hatten im Streit die Lade Gottes genommen und in das Haus ihres Gottes Dagon gebracht. Gott züchtigte die Philister hart der Lade wegen, bis sie diese zurück in das Land Israel brachten (Lies 1. Sam. Kap. 5 u. 6.). Die Philister kamen bis BethSemes, ließen dort die Lade stehen und kehrten in die Heimat zurück. Ein Teil der Bewohner von Beth-Semes versündigte sich an der Lade und schaute hinein. Man hatte das Gebot, nach dem man Gott nahen darf, völlig mißachtet, nämlich nur nach der Reinigung durch das Blut. So standen sie ungedeckt vor dem heiligen Gesetz und siebenzig Mann starben (2. Mose 12,13).
Eine zweite Mißachtung der göttlichen Vorschriften der Lade gegenüber geschah durch David (2Sam 6,1-8). Er wollte die Lade nach Jerusalem bringen und lud sie auf einen neuen Wagen, was dem klaren Worte Gottes widersprach. Die Lade mußte nach Gottes Befehl von den Priestern getragen werden (4. Mose 4,15). Davids Absichten mögen gut gewesen sein, sie waren aber schriftwidrig. Die Ochsen, die den Wagen zogen, scheuten. Usa wollte die Lade stützen, berührte sie und starb. Unheilige Hände durften sie nicht anrühren. Wir dürfen keine eigenen Methoden anwenden, nicht die Philister nachahmen, und keine eigenen Wege gehen, sondern wir müssen nach Gottes Anweisungen dienen. Wir dürfen nichts hinzutun und auch nichts davon nehmen. Noch heute muß das Werk des Herrn getragen werden von Seinen geheiligten Dienern. „Reinigt euch, die ihr die Geräte des Herrn traget“ (Jos 52,11; vgl. 3. Mose 11,45).